OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

Mit dem Saft von reifen, schwarzen KIRSCHEN und von HOLLERFRÜCHTEN bemalen sich die Kinder beim Spielen das Gesicht, machen sich einen Schnurrbart usw. Einen besonderen Reiz übt der LÖWENZAHN aus, zunächst wegen der leuchtend gelben Blü ten, dann aber auch wegen der langen hohlen Stengel und schließlich wegen der reifen Samen, die man wegpusten kaim. Deswegen heißt die Pflanze u. a. auch „Pusteblume". Der Pflanzen name „Löwenzahn" ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt und soll sich auf die spitzgezahnten Blätter beziehen®. Die Pflanze selbst ist viel früher in die Literatur eingegangen. Konrad von Würzburg (ca. 1220 bis 1287) erwähnt schon im 13. Jahrhundert ihre Heilwirkung. Man nimmt sogar an, daß sie zu den „bittern Kräutern" zählt, die im 12. Kapitel des 2. Buches Moses erwähnt werden^®. Noch einige Löwenzahnspiele: vielleicht ist es da drinnen versteckt!" Nun fährt er dem Uneingeweihten mit dem Löwenzahn rasch in den Mund. Und der Hereingefallene muß die Waukerl auspusten. 35 LÖWENZAHN-Blumen werden abgerissen und „geköpft", so daß nur die hohlen Stengeln übrigbleiben. Die kerbt man auf der einen Seite ein und nimmt sie auf der anderen Seite in den Mund, iti dem man sie mit viel Speichel versieht und sorgfältig dreht. Die eingekerbten Teile drehen sich nach außen und bilden Spiralen. Der Stengel schaut aus wie ein sonderbar ge formter SchlüsseP®. Oberneukirchen Sehr willkommen ist die Pflanze dann dem Kind, wenn es sie sich einverleiben kann. Das geschieht allerdings fast nie aus einem körperlichen Be dürfnis wie Hunger und Durst, sondern aus Spieltrieb. Die reifen Samen des LÖWENZAHNS werden Lichterl genannt. Das Spiel heißt deswegen auch „Lichterl abblasen". Die ganze Krone der reifen Samen nennen die Kinder „Laterne". Sie procken einen verblühten Löwenzahn mit vollständiger „Laterne" sorgfältig ab — kein Flugsamen darf sich von selbst lösen — und blasen dann hinein. Jetzt fliegen die Samen davon. Die Laterne ist ausgeblasen. Richard erwähnt, daß dieses „Laterne aus pusten" mit allerhand Orakel verbunden war. Wir haben aus Oberösterreich keine diesbe zügliche Meldung erhalten. Riedl und Klier^^ ver merken, daß dazu folgender Spruch gesagt wurde: „Kinda, gehts schlafn, / Da Vater geht stehln, / D'Muada blast 's Liacht a!" Aus Ober österreich wurden uns keine solchen Sprüche zu diesem Spiel gemeldet. 34 Ein Bub nimmt einen verblühten LÖWENZAHN mit unbeschädigter „Laterne" und sagt zu einem Uneingeweihten: „Verstecke irgend etwas; mit dieser Wünschelrute (gemeint ist der Löwenzahn) finde ich alles." Sobald nun der Gegenstand versteckt ist, sucht er an verschiedenen Orten und befiehlt schließlich: „Mach den Mund auf. Im Frühjahr kauen die Kinder mit Vorliebe den SAUERAMPFER, später im Sommer den HA SENKLEE. Neben Apfel, Birne, Zwetschke, Kirsche werden auch Kerne von GETREIDE, BUCHECKERN, NÜSSE, HASELNÜSSE, DIRNDL, MEHL BEEREN usw. gern gegessen. 38 Aus den Blüten des KLEES wird der Nektar gesogen. Blümml und Höfer^* und ebenso Hei- ' Vgl. dazu: Der Große Duden. Etymologie. Mannheim 1963, S. 411. '"Moses 2, 12, 8: Und sollt also das Fleisch essen in derselben Nacht, am Feuer gebraten, und ungesäuert Brot, und sollt es mit bittem Kräutern essen. " Richard u. Klaus Beitl, Wörterbuch der deutschen Volkskunde, 3. Aufl., Stuttgart 1974, S. 517. Riedl und Klier, a. a. O., S. 90. Dieses Spiel wird bei Blümml und Höfer (a. a. O., S. 134, Nr. 32) als „Apfelbam, Maibam" bezeichnet. Der Spruch, der dabei gesprodaen wird, deutet auf unseren Spielnamen hin: Maibam, Birbam, Apflbam, Zwechpnbam Drah ma mein Schlüsserl z'samm. Blümml und Höfer, a. a. O., S. 132 f.

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