OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 1/2

wird. Für beide wird als Entstehungszeit der Beginn des 7. Jahrhunderts, die Zeit von 600 bis 625, angenommene^. Der Passauer Kirche wer den Güter übereignet: „Bischof Erchanfrid habe ich herbeigerufen und in seiner Anwesenheit sieben Hufen abgetreten .. „Auch an der Traun übergebe ich von meinem Eigen wie durch Kauf erworbenen Gütern: Ge bäude, Grundbesitz, Wiesen, Weiden, Gewäs sert^. . ." „... hoc est cum domo cum curte et cum terries arabilis cum pratis tam cultist® .. Die Schenkungen erfolgten in der Hoffnung, da durch Seelenheil zu erlangen. Die frühen Urkunden lassen auch deutlich erken nen, daß der Schwerpunkt des Geschehens und der Mittelpunkt der Entwicklung zu Beginn des Mittelalters Lauriacum, später Lorch genannt, im Mündungsgebiet der Enns in die Donau gele gen, gewesen ist. Die Menschen, die damals das politische, wirtschaftliche und rechtliche Gesche hen beeinflußten, kennen wir. Es waren Freie, deren Grundbesitz, deren Fähigkeiten und deren Abstammung sie zu Richtern und Volksvertre tern emporsteigen ließ. Sie treten als Zeugen in den frühen Urkunden auf. Zeugenreihen der frü hen Urkunden weisen eine stattliche Reihe von Namen auf, die in der Folge im Donauraum und darüber hinaus immer wieder, insbesondere auch als Nachfolger bestimmter Namensträger auftre ten. Diese Freien und Adeligen erweisen sich in ihrer frühen Bedeutung auch für die nachfolgen den Zeiten als die Persönlichkeiten, deren Einfluß auch karolingische Kaiser nicht übersehen und übergehen konnten. Vom beibehaltenen land schaftlichen Mittelpunkt vergangener römischer Beherrschung aus beeinflußten sie die Entwick lung des beginnenden und frühen Mittelalters. Ihr Recht und ihre Befugnis hierzu entstammten der Zeit der bajuwarischen Landnahme in der Anschlußentwicklung spätantiker Römerherr schaft. Die Nachfolgeentwicklung im Gebiet des norischen Limes läßt sich deshalb ziemlich deutlich aus Personennamen ablesen, die den Urkunden durch ihre Zeugenschaft Gewicht und Bedeutung geben. So stehen in der Urkunde Nr. XLIV des Codex antiquissimus der Passauer Traditions urkunden Namen römischen Ursprungs, Misch formen und germanische Namen nebeneinander und lassen den vollzogenen Prozeß erkennen, der römische Überlieferung durch germanische Neu formung fast ersetzt hatte: Sigiricus, Oportunuus, Plidolfus Ascarih, Starcolf, Folcrih^^ ^ Die Entstehungszeit dieser beiden Urkunden M. B. 28 b, S. 35 und 39, ist insbesondere im Zusammenhang mit der Passauer Bischofsreihe und den Fälschungen Bischof Pilgrims umstritten. M. Heuwieser hat sich in seinem Werk „Die Geschichte des Bistums Passau" mit diesem Komplex auseinandergesetzt. Darin wird von ihm die Meinung von J. Strnadt akzeptiert, Bischof Erchanfrid habe erst in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts als Wanderbischof im östlichen Gebiet des Bistums Passau gewirkt und kann somit nicht als Vorgänger des ersten bekannten Bischofs Vivilo (737 bis 745) angesehen werden. Hierzu wäre folgendes aus zuführen: Die ältesten Passauer Schenkungsurkunden (M. B. 28 b, S. 3—73) sind den Gebieten dreier Gaue zugeordnet. Das Gebiet des Rottachgaues umfaßt 35 Urkunden — davon sind 14 auf einen Bischof bezogen. Das Gebiet des Traungaues umfaßt 12 Urkunden — davon sind 5 auf einen Bischof bezogen. Das Gebiet des Mattiggaues (Urkunden bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts) umfaßt 38 Urkunden — davon sind 20 auf einen Bischof bezogen. Für den Traungau (auch die Urkimden Nr. XLFV imd XXXVIII gehören hierzu) sind in den 12 Urkunden u. a. folgende Passauer Bischöfe genannt: Walderich (774—804), Hatto (806—817), Reginar (818—838), Hart wich (840—866). Somit ist es zumindest unsicher anzunehmen, einer dieser Bisdiöfe wäre nicht auch in den beiden rmdatierten Urkunden M. B. 28 b, S. 35 und 39, als Adressat genannt worden, wenn die Urkunden in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstanden sind. Bei dieser Sachlage wäre es ebenso ungewöhnlich wie ohne Bei spiel, für so umfassende Schenkungen nicht den am tierenden Bischof zu benennen, sondern den ihm unter stellten Wanderbischof. Auch der Umstand, daß es sich um Sammelbeurkundungen handelt, die von einer vergleichsweise großen Anzahl von Zeugen bestätigt wird, hebt den Charakter besonderer Art hervor, der wiederum keinen Schenkungsakt, bezogen auf einen Wanderbischof, verträgt. M. B. 28 b, S. 39, Nr. XLIV. 25 M. B. 28 b, S. 35, Nr. XXXVIII. 25 Die Endungen dieser Namen deuten auf lateinischen Ursprung hin, der zum Teil abgebaut wurde. So ver weist E. Förstemann bei den Endungen „-us" tmd „-ricus" auf mundartliche Veränderungen lateinischer Wortsilben, die fortgefallen sind (Starcolfus), oder wie bei „-ricus", die Veränderungen in „-ric" oder „-rieh" erfuhren (Askarius und Folcrieus). E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch (Personen namen), 1. Bd., Nordhausen 1856, XI.

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