Ausgrabungsorten in Rätien festgestellt wurde, teilweise bajuwarische Eigenart. Die weitere Ent wicklung nach der Stunde X war jedoch in beson derem Maße dadurch geprägt, daß andere, zuge wanderte germanische Volksteile an der Donau entscheidend an Einfluß gewannen. Teilherrscher germanischer Stämme wie der Thüringer, Ale mannen, Heruler und anderer benutzten letzte Möglichkeiten, Territorien in Besitz zu nehmen und ihre Sippen seßhaft werden zu lassen. Diese Anführer neu ins Land gekommener Siedler, de ren Verbindung zu ihren Stämmen noch bestan den, bestimmten im ausgehenden 5. Jahrhundert das Leben und bereiteten die Bildung eines eige nen Stammes vor, aus dem neuen Zusammen gehörigkeitsgefühl geboren. Die Beseitigung der Stätten römischer Stärke an der Donau kann in ihrem Symbolgehalt für die weitere Entwicklung nicht hoch genug eingeschätzt werden. Damit war das große Ziel der daran beteiligt gewesenen Führer einzelner Bevölkerungsgruppen erreicht, die Bahn war frei für die Entfaltung eigener Vor stellung künftiger, xmbeeinflußter Lebens gestaltung. Die Donau, als Verkehrsader stets Kristallisa tionsgebiet politischer und wirtschaftlicher Macht, war neue Ausgangsbasis bei der Heraus bildung nunmehr bajuwarischer Geschichtsent wicklung. Lauriacum, Batavis und Castra Regina blieben auch zunächst die Zentren politischer Macht, die sich nach Süden ausdehnte. Von be sonderer Wirksamkeit bei der Neuformung Noricums durch die Germanen, als sogenannte kul turfremde oder -feindliche Kräfte, war jedoch das im Donauraum fest etablierte Christentum. Die Reditfertigung Pilgrims Die ersten Lichtpunkte des Geschehens im Donauraum Noricums, die nach dem Abzug der Römer aufleuchten, sind christlichen Ursprungs. Es sind Urkunden der Besitzübertragung freier Grundherren an kirchliche Institutionen, die vom Leben in Noricum künden, die in einem Land entstanden sind, das den Namen Noricum auch noch in karolingischer Zeit behielt^®. Diese frü hen Urkunden lassen eine Entwicklimg erkennen, die eigentlich anders gar nicht verlaufen konnte und der jedoch vielleicht gerade deshalb vielfach eine unzutreffende Bedeutung zuteil wird. Si cherlich, es war kein neues Reich entstanden — muß aber deshalb eine Zeitepoche unterentwikkelter Lebensgestaltung vermutet werden? Es wird ein Raum für eine Bevölkerung gewesen sein, der eine gemächliche Entwicklung erwarten ließ. Er war jedoch auch ein Vakuum, das sla wische Volksteile einsickern ließ^®. Die älteste der Urkunden des wertvollen Pas sauer Urkunden-Schatzes, das sogenannte „Rottachgau-Fragment", wird wegen seiner Form als im 5. Jahrhundert entstanden angege ben^®. Es weist daneben auch Züge des 8. Jahr hunderts auf. Nach Fichtenau ruht, wenn über haupt, auf dieser Urkunde die Hauptlast des Beweises durchgehender Linien zur spätrömi schen Zeit^^. Der in dieser Urkunde genannte Ortsname Fonalua ist römisch, Romanen sind auch die genannten Personen Mairanus, Floritus, Vigilius und Quartinus. Es handelt sich um das Bruchstück einer Verkaufsurkunde, die den Emp fänger nicht nennt. Es wird vermutet, die Ur kunde ist einer späteren Schenkung an den Bi schof von Passau als Nachweis beigegeben worden22. Von besonderer Bedeutung sind zwei weitere Urkunden dieser Passauer Urkundensammlung, die im Hauptstaatsarchiv in München verwahrt Hier interessieren die Urkunden: M. B. 38 b, Nr. XII, S. 12. M. B. 28 b, Nr. XXXVIII, S. 35. M. B. 28 b, Nr. XLIV, S. 39. M. B. 28 b, Nr. LXXVIII, S. 63. K. Schiffmann, der sich mit dem Problem der SlawenEinwanderung besonders beschäftigte, vermutet, slawi sche Arbeiter waren auf fiskalischem Boden eingesetzt und schließt somit eine systematische Einwanderung aus (Neue Beiträge zur Ortsnamenskunde Oberöster reichs, Linz 1926, I, S. 22). Das Entstehen einer Awarengrenze an der Enns und das Auftreten von Slawen im Verein mit den Awaren lassen diese An sicht jedoch nur zum Teil als den Gegebenheiten Rech nung tragend erscheinen. Überwiegend wird deshalb die Meinung vertreten, von slawischen Volksteilen wurde Land durch eigene Absicht und nicht mit Be willigung der bajuwarischen Bevölkerung besetzt und in Besitz genommen. M. B. 28 b, Nr. II, S. 5. H. Fichtenau, Das Urkundenwesen in österreidi, MIÖG, Erg.-Bd. XXIII 1971, S. 12. M. Heuwieser, Die Traditionen des Hochstifts Passau, München 1930, S. 1.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2