OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 1/2

gebliebenen" zu sorgen. Die Stände wählten einen Landobristen und vier Viertel-Hauptleute, bei denen — falls es nötig erschien — sich sämt liche Waffenfähigen einzufinden hatten. Über dies waren Schanzen anzulegen und gerüstete Pferde bereitzuhalten. Schließlich wurde ein Kriegsbeitrag ausgeschrieben, den jeder ab dem zwölften Lebensjahr leisten mußte^®. Diese Maßnahmen mögen von den Betroffenen als bedrückend empfunden worden sein, aber sie erwiesen sich bald als richtig. Am 9. September 1532 drangen Einheiten der Akindschi über die Enns vor und erreichten den Raum Dietach-Wolfern-Gleink'^^. Bei den Akindschi handelte es sich um leichte türkische Reiter, die die Voraus abteilungen des Heeres bildeten und den Auftrag hatten, sich nicht in ein reguläres Gefecht ein zulassen; da die Akindschi keinerlei Verpflegung und Sold erhielten, waren sie gezwungen, sich ihren Unterhalt durch Raub und Plünderungen und das Einbringen von Gefangenen, die sie später als Sklaven verkauften, zu verschaffen. Der Vorstoß dieser „Renner und Brenner" en dete erst vor dem Schloß Losensteinleiten, nur wenige Gehstunden von Kremsmünster entfernt: als hier ihr Anführer vom Pferd geschossen wurde, begannen sie zu zögern und entschlossen sich endlich zum Rückzug. Die Sage vom „Jäger von Losensteinleiten" — dem glücklichen Schüt zen — hat sich bis heute erhalten; jene Ulme im Schloßhof, bei der man noch am 11. September 1932 eine Kassette anläßlich der 400-Jahr-Feier des Türkensturmes vergraben hatte, wurde be dauerlicherweise um 1960 gefällt. Von Losen steinleiten wandten sich die Akindschi ins Ennstal, verwüsteten Weyer und Gaflenz, gerieten jedoch auf dem Sattelhack — einer ziemlich ebe nen Fläche zwischen dem Pfaffenstein und der Ortschaft Falkenau südlich von Kleinreifling — in einen Hinterhalt und wurden völlig aufgerie ben. Daß bei all diesen Unternehmungen Kremsmünsterer Untertanen, und zwar in gar nicht geringer Zahl, teilnahmen, gilt als sicher^®. Auf die Benediktiner von Kremsmünster mag der Herbst 1532 gleichsam wie ein Schock gewirkt haben, der noch lange anhielt: sie verspürten erstmals die „Nähe der Front" und fühlten sich mit Recht unmittelbar bedroht. Dem entsprach Abt Gregor Lechner, der 1543 sein Amt antrat. voll und ganz: während sich sein Vorgänger — Johannes Habenzagel — von den Ereignissen an scheinend nicht sehr beeindrucken ließ, begann Abt Gregor unverzüglich alle Anstalten zu tref fen, um das Stift Kremsmünster in einen, seiner Zeit entsprechenden Verteidigungszustand zu versetzen. Er ging überaus umsichtig und plan mäßig vor: wer ihn dabei cmterstützt hat, ist leider nicht bekannt, aber zweifellos war es ein Fachmann, der mit der Fortifikationskunst des 16. Jahrhunderts vertraut war — auch die An nahme, daß der Abt persönlich die Pläne entwor fen hat, ist nicht von der Hand zu weisen; wenn das tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, dann verfügte Gregor Lechner für dieses Thema über ein profundes Wissen. Zunächst entstand an Stelle des alten Wehrtur mes ein fester, innen gewölbter Turm, in dem der Hofrichter wohnte. 1546 errichtete man die wuchtige äußere Mauer, die sich rund um das Stift legte imd fünf Türme an den taktisch ent scheidenden Positionen aufwies. Besondere Auf merksamkeit widmete Abt Gregor dem Wasser graben, und zwar in der richtigen Erkenntnis, daß er für einen Angreifer zu einem Hindernis ersten Ranges werden müßte: der Graben wurde daher mit Quadersteinen ausgemauert. Als das geschehen war, zeigte es sich, daß eigentlich nur noch die Ostflanke eines Schutzes bedurfte; des halb ließ Abt Gregor an der Nordostecke des Stiftes einen mächtigen Rundturm aufführen, der auch als Kerker Verwendung fand und „Reck turm" genannt wurde. Die Südseite schließlich, die durch den Steilabhang zur Krems ohnehin weitgehend gesichert erschien, erhielt ihre bis heute bestehenden wehrhaften Mauerwerke samt Bastion^®. Die Klosterburg Kremsmünster erforderte aber nun auch modern ausgestattete Lagerstätten für Waffen und Munition. Da sie unter der Regie- " Franz Kurz, Geschichte der Landwehre In Österreich ob der Enns, I. Band, Linz 1811, S. 92. Leopold Kupelwieser, Die Kämpfe Österreichs mit den Osmanen 1526—1537, Wien/Leipzig 1899, S. 99. Rudolf Walter Litschel, Lanze, Schwert und Helm — Beiträge zur oberösterreichischen Wehrgeschichte, Linz 1968, S. 31. " Dorn, a. a. O., S. 30.

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