OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 1/2

Schrifttum Kremsmünster — 1200 Jahre Benediktinerstift. Linz 1976 (Oö. Landesveriag), 388 Seiten, 218 Schwarzweißbilder, 11 Farbtafeln, 21 x 26,5 cm. Ln. S 548.—. Das Land Oberösterreich gedenkt im heurigen Jahr in besonderer Weise der 1200jährigen Wiederkehr der Gründung des Stiftes Kremsmünster im Jahre 777 durch den Bayernherzog Tassilo III. Gleichsam als Auftakt zu den damit verbundenen Feierlichkeiten wurde bereits im Herbst des Vorjahres dieses aufwendig erscheinende Buch vorgestellt. Um eines gleich vorwegzunehmen: Der Inhalt entspricht keineswegs der m. E. mißlungenen Einbandgestaltung. Die unter der Schriftleitung von Prof. Rudolf Walter Litschel zusammengetragenen Beiträge verschiedener Autoren, von denen einige bereits als hervorragende Publizisten bekannt sind, geben allerdings ein ausge zeichnetes Bild über das Stift und das Wirken seiner Patres in Vergangenheit und Gegenwart. Nochmals schade, daß die großartige Leistung der Autoren und des Schriftleiters keine bessere äußere Gestaltung erhielt. Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, von Tradition und Fortschritt, Ist auch das Motto des ersten Beitrages von Abt DDr. Albert Bruckmayr „Dauer im Wandel", in dem er auf die 784 geschlossene und heute noch währende Gebetsverbrüderung zwischen dem ersten Abt von Kremsmünster, Fater, und dem damaligen Abt von Sankt Peter, dem hl. Bischof Virgil von Salzburg, hinweist. Die Verwendung des weltberühmten Tassilo kelches bei der Meßfeier am Stiftertag (11. Dezember) und am Gründonnerstag sowie als Wahlurne bei einer Abtwahl ist desgleichen nicht nur ein lebendiger Brauch, sondern vor allem ein Symbol 1200jähriger Arbeit. Und diese kommt auch in all den anderen Beiträgen zum Ausdruck, die das Stift nicht als museales Kulturdenk mal ersten Ranges, sondern als lebendigen Organismus präsentieren, und zwar nicht nur zum Wohle des Mark tes Kremsmünster und seiner Umgebung oder unseres Bundeslandes, sondern weit darüber hinaus. Das beweist etwa die Betreuung der Pfarr- und Wallfahrtsseelsorge in Mariazell, die Missionsarbeit in Südamerika (Barreiras im brasilianischen Bundesstaat Bahia) und nicht zuletzt das Stiftsgymnasium und Konvikt, das bereits 1549 „allgemein zugänglich wurde". Es ist selbstverständlich, daß in diesem Werk auch die Geschichte des Stiftes, seine Bauwerke, die Kunstsamm lungen, die Sternwarte usw. gewürdigt werden. Auch die Rolle des Stiftes als bedeutender Wirtschaftsfaktor wird zum Ausdruck gebracht. Dieser Beitrag stammt vom Stiftökonomen DDr. P. Pius Pöttinger, cler am 15. Jän ner 1977 im 44. Lebensjahr gestorben ist. Dem kurzen Überblick über die Kremsmünsterer Pfarren ist eine schematische Kartenskizze (S. 324) beigegeben. In die ser sind zwar auch die Abteien Schlierbach und Lam bach eingetragen, allerdings mit falscher Signatur; die Pyhrnbahn hat als Zielpunkt neben Graz noch Rom (!) angegeben. Ein Verzeichnis der Äbte von Kremsmünster, der Sche matismus des Konventes und eine Bibliographie mit 502 Nummern ergänzen die durchaus gut, zum Teil hervorragend geschriebenen Einzelabhandlungen. Sie sind wissenschaftlich bestens fundiert — das gewährt schon die Auswahl der Autoren —, dabei aber für jeder mann leicht lesbar und verständlich. Die großartigen Leistungen des Stiftes in Vergangenheit und Gegenwart werden aber nicht nur durch die ver schiedenen Beiträge lebendig, von denen jene von Doktor P. Willibrord Neumüller vielleicht besonders hervor gehoben werden sollten, sondern auch in der gelungenen Bildauswahl. Diese besorgte in gewohnt exzellenter Weise Diözesankonservator Dr. Erich Widder, von dem auch der Großteil der Aufnahmen stammt. Sie runden das Werk bestens ab und vermögen den doch eher hohen Verkaufspreis des Buches zu rechtfertigen. Dietmar Assmann P. Stollenmayer — E. Widder: Der Kelch des Herzogs Tassilo. Rosenheim o. J. 119761 (Rosenheimer Verlags haus), 96 Seiten mit 23 Färb- und 5 Schwarzweißabb. 17,5 X 20 cm, Ln. DM 25.—. Zu einer ganzen Reihe von Publikationen über den Tassilokelch (über Jahrhunderte „Stifterbecher" genannt), über Tassilo III., sein Grab usw. legt nun Hofrat Doktor P. Pankraz Stollenmayer, Kremsmünster, in der Reihe „Rosenheimer Raritäten" neuerlich eine Einführung über den Kelch Tassilos III. vor, die durch Detailaufnahmen, in denen sich Diözesankonservator Dr. Erich Widder geradezu vollendet hat, untermauert werden. Diese Er scheinung ist um so erfreulicher, als der berühmte Kelch nun bis in seine Details in ausgezeichnetem Druck der Betrachtung weiter Kreise zugänglich gemacht ist. Das Buch bringt in seiner Einführung einen historischen Überblick über die Lage des letzten Agilolfinger-Herzogs und seinen Zusammenhang mit dem Salzburger Bischof Virgil, in dessen Nähe er auch den Meister des Bechers setzt und so auch trotz einer Vermutung, daß Mondsee der Ort seines Entstehens sei, bei Salzburg als Entste hungsort bleibt. Als eine neue Vermutung sucht der Autor die Darstellung am Fuß des Kelches als jene der langobardischen Königin Theodolinde zu erhärten. Als Jahr der Entstehung des Hochzeitskelches scheint ihm das Jahr 769 sicher, auf kunsthistorische Fragen, die der Prachtkelch aufwirft, etwa auf die Aufteilung auf meh rere Hände usw., wird nicht eingegangen. Er räumt ein, daß die „ziemlich eindeutige irisch-northumbrische Spra che" auch „schon andere Laute hören" ließ. „Wenn der geistige Meister dieses Wunderwerkes auf dem Festland wohnt", können freilich „nicht alle Ideen, Pläne und Ausführungen dieses Kelches in England entstanden sein" (S. 45 f). Die beglückenden Bilder Widders erlauben den Kelch besser als vor der Natur in seiner komplizierten Orna mentik zu lesen. Lebensbäume und Drachen (oft auch „Hunde" bezeichnet), wie Triskelen und Umflechtungen geben mit der Darstellung der Figuren zur Ausschmükkung des Kelches ein lückenloses Ganzes, für dessen Vorstellung man nicht genug dankbar sein kann. Im Laufe der Forschung wird sich zweifellos noch manches Thema aufhellen; das ändert nichts am Werte des Bu ches. Otfried Kastner

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