OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 1/2

Vielfach wird dieser Maler gerade in seiner ober österreichischen Heimat noch immer völlig falsch gesehen, und einer der Kritiker verstieg sich so gar zu dem von Heimatfilmen her etwas anrüchi gen Begriff „Heimatmaler" für Karl Hayd. Seine Malerei schöpft zwar Atem und Kraft aus der Natur als Darstellungsobjekt, ist aber nicht natu ralistisch. Sie ist vom Naturalismus so weit ent fernt wie eine Kinderzeichnung von der Farb fotografie. Es ist an der Zeit, dem Maler Karl Hayd seinen ihm gebührenden Platz zuzuwei sen und ihn richtig einzuschätzen. Seine Malerei ist naturverbundener Realismus. Die gegenwärtige Situation in der Kunstszene ist für eine Standortbestimmung Karl Hayds nicht ungünstig. Immer mehr zeichnet sich eine Umkehr® ab, eine Hinwendung zu Natur und Realismus. Allerdings ist der „Photo-Realismus" in der Malerei noch sehr weit entfernt von „ge stalteter Aussage". Die Gemälde Karl Hayds sind gestaltete Aus sage und haben sich nie von der gegenständlichen Wirklichkeit entfernt; sie waren immer Realis mus in reinster Prägung, tragen seine unver wechselbare Handschrift. Viele Menschen kön nen seine Bilder deshalb nicht mehr „lesen", weil ihnen die Beziehung zur Natur und die Fülle der Ausdrucksskala des Empfindens fehlt, wie sie in diesen Bildern vorhanden sind. Sie stehen rat los vor den Meisterwerken, weil ihr „innerer Empfänger" abgeschaltet ist. Der schöpferische Ausdrucksfunke kann nicht vom Bild auf sie überspringen und in ihnen nicht Freude oder Bewunderung, Glück oder Ablehnung — also seelische Aktivitäten — auslösen. Das ist aber nicht die Schuld der Bilder. Die Kritiker Karl Hayds werfen ihm vor, er hätte zu viel gemalt und manches wäre besser ungemalt geblieben. Sicher entstanden bei der Fülle seiner mehr als tausend Arbeiten auch manche schwächere Leistungen. Welcher Künstler hat die nicht? Die vielen hervorragenden Mei sterwerke aus seiner Hand — die jene Kritiker noch nie zu Gesicht bekamen — lassen solche Schwächen schnell vergessen. Diese Meister werke — vorwiegend aus dem Bereich der Stil leben- und Landschaftsmalerei — haben ihren festen Platz in der Malerei unserer engeren und weiteren Heimat und sind zu einem Wertbegriff oberösterreichischer Kunst und Kultur geworden. Man hält es nicht für möglich, aber es gibt noch das Atelier Karl Hayds! Es ist noch genau so er halten wie in den Tagen, da der Meister darin arbeitete. In der Linzer Volksfeststraße 22 wird es von der unermüdlich für sein Werk eintre tenden und es treulich bewahrenden 85jährigen Witwe, Hedwig Hayd, betreut. Leider wird es von viel zu wenig Besuchern frequentiert, viel zu wenig Linzer nehmen die Gelegenheit wahr, die Atmosphäre einer Malerwerkstatt auf sich wir ken zu lassen. Nirgendwo sonst kann man sich der Bildbetrachtung so hingeben, wie gerade in dem Arbeitsraum, in dem sie entstanden sind. Sie hängen ringsum an den Wänden, stehen auf Staffeleien und fordern zur Konzentration. Der „genius loci" verdrängt die Hast des Alltags, schafft gebieterisch Abgeschiedenheit und Stille, die eine innere Sammlung, ein Offensein für das Schöne erst ermöglichen. Und dann steht der aufnahmebereite Betrachter vor den Bildern, die ihre ganze Schönheit olfen baren, die im Schmelz der Farbe, in der Reinheit des Tones, in der Sicherheit der Zeichnung, im Wohlklang der Harmonie das Auge erfreuen. Alles fließt im klassischen Gleichmaß einer ruhi gen Pinselsprache in eindeutig eigenwilliger Handschrift und feinem Stilempfinden. Nichts stört den Gesamteindruck. Der oft erstaunliche Detailreichtum bester österreichischer Maltradi tion fügt sich widerspruchslos dem Generalkon zept. Weiche Lichter und Schatten herrschen vor, nirgends Härte oder Grellheit. Immer aber ist die Malerei Karl Hayds festgefügt, bei aller Zartheit der Tonalität, der fein aufeinander abgestuften und zueinander hingeordneten Farbkomplexe. Die schlafwandlerisch sichere Zeichnung ist selbstverständliche Voraussetzung seiner Farb gebung. Die Farbe ist für Karl Hayd das Um und Auf, sie dominiert, ist locker und körperhaft auf den Malgrund gesetzt, erzeugt Spannung und Gleichgewicht, denn „die Farbe ist das Mittel, ® Vgl. Walter Kosdiatzky in: Forum-Journal, Nr. 8, April 1976, Titelseite: „Ich glaube, daß gerade heute die Sehnsucht nach dem Schönen im Anwachsen ist und daß die Kunst beginnt, diesem Verlangen immer mehr Rechnung zu tragen."

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