OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 1/2

Kultur- und Bildungswochen in Oberösterreich Von Hilde Hofinger Mit 1 Kartenskizze und 1 Abb. Kultur- und Bildungswochen gelten als spezi fische Methode der Erwachsenenbildungsarbeit vor allem ländlicher Volksbildungswerke. Bereits im Jahre 1953 versuchte man in Tirol, eine der artige Veranstaltungsform zu entwickeln; die erste „Tiroler Dorfbildungswoche" fand in Ober hofen statt. Aus den Mitarbeitern solcher ört licher Bildungswochen gründete sich 1958 der „Verein Dorfbildung". In Niederösterreich veranstaltete das Nieder österreichische Bildungs- und Heimatwerk^ an fangs des Jahres 1959 in fünf Orten versuchs weise Bildungswochen. Diese Idee setzte sich auch hier durch und trug wesentlich zur Kulturund Bildungsarbeit in vielen Gemeinden bei. Im Jahre 1961 folgte das Land Salzburg^, wo in Goldegg die erste Veranstaltung dieser Art durchgeführt wurde. Sie wurden zu einem beson deren Schwerpunkt in der Arbeit des Salzburger Bildungswerkes, „weil sie in ihrem Wesen dem spezifischen Anliegen der Bildungswerke ent sprechen: ,Den Menschen zu befähigen, indivi duelle und soziale Probleme der ihn umgeben den, sich stets wandelnden und komplexen Lebenswirklichkeit person- und sachgemäß zu bewältigen' (Zielformulierung des Salzburger Bildungswerkes)®." * Die erste Bildungswoche in Oberösterreich'' fand im Jahre 1969 in der Oberinnviertier Ge meinde Eggeisberg statt. Sie wurde vom Kultur ring Eggeisberg im Oö. Volksbildungswerk (Leiter: Kons. Dr. Ernst Kubesch) in Zusammen arbeit mit dem Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege veranstaltet und stand unter dem Motto „Die Welt von heute braucht mehr als je zuvor gebildete Menschen". Eine Presse notiz formulierte die Vorankündigung dieser ersten Bildungswoche in unserem Land wie folgt: „Ideen muß man haben, dann kann man auch manche Benachteiligungen durch die Natur aufheben. Das zeigt sich am Beispiel der kleinen, am Rand des Ibmer Moores liegenden Gemeinde Eggeisberg, die heuer mit einer sehr interessanten Idee aufwartete. Sie veranstaltet aus eige ner Kraft, allerdings mit Unterstützung des Landesinsti tutes für Volksbildung und Heimatpflege, die erste Eggelsberger Bildungswoche. In dieser Woche vom 26. April bis 4. Mai wird alles angeschnitten, was gegenwärtig eine dörfliche Gemeinschaft bewegen kann. Jeder Tag steht unter einem anderen Thema und wird durch einen zu diesem Thema passenden Vortrag oder eine Abend veranstaltung abgeschlossen. Zu den Vorträgen wurden vielfach bekannte Leute gebeten, und sie kamen auch. Außerdem werden Moorwanderungen abgehalten"''. Eine Voraussetzung für das Gelingen und für die Effizienz von Kultur- und Bildungswochen ist eine den Verhältnissen im jeweiligen Ort ange paßte Planung und Vorbereitung, für die ge nügend Zeit zur Verfügung stehen muß. Alle im Ort tätigen kulturellen Kräfte und Vereine sollen zur Gestaltung und Mitarbeit herangezogen wer den, das Programm soll sich auf die Probleme und Anliegen der Gemeinde und ihrer Bevölkerimg beziehen. Dadurch wird erreicht, daß sich alle Mitwirkenden für das Gelingen verantwort lich fühlen und in ihrem Kreis entsprechend für die Bildungswoche werben. Durch das gemein same Wirken werden Gruppen und Gemeinschaf ten motiviert, sich für das Gemeinwesen zu enga gieren. Die Erörterung kommunaler Anliegen (bei Ortsbegehungen, Gemeindeparlamenten etc.) vermehrt das Verständnis in der Bevölke rung für die Probleme, die in der Gemeinde ge löst werden müssen. Die Selbstdarstellung des Ortes (heimatkundlicher Vortrag, Ausstellungen, Darbietungen der kulturellen Gruppen und son stiger Vereinigungen) verstärkt das Heimat gefühl und das Verständnis für die engere Heimat. Die Durchführung einer gelungenen Bildungs und Kulturwoche hebt mit Recht das Selbst bewußtsein der Verantwortlichen und der mit tragenden und mitwirkenden Gemeinschaften, läßt gesunden Stolz auf die eigene Leistung auf kommen und stärkt die Bereitschaft zur weiteren Bildungsarbeit und zur Inangriffnahme neuer Aktionen. In fast allen Fällen lohnt die Bevölkerung — den Berichten zufolge — die Mühe der Initiatoren und Organisatoren mit einem überwältigenden Be- ' 20 Jahre Niederösterreichisches Bildungs- und Heimat werk (= Schr.-Reihe des Nö. Bildungs- und Heimahwerkes, Bd. 8), 1966, S. 51 ff. ^ 10 Jahre Bildungswochen im Land Salzburg. Eine Dokumentation, hrsg. v. Salzburger Bildungswerk, o. J. (1971). ' Ebenda, S. 1. * Mitt. d. Oö. Volksbildungswerkes, 19. Jg. (1969), Nr. 9/10, S. 9 If. ' Linzer Volksblatt vom 11. April 1969.

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