Der „Jäger im Kürnberg" Von Ernst Pietz Im Mittelalter hatte fast jede befestigte Stadt, jede Ritterburg, ja sogar mancher Hausberg — soferne es das Grundwasser gestattete — zumin dest einen unterirdischen Fluchtweg, um den Be lagerten bei aussichtsloser Gegenwehr oder bei Feuersbrunst eine Rettung zu ermöglichen. Von den unterirdischen Gängen im Kürnberg bei Linz, von denen der Volksmund zu berichten weiß, ist der vom „Jäger im Kürnberg" nach Bergham führende beachtenswert. Dieser Gang endet im Keller des kleinen Schlosses, dem Frei sitz von Tischingen, und wurde im Jahre 1920 über Weisung des damaligen Schloßbesitzers, des sudetendeutschen Schriftstellers Schott zu gemauert, weil er bereits vielfach verfallen und daher gefährlich war. Die Existenz dieses Ganges läßt den Schluß zu, daß der „Jäger im Kürnberg" ein befestigter Platz war und der Gang einen Fluchtweg bedeu tete. Auch läßt die heutige, noch vorhandene Anlage gleichfalls auf einen befestigten Platz schließen. Schon die beherrschende Lage in 356 m Seehöhe am Anfang eines langen Berg rückens, der sich bis Enzenwinkel herunterzieht, ist gegen Norden durch den Steilabfall zum Jagerteich und gegen Osten durch mehrere Wälle, Gräben und Wachgruben aus verschie densten Zeiten gesichert. Gegen Westen ist der Platz durch eine Umfassungsmauer geschützt ge wesen, deren Reste noch durch eine schwache Bodenwelle kenntlich sind, und gegen Süden be steht eine ausgezeichnete Fernsicht. Hieher füh ren Fahrwege von Bergham und Leonding, hier enden der Urschlurweg von Dörnbach und der Kürnbergweg von Linz, hier beginnt einer der größten alten Hohlwege in den schützenden Berg. Das Haus selbst mit seinem gewölbten Keller, seinen Mauerstärken und dem geräumi gen Stiegenhaus, die Wirtschaftsgebäude und die Waschküche außerhalb des Hauses, der tiefe Brunnen, die bastionartigen Plateaus östlich des Hauses und südlich des Fahrweges mit zum Teil noch kennbarem Quadermauerwerk gegen Berg ham zu, das alles sind Hinweise auf eine mittel alterliche, befestigte Anlage. Wenn auch zweimal abgebrannt, der Keller ist nicht verbrannt und auch die tragenden Mittelmauern nicht. 1824 be richtet Franz Kurz, daß beim Jägerhaus im Kirn berg — also nicht am Berg, sondern beim Jäger haus — noch vor einigen Jahren die Überbleibsel eines Schlosses zu sehen waren. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, wann und von wem rmd zu welchem Zweck wurde diese Anlage gebaut? Der Grund, auf dem diese Anlage steht, gehörte — soweit geschichtlich er faßbar — wahrscheinlich den steyrischen Otakaren, die enge Beziehungen zu den Herren von Wilhering hatten. Zwei Brüder aus diesem hoch freien Geschlecht, Ulrich und Cholo, hatten 1146 auf ihrem Erbgut das Zisterzienserkloster Wil hering gestiftet, und Ulrich hatte 1147/48 im Heere Otakars von Steyr den Kreuzzug mit gemacht. Auch hatten die Otakare bei Schöne ring Besitz, und der Traungau, zu dem der Kürn berg gehörte, lag in ihrer Markgrafschaft. Den Otakaren folgten im Erbwege die Babenberger und diesen über Przemysl Ottokar die Habs burger. Die Kaiserin Maria Theresia verkaufte 1741 den Wildbann und 1749 den Kürnberger Wald um 40.000 fl dem Stifte Wilhering, das ihn bis zum heutigen Tag besitzt. Wer von diesen Besitzern mag ein Interesse an der Erbauung des „Jägers im Kürnberg" gehabt haben? Der Name deutet auf jagdliches Interesse hin. Im oberösterreichischen Urkundenbuch Nr. V ist auf Seite 367 in der Wilheringer Urkunde vom 4. Dezember 1323 zu lesen, daß der österreichi sche Landesfürst gegenüber dem Kloster Wilhe ring für ein Jahr auf das Beherbergungs- und Gastrecht verzichtet, das sich auf den Landes fürsten, sein Gefolge, auf die herzoglichen Jäger und deren Hunde bezog. Man kann daher an nehmen, daß schon vorher landesfürstliche Jagd am Kürnberg gepflogen wurde. Ein begeisterter Jäger war jedenfalls Kaiser Maximilian L, der gerade für den Kürnberg eine Vorliebe hatte. 1502 hatte er die Einrichtung von Salzlecken im Lande ob der Erms veranlaßt und gemeint, eine solche Salzlecke solle man auch für die „zamen tierl auf den Kirnberg stellen mit ainem gejaidthürnlin und ein lustig kuchl rmd stübl darczu zum Essen". Diese Salzlecke befand sich beim Hirschenstadl, dem ehemaligen Jagdhaus rmd späteren Futterstadl, der leider nach dem ersten Weltkrieg abgerissen wurde. In diesem haben sich wohl die „lirstig kuchl und stübl" befimden. Hier hauste vermutlich auch ein kaiserlicher Forstknecht. Jedenfalls erging am 6. Mai des
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