OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 3/4

Lage um 1626. Am 26. März 1626 erging Herberstorffs Befehl, die Waffen auf dem Steyrer Rathaus abzulie fern. Am 8. April 1626 mußten die Bürger ihre Ent scheidung bezüglich der Religionszugehörigkeit kundtun. Lutz beschreibt dann die Besetzung der Stadt durch die Bauern (S. 40—47), wobei die Bürger sich mit ihnen solidarisierten, die Beschwerdeschriften der Bauern (S. 48—51), die Ständeversammlung in Steyr (S. 52 bis 64) und den Entsatz der Stadt durch Kaiserliche am 22. August 1626; die Stadt ergab sich dem Obersten Löbl kampflos (S. 65—67). Der Niedergang der bäuer lichen Sache und das traurige Strafgericht gegen die Steyrer Bauernführer Wolf Madlseder, Achaz Wiellinger und Dr. Lazarus Holzmüllner werden eingehend be schrieben (S. 68—80). Besonders die Erinnerung an das unerhört grausame Vorgehen gegen Madlseder und die Art, wie man die Witwe des Hingerichteten mit seinem Kopf konfrontierte, haben sich bis heute in Steyr lebendig erhalten. Die Nachwehen im Ennstal werden mitgeteilt (S. 85—88), dann kommt der Verfasser auf den katholischen Chronisten jener Zeit, Jakob Zetl, zu spre chen (S. 89—93). Erst am 22. September 1628 wurde der zur Schau gestellte Kopf Madlseders abgenommen. Lutz sieht darin das „Ende des Bauernkrieges" für die Eisenstadt (S. 94). Der Geschichte unmittelbar nach den Ereignissen und dem kulturellen Leben während der Bauernkriegszeit sind die letzten Kapitel gewidmet. Der Arbeit sind 10 Bildtafeln beigegeben. Zu wünschen wäre, daß die in ziemlich kleiner Auflage erscheinende Reihe, in der die Arbeit erschienen ist, einem breiteren Publikum be kannt würde. Die Steyrer Stadtgeschichte, die doch so reichhaltig und interessant ist, verdient es. Manfred Brandl Harry Slapnicka: Oberösterreidi — Die politische Führungsschidit 1918 bis 1938 (= Beiträge zur Zeit geschichte Oberösterreichs, Bd. 3; hrsg. vom Oö. Lan desarchiv). Linz 1976 (Oö. Landesverlag), 302 Seiten, 81 Abb., Ln. S 276.—. Man darf heute schon von einem Monumentalwerke sprechen, durch das Oberösterreich der zeitgeschichtlichen Forschung in den anderen Bundesländern Beispiel gibt; von den geplanten sechs Bänden liegt nun der dritte vor, die Biographien von mehr als dreihundert im politischen Leben Oberösterreichs stehenden Männern und vier Frauen. Der Verfasser hat es vorzüglich verstanden, ein Lexikon zu vermeiden, vielmehr Persönlichkeiten, die einst das öffentliche Leben mitgestaltet haben, einer rasch vergessenden Gegenwart nahezubringen. Mehr noch, manche Biographien lesen sich als blendend ge schriebene Essays. Oberösterreich hat dem Vaterland zwei Bunideskanzler gestellt. Endlich hat Dr. Michael Mayr aus Adlwang (1864 bis 1922), der erste christlich-soziale Kanzler und Mitschöpfer unserer Verfassung — in der politi schen Literatur zu Unrecht vergessen — den Chronisten gefunden. Hier darf der Rezensent den Autor ein wenig ergänzen. Mayr trat wegen der länderweisen Abstim mungen für den Anschluß an Deutschland (Tirol, Salz burg, in der Steiermark bereits ausgeschrieben) und der dadurch ausgelösten außenpolitischen Schwierigkeiten zu rück. Ihm folgte wieder ein Oberösterreicher, Dr. Hans Schober aus Perg, der als korrekter Beamter altösterrei chischer Prägung glücklicher war als in der Außen- oder gar in der Parteipolitik. Schon an der Wiege der Ersten Republik waren zwei Oberösterreicher gestanden, die in Linz höchste Ämter bekleideten, Prälat Johann Hauser als Landeshauptmann und der Bürgermeister der Landes hauptstadt, Dr. Franz Dinghofer. Gerade bei der Biographie Hausers versteht es Slapnicka ausgezeichnet, nichts zu verschweigen und doch Polemi ken, die gerade bei Hausers Haltung im November 1918 — wie der Rezensent meint, ungerechterweise, denn die Kritiker, die jene Zeit nicht miterlebt haben, können sich fast niemals in das Damals innerlich zurückver setzen — immer noch nicht verstummen. Die hohe Kunst der Objektivität findet sich auch bei den Lebensläufen der Politiker aus dem deutschnationalen Lager, Langoth, Reinthaller, Neubacher, selbst bei Kaltenbrunner; sie läßt mit Sicherheit für den kommenden Band „Ober österreich, als es nur Oberdonau heißen durfte" (1938 bis 1945) das Beste erhoffen und beweist, daß es mehr als drei Jahrzehnte nachher keinen Sinn hat, der Be handlung der Zeitgeschichte auszuweichen. Einen gebürtigen Braunauer, der Weltgeschichte größ ten Stiles machte, hat Slapnicka ausgeklammert; wie er auf Seite 10 sagt, absichtlich, da jener fast ausschließ lich in anderen Ländern gewirkt hat. Von ihm hören wir bloß, daß er ein Jugendfreund des späteren Ministers Vinzenz Übeleis war, der allerdings die Protektion des allmächtig gewordenen Kameraden auszunützen ver schmähte, während sich dieser mehrmals nach ihm er kundigte. Ein Kabinettstück ist das politische Duell zweier Ober österreicher, die unter Schuschnigg, allerdings nachein ander, den berufsständischen Aufbau verwirklichen soll ten, Neustädter-Stürmer und Dobretsberger, der die „sozialgeometrischen Spielereien" seines Ministerkollegen für das „Werk eines Verrückten" hielt. Dobretsbergers gesunde Absage an die „christlichen Sozialutopisten" läßt es bedauern, daß dieser begabte Staatsmann in der Zweiten Republik auf einen politischen Irrweg geriet. Ein weiterer Glanzpunkt ist die Biographie der Fürstin Fanny Starhemberg; aus den familiären Voraussetzungen heraus ist manches aus dem unruhigen Charakter ihres Sohnes, der zeitweise Österreichs Geschichte mitbestimmte, erklärlich. Breiten Raum nehmen die Biographien der Landeshauptleute Dr. Schlegel und Dr. Gleißner sowie des Nationalratspräsidenten Dr. Maleta ein; die beiden letztgenannten schlagen die Brücke von der Vergangen heit zur Gegenwart. Die Sozialdemokratie ist durch eine Reihe ausgezeich neter Landes- und Kommunalpolitiker sowie durch den verhängnisvollen Richard Bernaschek vertreten. Interes sant, daß Dr. Ernst Koref für einen Posten vorgesehen war, der dann die erste Stufe der Laufbahn Dr. Bruno Kreiskys geworden ist. Daß in Oberösterreich der Föderalismus nicht Abkapse lung bedeutet, beweist die Tatsache, daß jeder sechste

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