OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 3/4

schalch Puecher und Eberhart Otstorfer, genannt. Der Übergang des Hauses an das Kloster Lam bach war nicht eruierbar. Das benachbarte Haus (Stadtplatz Nr. 61) gehörte einem sonst unbe kannten Jacob Mutelpech^ der wohl zur Welser Bürgerschaft zu zählen sein dürfte. Mit der Iden tifizierung dieser beiden Stadtplatzhäuser ist die Lokalisierung der bisher ältesten bekannten Wel ser Stadthäuser gelungen. Aus der Urkunde geht ferner hervor, daß die beiden Häuser durch eine Mauer geschieden wurden, womit wir auch den ersten sicheren Nachweis für die Erbauung von Häusern mit Außenmauern aus Stein besitzen, die die noch im 13. Jahrhundert allgemein üb lichen Holzhäuser ersetzten. Durch diese Urkunde ist die Existenz des „Leder tores", des Vorläufers des heutigen Ledererturmes, bereits für die erste Hälfte des 14. Jahr hunderts gesichert. Seinen Namen erhielt es vom Vor Stadtviertel „Unter den Lederern", das west lich vor der Stadt lag, und dessen Kern zahlreiche Ledererwerkstätten entlang des Mühlbaches bil deten. Die bisher bekannten Nenntmgen des Lederertores stammten erst aus dem späten 15. Jahrhundert. 1474, 1483, 1486 und 1491 wurden immer wieder Bau- und Dachreparaturen in den Stadtkammeramtsrechnungen verzeich net''. Sicherlich waren solche Arbeiten auch schon früher laufend notwendig, doch sind keine Belege dafür erhalten geblieben. Das falsche Baudatum „1376", das auch in Karl Stumpfolls „Illustrier tem Führer durch die Stadt Wels" (Wels 1948, S 42) aufscheint, wurde allzu frei aus einem Be fehl Herzog Albrechts III. an die Äbte von Lam bach und Kremsmünster geschlossen, wonach sie auf Anforderung des Welser Stadtrichters Ar beitskräfte zum Bau des Grabens nach Wels schicken sollten®. Stadtmauer und Lederertor bestanden damals längst, werden aber in dieser herzoglichen Urkunde nicht erwähnt. Lediglich vom Stadtgraben, der südlich des Ledererturmes (beim späteren Kupferhammer) vom Mühlbach nach Norden abzweigte und dann um die Stadt herumführte, um südöstlich des Fischertores wie der auf den Mühlbach zu treffen, ist in dieser Urkunde die Rede. Der Bau der Stadtmauer und damit die Erbauung der vier Stadttore (Lederertor, Schmidttor, Fi schertor und Trauntor) ist dem 13. Jahrhundert zuzurechnen. Der Baubegirm dürfte in der spätbabenbergischen Zeit erfolgt sein und mit dem Ubergang der Stadt Wels vom Hochstift Würz burg an die Babenberger zusammenhängen, der nach neuesten Forschungen K. Holters in der Zeit vor 1207 erfolgte®. Bis Ende dieses Jahrhunderts war der Bau der Welser Stadtmauern im wesent lichen abgeschlossen. Das Lederertor und die an deren Stadttore sind sicherlich dieser Bauepoche zuzurechnen und damit mehr als 700 Jahre alt. Seine heutige Gestalt erhielt der Ledererturm al lerdings erst durch den Umbau von 1613 bis 1619'®. Das von Kaiser Rudolph gegen seinen Bruder Mathias angeworbene „Passauer Kriegs volk" hatte bei einem vergeblichen Angriff auf die Stadt Wels (Ende 1610) die Stadtbefestigun gen schwer beschädigt, der Ledererturm drohte einzustürzen". Daraufhin mußte er von Grund auf saniert werden. Noch heute ist auf dem Schlußstein des Torbogens die Jahreszahl 1618 zu lesen. Im vorigen Jahrhundert fielen die drei anderen Stadttore der Abbruchswelle zum Opfer (Traunturm 1842, Fischerturm 1870, Schmidt turm 1875)'®. Bald nach 1900 wurde auch die Demolierung des Ledererturmes im Welser Ge meinderat ernstlich erwogen und 1904 ein Ab bruchsantrag gestellt'®. Erst Proteste von Tei len der Bevölkerung und einiger kunstverständi ger Persönlichkeiten sowie die Gewährung von Subventionen für eine Renovierung des Turmes durch das Unterrichtsministerium tmd die Be zirkshauptmannschaft führten zu einem Gesin- ' Stadtarchiv Wels, Akten-Sch. Nr. 18 (Kammeramts rechnungen 1471—1510). 8 OÖUB IX, Nr. 118. ° Kurt Holter, Beiträge zur Geschichte von Wels im Mittelalter: Von den Karolingern zu den Babenber gern. 20. Jahrbuch des Musealvereines Wels 1975/76, Wels 1976, S. 52 ff. Ferdinand Wiesinger, Die Heimat im Wandel der Zeiten. Wels 1932, S. 91 f. Gilbert Trathnigg, Archivalische Vorarbeiten zur öster reichischen Kunsttopographie, Gerichtsbezirk Wels, 4. Teil, Wien 1968, S. 39 ff. Wilhelm Rieß, Der Ledererturm im Wandel der Zeiten. Geleitschrift zur Eröffnung eines neuen Zentrums der österreichischen Naturschutzjugend Ledererturm — Wels 1973, S. 5—7. F. Wiesinger, Heimat, S. 90 ff. '8 G. Trathnigg, Archivalische Vorarbeiten, S. 42 ff.

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