Schlaf, Kindlein, schlaf! Der Vater ist ein Graf. Die Mutter ist im Böhmerland Und Hunger hab'n wir all' mitsamt. Schlaf, Kindlein, schlaf! Schlaf, Kinderl, schlaf! Dein Vater ist ein Graf. Die Mutter is a Bauerndirn, Muaß sö 's Kinderl selber wiagn. Schlaf, Kinderl, schlaf! Hinterstoder Meggenhofen Pein Va-ber is a Graf. Linz 1929 (Commenda) Franz Stelzhamer^^ hat ein dreistrophiges Wie genlied mit dem Titel „Schlaf, mein Kinderl, schlaf" gedichtet. In der ersten und dritten Strophe behält er ganz das volkstümliche FünfVers-Zeilen-Motiv bei; in der zweiten Strophe weicht er davon ab. Sein Lied ist ein Beispiel dafür, wie altes volkstümliches Sprachgut dich terisch in hoher Kunstform verwendet und mit vieldeutigem Sinn unterlegt werden kann: 3. Z.: Die Mutter is a arme Dirn, Die muß dem Graf das Kindlein wiagn. Schlaf, Kindlein, schlaf! Helfenberg Manche dieser Lieder bestehen aus fünf Vers zeilen, wobei die erste und die fünfte Zeile gleich sind und nichts anderes als einen hypnotisch wirkenden Befehl zum Schlafen darstellen: Schlaf, Kindlein, schlaf! Damit, daß sich die erste Zeile in der fünften wiederholt, ist auch die Möglich keit des immerwährenden Fortsetzens geschaffen. Das Lied wird so lange gesungen, bis das Kind schläft. Schlaf, Kin-derl, schlaf l Dein Va-ter is a öraf. Die Mut-ter is a üa-gers-dirn, bringt ein gri5-nes Band zur Wagn. Schlaf, iCinderi, schlaf! Schlaf, mein Kinderl, schlaf, Folig, was i schaff: Schliaß 's Äugerl zua, tua 's LoserP^ auf, I sing da was von Löbenslauf. Schlaf, mein Kinderl, schlaf! Schlaf, mein Kinderl, schlaf! 's Schaferl wird a Schaf, 's Afferl wird an Äff, 's Graferl wird a Graf, 's Pfafferl wird a Pfaff, 's HeußerP® wird a Kutschagäul, Kriagt a guideras Biß ins Mäul. Schlaf, mein Kinderl, schlaf! Schlaf, mein Schatzerl, schlaf! Folig, was i schaff, Haoch und niader, arm und reich, Schlafad san mar alle gleich — Schlaf, mein Engerl, schlaf! Kinderlein, schlaf, Kinderlein, schlaf! Dein Vater is a Graf, Dei(n) Muatter is a Bauerndirn, Hat net Zeit zum Kinderlführn; Kinderlein, schlaf, Kinderlein, schlaf! Franz Stelzhamers mundartliche Dichtungen. Bearbeitet von N. Hanrieder und G. Weißenböck. Linz 1899/1900, 2. Band, S. 25 (= Aus da Hoamät, Band 8). Loserl = Ohr, von losen = horchen. Heußerl = Fohlen.
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