OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 3/4

Schlaf, Kinde-Iein, schlaf Der l/a-ter hiüit' die Schaf; die Mut-ter höt' die Läm-me-leiri/ drum schlaf, du gol-digs En-ge-lein; schlaf, Kin-de-lein, schlaf ! Schlaf, mein Kindlein, schlaf! Der Vater hüt' die Schaf. Die Mutter sitzt am Bettchen fein Und wiegt ihr liebes Kindlein ein. Schlaf, mein Kindlein, schlaf! Schlaf, Kindlein, schlaf! So schenk' ich dir ein Schaf, Mit einem goldnen Bändelein, Mit Rosen und mit Nelkelein, Schlaf, Kindlein, schlaf! Lichtenberg Kremsmünster Schlaf, mein Kindl, schlaf! Dein Vater hüat dö Schaf, D' Muatta is in Hollerland, Hollerland is abgebrannt. Schlaf, mein Kindl, schlaf! Sipbachzell 1930 (Ruttmann) In diesem Lied reist die Mutter ins Hollerland; gemeint ist das Reich der Frau Holle, Hulda oder Frikka aus vorchristlicher Zeit, die man sich in einem leuchtend weißen, mit Sternen übersäten Gewände vorzustellen hat, und die, dem Glauben Illustration von Ludwig Alem^nnis'dien Gedichten (1859) von J. P. Hebel. nach, ihre Wohnung tief drinnen in der Erde, im Hollerland, hatte. Dort war ihr Frühlingsreich, das noch unter Schnee verborgen lag, wenn auf der Erde die ersten Blumen hervorkamen; dort war sie Hüterin kommenden Lebens und die Ver körperung der Zeit, die Licht und Finsternis in sich vereinigte. An das Hollerland, an das Reich der Frau Holle, erinnert auch die Goldmarie im Märchen, die in den Brunnen hinuntersteigt, nachdem ihr die Spindel hineingefallen war. Unter der Erde ist es schon warm, die Äpfel sind reif und das Brot ist gebacken. Auf der Erde aber schneit es noch, wenn Goldmarie die Betten der Frau Holle schüttelt-''. In einigen Wiegenliedern finden wir auch den Reim „Schlaf — Graf". Es konnte schon darauf hingewiesen werden, daß diese Lieder vermutlich auf die Ritterzeit zurückgehen. Sie künden wahr scheinlich von einem verbotenen Liebesverhältnis zwischen dem Grafen als Grundherrn und der Bauerndirn, die ihm zu Willen war. Auf senti mentale Weise wird hier manchmal das sitzen gelassene arme Mädchen, das nun ihr Kindlein seiher wiegen muß, besungen; manchmal wird auch von der armen Kindermagd berichtet, die seihst keine Kinder hat, sondern nur die Kinder der Herrschaft aufziehen darf: O. Kampmüller: Der weibnacbtlicbe Festkreis . . ., a. a. O., S. 369—381.

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