OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 3/4

Wiegen / Eia im Sause, Zwei Wiegen in einem Hause / Eia popeio, was rasselt im Stroh? Die Gänslein gehn barfuß / Höre mein Kindchen, was will ich dir singen, Äpfel und Birnen soll Vater mitbringen. Von diesen 9 Wiegenliedern haben die ersten 5 einen ausgesprochen religiösen Inhalt. Auch die Komponisten der Romantik wid meten sich vor allem dem religiösen Wiegenlied bzw. dem Krippenlied: 1810 entstand Schlaf, Her-zens-sÖhn-chen, meinlieb-ling bist du!... von Carl Maria von Weber, Text von F. C. Hiemer; 1828 Schla-fe, schfa-fe, hol-der sü ~ßer Kna~be ■ von Franz Schubert, Text von Matthias Claudius. Später schuf Wilhelm Taubert (1811—1891) „Schlaf in guter Ruh, tu die Äuglein zu". Das bekannte, in „Des Knaben Wunderhorn" auf gezeichnete Qu-ten A-bend, gut Nacht, mit Ro-sen ba-dacht... wurde von Johannes Brahms vertont. Das Mozart zugeschriebene Schld-fe,meinPrinz-dien, es ruhn Schsf'chen und Vö-gei-chen nun . ist in dem Schauspiel „Esther" von F. W. Götter enthalten (1789; gedruckt 1795) und wurde nach heutiger Ansicht nicht von Mozart, sondern von B. V. Flies (1796) vertont. * Neben diesen weit über die Grenzen des deut schen Sprachraums hinaus allgemein bekannten Wiegenliedern gibt es auch solche, die sich oft schon wegen ihrer Mundart nur in bestimmten Gegenden verbreiten konnten. Aber auch hier findet man sehr häufig mit geringfügigen Varian ten Parallelen in anderen Gegenden. G. Züricher^ konnte aus der deutschen Schweiz 171 Wiegen lieder verzeichnen. Riedl und Klier'^ nahmen in ihre Sammlung 153 Wiegenlieder aus dem Bur genland auf. Wehrhan^ brachte noch den Ver merk: „Von jeher ist den deutschen Müttern für ihr Singen an der Wiege großes Lob gesungen worden; sagt doch z. B. Friedrich Rückert von der Bedeutung solchen Spieles für sich und seine Jugend: Ich war ein böses Kind, Und schlief nie ungesungen; Doch schlief ich ein geschwind. Sobald ein Lied erklungen. Das mir die Mutter sang gelind . . ." Auch der steirische Schriftsteller Hans Fraungruber (1863—1933) konnte sich im Vorwort zu seiner Sammlung „Deutsche Wiegen lieder"® noch der enthusiastischen Ansicht hin geben: „Mit diesen lieblichen Liedern grüßen Vieltausend Mütter aus vergangenen Jahrhunder ten die der Gegenwart und Zukunft." Er hatte nicht recht, denn Wiegenlieder werden heute kaum mehr gesungen und sind zum Groß teil in Vergessenheit geraten. Man kennt sie nicht mehr aus dem Erleben, sondern höchstens aus der Literatur. Mit den Wiegen selbst sind auch die Wiegenlieder verschwunden. Das gilt auch für Oberösterreich. Unter den nahezu 25.000 Beiträgen, die wir für unsere Sammlung be kamen, waren nur 95 Wiegenlieder. Kein ein ziges wurde uns mit Noten eingesandt, die wir bei einigen wenigen Beispielen erst durch Befra- ' Gertrud Züricher, Kinderlieder der deutschen Schweiz. Basel 1926. ' Adalbert Riedl und Karl M. Klier, Lieder, Reime und Spiele der Kinder im Burgenland. Eisenstadt 1957. ® Wehrhan, a. a. O., S. 12. ' Hans Praungruber, Deutsche Wiegenlieder. WienLeipzig o. J.

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