machte, mit anderen Worten: diesen — unverdienter weise! — um Amt und Stelle brachte. Und so zog Hermann, anstatt sich des Störenfrieds zu erwehren, dann mit diesem fort, wieder ins Ungewisse, weiter ins Elend!" Inwieweit Anton Vergeiner tatsächlich unheilvolle Situationen heraufbeschwor, die dann zu Konflikt auslösungen führen mußten, kann freilich nicht be wiesen werden. Zwischen der eben wiedergegebenen Version Schallaböcks und seiner Typisierung der beiden Brüder klafft ein Widerspruch, der nicht erklärbar und auch nicht erhellbar ist. Dazu fehlen Nachweise, die kaum mehr beizubringen sind. 1888 muß sich Vergeiner nach Leipzig gewandt haben, denn von dort liegt auf sein Ansuchen ein abschlägiger Bescheid vor, und zwar von „B. Albrecht/Inspektor am königl. Conservatorium der Musik, Leipzig 27. April 1888". Weshalb es ihn dann im Spätherbst des Jahres 1890 nach Budweis verschlug, vermag auch Schallaböck nicht zu erklären. „Es war die Zeit des vergeblichen Ringens um eine gesicherte Stellung", meint dieser^®. Nach einem vor kurzem aufgefundenen Zeugnis „Prag Landesschulrat Berger", hat er schon 1889 in Budweis und Komotau Musikunterricht an Hilfslehrer gegen Stundenhonorar erteilt. Vergeiner war offenbar immer auf „Stellung suche" und hat in dieser überaus beschwerlichen Zeit auch Joseph Joachim für sich zu gewinnen ver sucht. Joachim mußte ihm aber in einem am 3. Mai 1888 verfaßten Brief®^ mitteilen, daß er nicht imstande sei, seinem dringenden Wunsche zu entsprechen. Der Aufenthalt im Böhmischen führte dazu, daß sich Vergeiner am Konservato rium in Prag einer weiteren Lehramtsprüfung unterzog, die ihn laut Prüfungszeugnis vom 25. Mai 1891 zur Unterrichtserteilung im Kla vierspiel an Lehrerbildungsanstalten ermäch tigte®®. Zdenko Fiebfch®® und Domkapellmeister Josef Förster^", Männer, die in ihrem Fache weit hin bekannt und anerkannt waren, saßen in der Prüfungskommission. Endlich, 1892, glaubte Vergeiner, in dem Wiener Universitätsmusikdirektor Rudolf Weinwurm, einen namhaften Gönner gefunden zu haben. Das einzige, was Weinwurm vermochte, war, Vergeiner zur Bewerbung bei den Musikschulen Kaiser und den Horakschen Musikschulen anIm Herbst 1893 unterhandelte Vergeiner tat sächlich mit der Direktion der Musikschulen Kai ser. Die erhoffte Lehrstelle für Harmonielehre sowie eine solche für Orgel sollte jedoch erst während des Schuljahres 1893/94 zur Besetzung gelangen. Enttäuscht über die Auskunft dürfte er, dem man laut Schreiben vom 9. September 1893 die Lehrstelle offen halten wollte, sein Ge such zurückgezogen haben®®. Im Februar des folgenden Jahres jedoch hat er neuerlich Interesse bekundet. Dies geht aus einem Schreiben vom 16. Februar 1894 hervor, in welchem Vergeiner gefragt wurde, ob er zum Schuljahr 1894/95 einen sechsstündigen Orgelkurs an der Stadt schule im 1. Bezirk zu übernehmen bereit wäre. Vergeiner sah sich anderweitig um: An den Horakschen Musikschulen fand sich eine wohl wenig befriedigende Tätigkeit als Klavierlehrer. Im Herbst 1894 ist Vergeiner, wahrscheinlich die Aussichtslosigkeit seines weiteren Verbleibens und zermürbenden Lebens und Wirkens erken nend, nach München ausgewandert®®. Eine Reifeprüfung in Wien, das ausgezeichnete Zeugnis Bruckners, zwei Lehramtsprüfungen in Wien und Prag, die Verleihung von Preisen durch das Wiener Konservatorium (siehe Abb. 4 und 5) und Medaillen vermochten es nicht, die sen Mann, der geplagt und gehetzt von einem Ort zum anderen zog, immer suchend, dabei von staunenswertem Fleiß beherrscht, in eine dauerhafte und seinem Können entsprechende Stellung zu bringen. Selbst ein so unendlich trauriger Versuch wie das Bittgesuch an das Präsidium des Wiener Gemeinderates, abgefaßt im September 1893 — es betraf die Verleihung eines Stipendiums aus der „Schwestern-FröhlichStiftung", die eigens für verarmte Künstler be stimmt war —, mißlang kläglich. 3" I. c. S. 28. Siehe „Unbekannte Briefe". Schallaböck S. 18. Zdenko Fibich (1850—1900) war ein bekannter Kom ponist. Josef Förster (1833—1902) Konservatoriumsprofessor und Domkapellmeister in Prag. Siehe „Unbekannte Briefe". Schallaböck S. 29. " 1. c. S. 29.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2