schreiben für Bludenz zusammenhängt, ist nicht feststellbar^". Das abwechslungsreiche berufliche Wirken in Bludenz brachte wieder eine Reihe, diesmal kleinerer, kirchenmusikalischer Werke ein. Was aber Vergeiner veranlaßte, sich von Bludenz aus um andere Ämter zu bewerben, so z. B. erfolg los um die Gesang- und Musiklehrerstelle an der Kantonsschule in St. Gallen"^ weiß man nicht. Auch nach Zürich wandte er sich und schließ lich versuchte er in Rattenberg, der Heimat seiner Mutter, eine Stelle zu erhalten. Von dort aus — nach dem Mißlingen mehrerer Versuche — interessierte ihn eine Lehrstelle für Harmonie lehre, Kontrapunkt, Choralkunde und katho lische Liturgie im „Wiener Cäcilienverein"®^. Die Reaktion auf die Bewerbung war laut Schrei ben vom 19. Oktober 1887 lediglich die, daß man Vergeiners Ansuchen für eine Nachbeset zung vormerkte. Erneut kehrt er nach Freistadt zurück, um dortselbst unermüdlich und unverdrossen zu arbei ten. Die vorher abgedruckte BriefstelTe Krenns läßt erkennen, daß Vergeiners Handlungsweise, der sich immer wiederholenden Heimkehr näm lich, in seiner, Krenns Sicht, zwangsläufig zu einer Ausgrenzung aus der normativen Welt führen muß. Diese Rückkehr, sie vollzog sich stets nach dem freiwilligen Ausscheiden aus einer innegehabten Position, könnte geradezu das Merkmal von Existenzangst in sich bergen. Denn diese merk würdige Verhaltensweise mutet wie eine schein bare oder auch tatsächliche Flucht an, eine Flucht in die innere, verborgene Welt der Kleinstadt, gleichsam einem Erliegen vor dem Walten eines Schicksals, dem sich Vergeiner anscheinend nicht entziehen konnte. Möglicherweise war der ungeheure Drang nach ungebundener Arbeit, der Vergeiner eignete, das „Ausschütten" von Ideen, die er mit sich trug und vielleicht auch der Glaube an eine schöpfe rische Mission maßgeblich. Dazu gesellte sich brennende Heimatliebe, von der Vergeiner be seelt war. Schallaböck typisierte die Brüder als „echte Musikernaturen, dem Schicksal zum Trotz und unbekümmert um des Lebens Nöte, die in Stadt und Umgebung ein frohes, fast romantisch anmutendes Künstlerleben führten .. .®®" 1890 schließlich kam Vergeiner wieder zu fester Anstellung; Mit 1. Jänner wird er zum Musik lehrer am Jesuitenkolleg in Kalksburg bestellt. Im von ihm erbetenen Verwendungszeugnis, da tiert 22. 9. 1890 und unterfertigt vom Rektor F. M. Burgstaller, bestätigt dieser, „daß Herr Hermann Pius Vergeiner, welcher vom 1. Jän ner 1. J. bis Ende September an der hierortigen Privat-Lehr- und Erziehungsanstalt in Verwen dung gestanden ist, durch sein vorzügliches Or gelspiel und durch die Erfolge, die er als Klavier lehrer der Zöglinge, als Chordirigent und als Leiter des Zöglingsorchesters sowie als Kompositeur erzielte, sich die vollste Zufriedenheit der Anstaltsleitung erworben hat"®^. Vergeiner ver blieb in dieser Stellung, wie aus dem Zeugrüs ersichtlich, kaum ein Jahr. Man muß sich fragen, was trieb diesen Menschen immer wieder fort, was vertrieb ihn aus einer Stellung wie Kalks burg, die ihm eine Karriere hätte eröffnen können? Wie weit das Leben, das er gemeinsam mit sei nem Bruder Anton führte, dafür verantwortlich zu machen ist, möge hier unerörtert bleiben, doch scheint es zweckmäßig, als Ergänzung obi ger Darlegungen auszugsweise eine Version Schallaböcks abzudrucken®". „Unwillkürlich drängt sich hier die Frage auf: Wie kommt es, daß Hermann Pius Vergeiner trotz seiner hervor ragenden Leistungsfähigkeit als gediegener Komponist, als bewährter Lehrer und genialer Künstler und trotz erstklassiger Qualifikationen, wo immer er auch nur wirkte, wie kommt es, frage ich, daß Vergeiner nie länger als höchstens ein Jahr, oft nicht einmal so lange, in seiner Stellung verblieb? An ihm selbst allein, der ja nur wenig oder fast gar nichts von dem unsteten Wesen seines weit leidenschaftlicheren, oft wenig be herrschten Bruders hatte, mag dies unmöglich gelegen sein. Die Hauptursache oder wenigstens eine der Ur sachen dieser bedauernswerten Erscheinung dürfte wohl eben Bruder Anton gewesen sein." „Nicht selten kam es vor, daß Anton . . . irgendeinen tollen Streich verübte, wodurch er nicht nur sich, son dern auch den Bruder an Ort und Stelle unmöglich Dieser Brief sowie die hier erstmals abgedruckten Briefe befinden sich im Besitz von Frau M. Schalla böck. Schallaböck S. 24. 1. c. S. 24. 38 1. c. S. 22. 3« 1. c. S. 27. 35 1. c. S. 27 f.
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