scheint er schon in früher Jugend, vor der Linzer Zeit, Klavier und Orgel erlernt zu haben. Zwischen all dem liegt allerdings das Erlebnis Wien, das Vergeiner nicht nur musikalisch, sondern auch literarisch formte. Die viel fältigen Erfahrungen, die er dort sammeln konnte, der Besuch von Konzerten, Vor stellungen des Musiktheaters, sicherlich auch des Sprechtheaters (z. B. im Konservato rium), die Aufführungen sakraler Musik in Wiens Kirchen, insbesondere den innerstädti schen, der Kammermusik usw. spielen keine ge ringe Rolle. Daß eine Großstadt vielfältigen An reiz und vermehrte Abwechslung bietet, ebenso der zwangsläufige Umgang mit Lehrern, Kom ponisten, ausübenden Musikern und Chören, gleichgesinnten Schülern des Konservatoriums, ist kaum zu bezweifeln. Mit einiger Gewißheit kann angenommen werden, daß die musikalisch vibrierende Stadt sichtlich bleibende Eindrücke in dem jungen und strebsamen Musiker hinterließ. Das Jahr 1881 war fruchtbar: Vergeiner hatte mit Auszeichnung seine Reifeprüfung bestanden, er komponierte, wurde aufgeführt und unterzog sich noch im Dezember des gleichen Jahres der Lehramtsprüfung. Aber trotz Reifezeugnis und bestandener Lehramtsprüfung war Vergeiner of fenbar hilflos. Prof. Krenn, sein wohlmeinender Theorielehrer, hatte ihm schon während der Stu dienzeit seine Protektion angedeihen lassen und ihm verschiedene Aufgaben übertragen. Am 8. September 1881 schrieb er ihm nach Freistadt^®: „. . . Mein Rat wäre es, in Wien ein paar Monate zu riskieren. Vielleicht ist es möglich, Ihnen einige Lektionen zu verschaffen oder es wird sich als Organist etwas finden. Was sollten Sie in Freistadt, wo ein Weiterstrehen kaum denkbar ist!" Krenn ermöglichte schließlich, daß Vergeiner noch zwei Jahre in Wien verbringen konnte; eine Anstellung fand er jedoch nicht. Die kom positorisch reifste Frucht dieser Jahre — es ent standen Orchester- und Chorwerke sowie solche für Klavier — war die mutmaßlich im Mai 1882 in Wien entstandene „Große Messe in D-Dur" für Soli, Chor, Fl, 2 Klar, 2 Hr, 2 Trp, Baß posaune, Pauken, Streicher und Orgel. Sie erlebte ihre Uraufführung in der Stadtpfarrkirche zu Freistadt 1882, anläßlich der Primiz von Vergeiners Freund, Josef Pichler^'. Da sich in Wien keine berufliche Gelegenheit bot, bewarb sich Vergeiner mit Gesuch vom 8. September 1883 um eine Musiklehrerstelle in Odessa. „Von einigen 70 Bewerbern unterlagen Sie in engster Wahl", teilte am 28. September Direktor Dr. Wagner mit^®. Durchaus nicht ent mutigt, suchte Vergeiner anschließend — und zwar mit Erfolg — um das Amt eines bischöf lichen Domorganisten in Vesprem (Ungarn) an. Dort war ihm nur ein einjähriges Wirken be schieden; vermutlich noch zu Ende des Jahres 1884 kehrte er nach Freistadt zurück. Im Jahre darauf finden wir Vergeiner wieder in Wien, dann in Elbogen im ehemaligen Kronland Böh men und 1886 abermals in Wien. Immer wieder kehrte er jedoch in das mütterliche Haus zurück. Vom 12. Mai bis 12. Juli 1886 suppliert er als Klavierlehrer zwei Klassen am Mozarteum in Salzburg. Der Direktor, Josef Friedrich Hummel, lobt Leistung, Zuverlässigkeit, „. . . so daß über seine Befähigung zu einem Lehrer an öffentlichen Schulen nur das günstigste Zeugnis ausgestellt werden kann"^®. Noch in Salzburg erreichte ihn die Nachricht von seiner Ernennung zum Musik direktor in Bludenz. Das am 22. September 1886 vom Stadtmagistrat ausgestellte und von Bür germeister J. Wolf unterfertigte Anstellungs dekret lautete: „Der Ausschuß der Stadtgemeinde Bludenz hat Ihnen in seiner Sitzung vom 15. September d. J. unter den anliegenden Vertragsbedingungen die Stelle eines Chorregenten, Organisten und Musikdirektors in Bludenz verliehen und Sie werden hiemit ersucht, diese Stelle schleunigst anzutreten." Ob der Brief Anton Bruckners (siehe Abbil dung 3) mit der Tätigkeit seines Schülers am Mozarteum in Salzburg oder als EmpfehlungsSiehe „Unbekannte Briefe". " Schallaböck, S. 21. Dieses Werk ist merkwürdiger weise unauffindbar, obwohl es noch nach dem 2. Welt krieg in Freistadt zur Aufführung gelangte. Auch das Datum der Primiz von Josef Pichler war nicht zu erfahren. ^ 1. c. S. 21. 1. c. S. 23.
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