OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 3/4

Gattin Luitpirg Herr des Vintschgaues und des Norithalgaues geworden war, kam es typisch für die gespannten Verhältnisse der neuen Nachbarn schon 785 bei Bozen zu bewaffneten Zusammen stößen. Wir hörten schon von Tassilos Sieg gegen die Alpenslaven und von der Gründung Innichens (768). Wenig später krönt er 777 die Reihe der 28 Klöster — seinen Vater überbietend — mit Kremsmünster erst mit irischen Mönchen. Erst im 9. Jahrhundert folgen Benediktiner. Unter den Klöstern war Kremsmünster im wahr sten Sinne des Wortes königlich ausgestattet. In einer klimatisch äußerst günstig gelegenen Ge gend mit Jagdwäldern bis ins Gebirge und mit Salzquellen bei Hall. So wurde es die stärkste Klammer, die den Nordteil des Traungaues mit den Gegenden im Gebirge verbinden sollte. Die östlichste germanische Siedlung lag im Sinne der Keillage erst noch im Raum von Groß-Linz. Längs der Traun lagen die ing-Orte, in denen die bairischen Wehrbauern siedelten. Sie hatten sie durch die Welle der Bedrängnis, die nun verebbt war, zu halten vermocht. Die Bedrohung ihrer Freiheitsliebe lag nun nicht mehr im Osten, son dern im Westen durch die Franken. Der Tassilokelch wird als Hochzieitskelch ange sehen und nach der Entschlüsselung eines Chronogrammes durch Justus Schmid mit 781 (auch 775) zu datieren versucht. Da das seit 612 durch Columban gegründete Kloster Bobbio als Kunstzentrale den Langobarden schon entglitten war, kommt nur mehr Salzburg als Ort der Entstehung dieses Kunstwerkes in Frage. 788 mußte sich Tassilo unter den härtesten Be dingungen unterwerfen und wurde auf Grund seiner Jugendsünde zum Tode verurteilt, schließ lich zu dauernder Klosterhaft begnadigt. Auch seine Gemahlin und die vier Kinder mußten Baiern verlassen. Tassilo hat nach dem Unter gang der Langobarden mit seinen avarischen Nachbarn Fühlung aufgenommen, möglicher weise sie mit den berühmten bairischen Waffen beliefert. Neben Karl war er trotz persönlicher Tapferkeit der Unterlegene; es traf ihn auf jeden Fall ein härteres Schicksal als den Sachsen Witte kind. Karl hatte ohne jeden Verlust die Aufmarsch basis gegen die Avaren gewonnen, die er in einigen großartigen Blitzfeldzügen unter Heran ziehung sämtlicher von ihm beherrschten ger manischen Völker 791, 796 und 803 so völlig besiegte, daß er die alte Römergrenze an der Donau auch in Pannonien wieder herstellen konnte, womit er die Nachbarschaft zum byzan tinischen Reich gewann. Tschechen, Mährer, Slo waken, Slowenen und Kroaten gerieten überdies in sein Einflußgebiet. Die karolingische Ostmark ließ den riesigen bairischen Bereich beisammen, ja Karl gliederte noch zusätzlich den pannonischen Raum ein. Unter der Führung seines Schwagers Gerold wurde die Ostmark durch die Einbeziehung der Friaulischen Mark zur größten fränkischen Provinz. Trotz eines Jahrhunderts der Ruhe ist der bairische Stamm nicht so stark gewesen, diese Riesenräume auch biologisch auf füllen zu können. Der starke Ostsog vernach lässigte den Schutz der linken Flanke gegen Böh men, wohin die Tschechen in verschiedenen Stämmen seit dem 9. Jahrhundert kampflos ein gezogen waren. Karl hat das Land südlich der Drau dem Patriar chat von Aquileja zur Christianisierung zugewie sen. Salzburg, seit 798 Erzbistum, hatte den karantanischen Raum übernommen, während Passau dem Donaugefälle folgte. Dieser großar tige Prozeß der Christianisierung wurde von Ludwig dem Deutschen weiter gefördert, der am Plattensee (Moosburg) ein neues Zentrum auf baute, unweit davon, wo einst Theoderich gebo ren worden war und von wo 567 die Langobar den nach Italien ausgezogen waren. Dies und die Krönung in Rom brachte die damals größten Reiche nachbarlich und nicht ohne Spannung zu sammen. Was hätte jedoch Byzanz gegen Karl unternehmen können! Es mußte froh sein, daß er es verschonte und dankbar, daß er es von den Avaren befreit hatte. Diese Friedensperiode wurde plötzlich neuerlich unterbrochen. Auch die Magyaren kamen aus dem Osten (23). Die Baiern hofften, durch eine Entschei dungsschlacht diese heranbrandende asiatische Welle auffangen und das aufblühende Gebiet von Kriegsgreueln freihalten zu können. Doch an der Donaupforte bei Preßburg erlitt der bai rische Heerbann 907 die furchtbarste Niederlage seiner Geschichte. Der Herzog, alle vier Bischöfe wie der bairische Hochadel blieben samt dem Volke tot auf dem Schlachtfeld. Abermals waren

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