OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 3/4

dem Weg! Auch W. v. Jenny brachte nur ein bairisches Beispiel (8). An dieser Auffassung halten mehr als ein halbes Dutzend Gelehrter fest. So noch 1961 J. Werner (35), das heißt an der Abstammung der Baiern von den Markomannen bzw. von Böhmen als Herkunftsland. Bei der Überlegung der Einmarschwege durch die Wälder in der Richtung Regensburg wurde für das oberösterreichische Gelände auch der Haaelgraben und die spätere „Via regia" in Erwähnung gezogen. Es fehlt also auch von bairischer Seite nicht an Annahmen, daß die Baiern über Oberösterreich, den Inn überquerend, bis zum Lech vorgedrungen wären, daß sie also vom Osten her die Landnahme voll zogen hätten. Daß man von Schüben aus Süd böhmen sprach, wo Grabfunde der Markoman nen völlig fehlen, hat auf Widerspruch stoßen müssen. Auch lagen die Hauptsiedlungsgebiete der Markomannen vor allem in der fruchtbaren Beckenlandschaft um Prag. Die riesigen, rauhen Wälder im Süden mied man, solange genug Wohnplatz da war. Obwohl mindestens zwei Dutzend Gräber im Lande Oberösterreich bekannt waren (9), galt es in der Literatur meist als „völlig fundleer". Heute sind über 250 Gräber — aus den Reihengräbern — vor allem zwischen Linz und Wels — gehoben (24). Das Blatt hat sich also völlig gewendet. Die Baiern als Nachkommen des volkreichen Stam mes der Markomannen anzusprechen, kann heute als überholt gelten. Wir wissen, daß sie wie die Skiren, Gepiden und Ostgoten das Fuß volk in Attilas Heer bildeten. Große Teile sind, der March folgend, nach Ober-Pannonien abge zogen. Auf eine Westwanderung werden wir noch zu sprechen kommen. Natürlich gab es auch markomannische Truppenteile im Römischen Heer. Viele gingen — in Böhmen bleibend — in den neuen Völkern, die nun die Herren waren, auf. 5. F. X. Pritz (10) verwarf die „Böhmentheorie" und trat schon 1846 für den oberungarischen Raum ein. Unter diesem Gebiet können wir uns die heutige Slowakei vorstellen. Er blieb mit die ser Annahme nicht allein. 6. J. Grimm (11) folgte schon 1849 vom Sprach lichen her und bringt die ostgermanischen Skiren. Ihr Name heißt so viel wie die Hellen, Leuchten den, Unvermischten. Sie waren, wie wir schon hörten, zumindest Nachbarn der Masurogermanen. Durch Odoaker sind sie in die Geschichte eingegangen. Er brachte den Abtritt Roms zur Entscheidung. Wir haben ihren Aufmarsch an die Donau schon dargestellt. (Den Besuch Odoakers bei Severin haben wir schon in der Volksschule gelernt.) Wir werden ihnen noch öfter begegnen. 7. 1917 bringt V. v. Geramb von der Seite der Bauernhausforschung her ostgotische Erkennt nisse (12). Dieses Ringen zwischen den beiden Haupttheorien zieht sich durch mehr als hundert Jahre hin. München verficht die West-, Wien z.T. die Osttheorie. Auch den Anhängern der Markomannennachfolge mußte schließlich der re lativ starke Bestand an gotischen Worten im Sprachenschatz des bairischen Volkes bis in den heutigen Dialekt auffallen (19). Ebenso gab das bairische Volksrecht zu Überlegungen Anlaß. Of fensichtlich war ihm das westgotische Recht vor ausgegangen. Doch noch 1941 lehnt F. Stroh jede Möglichkeit einer Verbindung der Baiern mit den Westgoten ab (9). 8. Mit seiner großangelegten Wochentagsfor schung trat 1931 E. Kranzmayer (14) auf, in der er nicht nur eine deutliche Grenze gegen die Schwaben erfaßte, sondern auch A. Schmeller (15) bestätigte. Beide erbrachten für Dienstag, in unserem Dialekt „Ertag", einen Hinweis auf den griechischen Kriegsgott Ares. Da Kranz mayer noch für Donnerstag und Freitag (hemera Aphrodites und paraskeve-Tag der Vorberei tung) festlegte, mußte man sich die Frage stellen, auf welchem Weg diese Worte in den Sprach gebrauch der Baiern gekommen sein könnten, in dem sie noch heute lebendig sind. Das Gewicht der sprachwissenschaftlichen Beobachtungen er weiterte sich noch durch die Erkenntnis, daß nicht nur diese volksgriechischen, sondern auch minde stens dreißig (40?) gotische Worte (16) heute noch in voller Verwendung stehen. 9. Der Langobarde Paulus Diaconus weiß um 760 zu berichten, daß Angehörige des bairischen Stammes auch im Heere Attilas gewesen wären, nicht anders als die Skiren. (Siehe auch Läszlö, 23). Es erhebt sich die Frage, wo Attila die Baiern rekrutiert hat, wenn damals noch die Markoman-

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