OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Primiz des Schlägler Kanonikers Matthäus III am Sonntag in der Oktav des Norbertifestes 1634 zum erstenmal gespielt®. 1640 kaufte das Kloster durch den ehemaligen Stiftsorganisten Georg Kopp bei Christoph Egedacher, Orgelmacher in Straubing — dem Schöp fer der ursprünglich auf das Jahr 1653 zurück gehenden Orgel des Stiftes Lambach in Ober österreich'® — ein „orgelwerckhl oder Positiff" um 130 fl" (siehe Abb. 6). 1651 nahm der Passauer Orgelmacher Georgius Pauer Reparaturarbeiten an zwei Regalen vor'®. Sdiließlich weiß die Chronik im Jahre 1661 vom Neubau einer Orgel zu berichten, die so prächtig gewesen sein soll wie keine andere im Erzherzog tum ob der Enns'®. Um 1760 dürfte eine Hausorgel, die nach An gaben noch etwa bis 1930 im Stift zu sehen war, entstanden sein'^. Das 19. imd begirmende 20. Jahrhundert brachte lediglich Umbauten an der Hauptorgel, die im entsprechenden Kapitel über diese Orgel nach zulesen sind. Im Jahre 1952 errichtete Wilhelm Zika sen., Orgelbauer zu St. Florian bei Linz, eine einmanualige Chororgel mit zwölf klingenden Stim men an der Evangelienseite des Presbyteriums, wozu der Bildhauer Josef Moser aus Koller schlag die Gehäusedekoration beisteuerte'®. Der Kremser Orgelbauer Gregor Hradetzky baute 1965 in dasselbe Gehäuse — das Werk von Zika war durch Kirchenrestaurierungsarbeiten schad haft geworden — unter Beibehaltung von wenigen Registern eine neue zweimanualige Schleifladenorgel mit 23 klingenden Stimmen ein'®. DIE HAUPTORGEL VON ANDREAS PUTZ AUF DER WESTEMPORE -1634 Sie ist das größte und besterhaltene Werk von Andreas Putz. Der berühmte Orgelmacher gehört der Passauer Orgelschule an, welche im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert in den Alpen ländern die bedeutendsten Orgeln erstellte'''. Vor dem Bau der Schlägler Hauptorgel war Putz ' StASAI Hs. 16, fol. 144 v. und 145 r. Luger Walter, Musikpflege im Stift Lambach zur Ba rockzeit, in: St.-Adalbero-Kalender 1975, Stift Lam bach 1975, 41—45. — StAL, Sch 12Z/c/I, Verträge mit Christoph Egedacher. " StASchl, Sch 481, Rechnung vom 9. 5. 1640. Vermutlich ist dies jene Orgel, die zur Greysingzeit auf dem Cantorium gestanden sein soll (Pröll Laurenz, a. a. O., 306), aber auch an ein Hausmusikinstrument läßt sich denken. StASchl, Sch 493, Rechnung Pfingstquartal 1651, fol. 16 r. " StASchl, Hs 16, fol. 187 V. Der Text lautet zur Gänze: „Denique hac oirciter aetate arbitrari licet, quod Martinus huic Plagensi Ecclesiae apposuerit organum, opus tale cui quoad molem artificum et tonorum modulamina, quoavis diversa instrumenta pneumatica: ut tubas ductiles cymbala et aemulanti in tota hac ArchiDucatus Provincia non invenitur par." Es handelte sich also um ein größeres Instrument mit mehreren Zungenstimmen. Hier bin ich Herrn OSR Theodor Pazelt, Wels, und Chorherrn Evermod Gross (+ 1975) für Hinweise dankbar. Angeblich wurde das Instrument in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts verkauft. Eine Abbildung des Instrumentes ist zu sehen in: Frankenburger Kalender 1942, Linz 1942, 116. " Vgl. Ordner „Chororgel" in Musiksammlung Stift Schlägl und Reischl Friedrich, Stift Schlägl. AigenSchlägl 1973, 35 f. Vgl. Musiksammlung Stift Schlägl, Ordner „Chor orgel", Schriftverkehr und Entwürfe, Kollaudierungsprotokoll. " Quoika Rudolf, Die Passauer Orgelbauschule und ihr Wirken in Österreich, in: Kongreßbericht zum II. Welt kongreß für Katholische Kirchenmusik, Wien 1954, 246 ff. — Biba Otto, Das Donautal — Ein österreichi sches Orgelbauzentrum des Barocks, in: Singende Kir che, 18. Jg., Wien 1971, 105—108. — Biba Otto, Der Orgelbau in Niederösterreich — eine Einführung (Ms.), Wien 1973, 11 ff. — Prieberger Rupert Gott fried, Kirchenmusikgeschichte Schlägl I, 38 f. Der Verfasser ist der Meinung, daß man ohne weite res von einer „Orgelbauschule" in Passau sprechen kann, wenn dem in neuerer Zeit auch gegenteilige Mei nungen gegenüberstehen. Man sollte den Schulenbe griff nicht zu eng sehen. — Die Stellung und Bedeu tung der Passauer Orgelbauerfamilien Putz, Freundt und Egedacher ist zwar bekannt, bis jetzt aber kaum in eigenen Biographien gewürdigt worden. Gewisse Grund prinzipien neben teils doch subjektiv individueller Bau art dieser Meister lassen sich nicht von der Hand wei sen (wie der strenge Prinzipalchoraufbau mit vielchörigen großen Mixturen, angereichert durch Weitchorstimmen und Zungen, und das echowirkende Ne benwerk dazu). So gesehen entsteht der Begriff einer „Passauer Orgelbauschule" durch erwiesene gemein same Stilelemente, und nicht etwa durch persönliche Beziehungen der Familien untereinander als „große Werkstatt", und ist durchaus vertretbar.

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