Form und Entwicklung der Flußläufe Beispiele aus der Landschaftsentwicklung Oberösterreichs (II) Von Ch. Vinzenz J a n i k Mit 14 Kartenskizzen, 2 Lanidschaftsdiagrammen und 3 Abbildungen. Bei der Darstellung der verschiedenen Formen der Flußmündungen und deren erdgeschichtliche Entwicklung infolge epirogen-tektonischer Land hebung (Janik 1975) wurden bereits die Grund lagen der Gerinnedynamik erörtert und es soll nunmehr die Gesetzmäßigkeit bei der Ausfor mung der Flußläufe aufgezeigt werden. Ein Fluß würde geradlinig strömen, wenn die Fließstrecke zwischen Quelle und Mündung bei gegebenem Höhenunterschied die kürzeste Ver bindung (— Luftlinie), d.h. die Hypothenuse im angenommenen rechtwinkligen Dreieck wäre; in diesem Falle würde auch das Gefälle während der ganzen Wegstrecke gleich sein. Da in der Natur dieser Idealfall nicht gegeben ist, sind die Flußläufe stets länger als die gedankliche Luft linie, so daß sich eine Flußentwicklung (= F) ergibt, die als Quotient der Differenz von der Lauf länge (=1) und Luftlinie (= d) zur letzte ren ausgedrückt wird (F = —7-). d Diese Flußentwicklung erfolgt im allgemeinen als Lauf Verlängerung, wobei eine Verringerung des ideellen, gleichmäßigen Gefälles der Hypo thenuse eintritt; doch kann örtlich auch eine Gefällsverstärkung (Stromschnelle) eingeschaltet sein. Die extremste Laufverlängerung findet bei der Mäanderbildung statt, d. h. wenn sich der Fluß in zahlreichen Schlingen windet; die extremste Gefällsverstärkung weist ein senkrechter Was serfall auf. Nachstehend werden an oberösterreichischen Beispielen verschiedene Möglichkeiten der Fluß entwicklung dargestellt, wobei dieser Beitrag kei nen Anspruch auf Vollständigkeit in bezug der Formung von Flußläufen erhebt. Die Formung der Flußläufe Obwohl ein gerader Flußlauf eigentlich der all gemeinste Fall sein sollte, ist er in der Fluß entwicklung nur selten bzw. nur auf kurzen Gerinnestrecken anzutreffen. Denn dieser ideale Gleichgewichtszustand, bei dem der Stromstrich stets gerade in der Mitte des Flußbettes verläuft, wird sehr leicht durch örtliche Gegebenheiten, wie Verschiedenheiten bei den Gesteinen tmd Ablagerungen, durch Zu flüsse und Tektonik usw., bzw. durch deren Ein wirkung auf die Flußdynamik gestört, wobei besonders Seitenerosion und Akkumulation eine große Rolle spielen. Da solche Störungen auf kleinere Gerinne leich ter einwirken als auf größere, finden wir natür liche Flußgeraden in Oberösterreich fast nur bei der Donau, und zwar stellenweise zwischen Passau und Schlögen, indem der Strom einer durch den Gebirgsbau bedingten und vorgezeich neten tektonischen Linie (herzynische Richtung) folgt. Ansonsten weisen die Flußläufe z. gr. T. Verzweigungen (Armbildungen) oder Laufver einigungen (Durchbrüche) sowie Ablenkungen aller Art bis bogenförmige Krümmungen (Mä anderbildungen) auf, wobei auf jedem dieser Fluß ab schnitte eine andere Flußdynamik bzw. anderes Gefälle vorliegt (Janik 1975), und in den folgenden Beispielen werden die Ursachen dieser Laufveränderungen und die verschiedenen For men der Flußläufe aufgezeigt. 1. LaufVerzweigung In den weiten Ebenen der Beckenlandschaften verzweigt sich ein Flußlauf nach dem Heraus treten aus einer Engstelle, d. h. nach seinem -Durchbruch zumeist in mehrere Arme (Armbil dungen), da das Gefälle verringert und die mit geführte Geschiebefracht (Kies und Schotter, eventuell sogar Feinmaterial) abgelagert wird. Als Beispiel aus der letzten Kaltzeit wird die Donau bei Aschach (Bild 1) und aus dem Un terstpliozän die ehemalige Laufverzweigung der Donau bei Engelhartszell (Bild 1 a) dargestellt. 2. Laufvereinigung In den Durchbruchstellen der Gerinne, d. h. in Engstellen bzw. beim Einschneiden in härteres Gestein, werden die vorher verzweigten Fluß arme zu einem einheitlichen Lauf vereinigt, da das Gefälle in diesem Abschnitt etwas größer ist und eine stärkere Tiefenerosion sich vollzieht als in der mit weicheren Sedimenten gefüllten fluß aufwärts gelegenen Beckenlandschaft. Das jüng ste, nacheiszeitliche Beispiel hiefür zeigt uns die Donau bei Mauthausen (Bild 2); seit dem Altpleistozän hat sich die Große Gusen zwischen Lungitz und St. Georgen a. d. G. (Bild 2 a) in das Kristalline Grundgebirge eingeschnitten.
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