OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Der heilige Wolfgang in Lied und Dichtung Von Rudolf Zinnhobler Mit 2 Textbildern und 8 Notenbeispielen Schon vor mehr als achtzig Jahren hat JV. Schenz einen Überblick über den hl. Wolfgang in der Poesie geboten^ und gut dreißig Jahre danach hat K. M. Klier — unter teilweisem Rückgriff auf ältere Ausgaben — die Wolfganglieder behan delt^. Das tausendjährige Gedenken an den Auf enthalt des großen Regensburger Bischofs in un serer Heimat (976) ist Anlaß, uns noch einmal mit dieser Thematik zu beschäftigen. Das ist schon deswegen gerechtfertigt, weil zahlreiche weitere Beispiele gefunden werden konnten. Dar über hinaus soll — unter Einbeziehung der Prosa — versucht werden, eine bis in die Gegenwart herauf reichende Zusammenschau zu bieten. Die Ordnung des Materials erfolgt im wesent lichen chronologisch, wobei allerdings eng auf einander bezogene Texte nicht auseinandergerissen werden sollen. Die Heiligsprechung Wolfgangs im Jahre 1052® rief auch die Poeten und Komponisten auf den Plan, bedurfte es doch sangbarer Texte und Melodien, um den zur Ehre der Altäre gelangten Bischof im Chor und beim Meßopfer entspre chend feiern zu können. Wir kennen die Dichter und Komponisten nicht, denen das Fest zum An sporn ihres Schaffens wurde. In Frage kommt der große Künstler Hermannus Contractus von der Reichenau^, von dem uns sein Schüler Bernold berichtet, er habe „cantus historiales plenarios ... de Wolfgango episcopo mira suavitate et elegantia" geschaffen®, also ein Wolfganglied voll wunderbarer Süßigkeit und Eleganz. Das älteste Offizium, das also möglicherweise auf Hermann zurückgeht, ist uns in einer Hand schrift des 15. Jahrhunderts erhalten (clm 14872); mit Ausnahme der Hymnen wurde es auch der gedruckten Wolfgangvita von 1475 beigegeben®. Der Vesperhymnus verherrlicht in sechs kunst voll gebauten Strophen das Leben des Heiligen. Er beginnt mit den Worten: Florem mirificum Suevia protulit, Cui tarn magnificum gratia contulit. Annis sub teneris munus, ut artihus Jam Vernaret et actihus. W. Schenz hat 1894 eine deutsche Nachdichtung versucht^, die allerdings weit hinter dem Original zurückbleibt: Eine Wunderblum' hat Schwaben hervorgebracht. Der so reich in der Tat Gnade war zugedacht, Daß der Knabe wohl schon Staunen durch Kenntnisse Weckt nadn aller Geständnisse. In das Meßoffizium wurde eine sechsstrophige Sequenz aufgenommen. Auch sie schildert den Lebensweg des hl. Wolfgang. Mit meisterhafter Prägnanz wird z. B. seine Berufung zum Bischofs amt beschrieben: Demum in Pannonia Fidei praeconia Frustra serit. Ratispona presulum Caesar facit exulem, Dum non querit. ' W. Schenz, Der hl. Wolfgang in der Poesde, in: Der hl. Wolfgang, Bischof von Regensburg. Höst. Fest schrift zum 900jährigen Gedächtnisse seines Todes, hg. von J. B. Mehler, Regensburg — New York — Cincinnati 1894, S. 188—217. — Schenz konnte sein Mate rial zum Großteil bereits aus den Acta Sanctorum Novembris, Tom. II pars prior, Brüssel 1894, S. 527— 597, schöpfen. ' K. M. Klier, Lieder zum hl. Wolfgang, in: Heimat gaue 7 (1926), 202—212; 9 (1928), S. 181. Die meisten der von ihm mitgeteilten Lieder finden sich schon bei Ph. Wackernagel, Das deutsche Kirchen lied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des 17. Jahr hunderts, Bd. 1—5, Leipzig 1864—1877, Neudruck Hildesheim 1964; W. Baumker, Das katholische deut sche Kirchenlied in seinen Singweisen von den frühesten Zeiten bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts, Bd. 1—4, Freiburg 1886—1911, Neudruck Hildesheim 1962. ' R. Zinnhobler — K. Amon, Tod, Begräbnis und „Er hebung" des hl. Wolfgang, in: Oö. Hmlbl. 27 (1973), 159—^162; G. Schwaiger, Die Kanonisation Bischof Wolfgangs von Regensburg (1052), in: Bavaria Chri stiana. Zur Frühgeschlichte des Christentums in Bayern (Deutingers Beiträge 27), München 1973, S. 225—233. * Zu ihm vgl. F. Karlinger, LThK 5 (^1960), 250; F. Brunhölzl, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters, Ver fasserlexikon, hg. V. K. Langosch, Bd. 5, Berlin 1955, Sp. 374—377. ° Vgl. U. Kornmüller, Der heilige Wolfgang als Beför derer des Kirchengesanges, in: Der heilige Wolfgang, hg. von 7. B. Mehler (vgl. Anm. 1), S. 150. • Zur Inkunabel, gedruckt in Burgdorf 1475, vgl. R. Zinnhobler, Die Beziehungen des hl. Wolfgang zu Oberösterreich, in: Der hl. Wolfgang und Oberöster reich (Schriftenreihe des Oö. Musealv., Bd. 5), Linz 1972, S. 14. ' Schenz, a. a. O., 190.

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