OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

die in den Kriegen von den Bauern verwendeten Tonwerkzeuge nach dem Gesichtspunkt ihrer ur sprünglichen Funktion in drei Gruppen geteilt werden: 1. Instrumente des Gegners, die von den Bauern erbeutet tmd unverändert gebraucht wurden. Hierher gehören die Glocken^®, die das wich tigste, damals verfügbare Signal- und Kommuni kationsmittel darstellten. Da sie in den Wach-, Rathaus- und Kirchtürmen hingen, mußten sich die Bauern den Zugang zu ihnen erst verschaffen, manchmal sogar erkämpfen. Die Glocke zu besit zen, galt als eines der strategisch wichtigsten Ziele, heute etwa mit der Eroberung einer Rund funkstation vergleichbar. Der Glockenstreich, mit dem 1626 die Bauernbesatzung in Öberösterreich die ganze Umgebung herbeirieft®, wurde durch unregelmäßiges Anschlagen der (meist größten) Glocke erzeugt, wodurch diese zur Lärmglocke (= Alarmglocke, von frz. ä l'arme = zu den Waffen) oder Sturmglocke wurdest. Eine Aufge botsordnung in einem Flugblatt von 1626^® un terrichtet über die Ausführung des Glockenstrei ches: „Die Glocke nicht nur anschlagen, sondern drey unterschiedliche Streich leuten, als dann wieder aufhören und bald wieder anfangen^®." Es liegen keine Berichte aus Österreich vor, nach denen Glocken als Beutestücke verwendet wor den wären®®. Neben Waffen und sonstiger Kriegs ausrüstung galten Trommeln seit eh und je als begehrte Kriegstrophäen®t. Wenngleich Belege dazu fehlen, so kann angenommen werden, daß die Bauern auch erbeutete Querpfeifen, Trompe ten und Pauken gebrauchten. Im folgenden wird im Anschluß an jeden Ab schnitt versucht, den Typus der dort angeführten Musikinstrumente durch Originale zu belegen. Glocke, Hans Stachel, Wels 1604; Kremsmünster, Füialkirche Heiligenkreuz^^ (Durchmesser: 43 cm) Zwei Glocken, Christoph Seiser, Linz 1619; Grieskirchen, Filialkirche St. Ulrich in Wödling^^ (Durchmesser 49 und 30 cm) Trommeln, Österreich, 16. und 17. Jh.; Graz, Landeszeughaus, M 14 — M 19^* In der Regel erfolgte noch im 17. Jh. das Spannen der Trommel direkt über die Wickelreifen noch ohne den später vorhandenen Fellspannreifen. Diese Trommeln zählen zu den wenigen erhaltenen Exemplaren des 16. und 17. Jh. Trommelschlägel, Osterreich, 17. Jh.; Graz, Landeszeughaus, M 29®® Die Form des hier vorhandenen, aus Horn angefertigten, kugelförmigen Sdilagkopfes mit einem Zierwulst wird audi von Michael Praetorius, einem der wichtigsten Ge währsmänner für die Musikinstrumente des 17. Jh., dar gestellt^®. Querpfeifen, Österreich, Ende 16. Jh.; Graz, Landeszeughaus, M 1 und M ZP Bei den beiden Querflöten dürfte es sidi um die einzigen erhaltenen Instrumente des 16. Jh. handeln, von denen mit Sicherheit gesagt werden kann, daß sie als Militär pfeifen verwendet wurden. Trompete, Anton Schnitzer, Nürnberg 1581; Wien, Kunsthistorisches Museum, Sammlung alter Musikinstrumente A 258^^ Diese prunkvolle Trompete ist aus Silber gefertigt und teilweise vergoldet. senschaft, Heft 3, Berlin 1974, S. 163—193, insbes. S. 185. In Öberösterreich sangen die Bauern vor den Schlach ten (1626 Emling, Pilsdorf, 1636 Laimbauernaufstand) geistliche Lieder (freundliche Mitteilung von Dr. Wil helm Freh und Dr. Ernst Burgstaller). Vgl. D. Stockmann, a. a. O. Vgl. H. Zötl, Der Oberösterreichische Bauernkriag von anno 1626 unter Stöffel Fattingen und Christoph Zel ler, in: Das heldenllütige ..., a. a. O., S. 170. " Vgl. D. Stockmann, a. a. O., S. 170. Freundliche Mitteilung von Dr. Wilhelm Freh. Für die Ausführung dieses Signals waren die „Zechpröpste", die Mitglieder des örtlichen Kirchenrates, zuständig. 2® Auch aufgrund ihres Materials war die Glocke in den deutschen Bauernkriegen ein wichtiges Beutestück, da aus ihr Kanonenkugeln gegossen und Waffen herge stellt werden konnten. Der Erlös beim Verkauf er beuteter Glocken wurde auch zur Anschaffung von Waffen und Munition sowie zur Deckung des Unter haltes der Aufständischen verwendet. Vgl. D. Stock mann, a. a. O., S. 166 sowie 181. Vgl. G. Stradner, Katalog Graz, a. a. O. ^ Vgl. A. Weissenbäck und J. Pfundner, Tönendes Erz, Graz 1961, S. 202 imd 432. Vgl. ebencla, S. 185 und 427. Vgl. G. Stradner, Katalog Graz. Vgl. ebenda. Vgl. M. Praetorius, Syntagma musicum, Bd. II, Wol fenbüttel 1619, Tab. XXIII. Vgl. G. Stradner, Katalog Graz; Ders., Katalog Schallaburg, Nr. 522 und 523. Vgl. J. Schlosser, Die Sammlung alter Musikinstru mente, Wien 1920, S. 92.

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