OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Mauernische — sie ist dem Verfasser noch bekannt — dürfte hier, wie so oft, die Phantasie des Volkes angeregt haben. 44. „Wels — Bernhardinkapelle. An der halben Treppe sieht man eine Nische, in der eine lebende Nonne eingemauert gewesen sein soll." Der Hinweis ist bei Oskar Schmotzer (Archiv der Stadt Wels, Schuber Nr. 1192) vermerkt. VON VERSUNKENEN STÄTTEN, VON SCHULD UND SÜHNE Die beiden ersten Sagen (Nr. 45 und 46) dürften derselben Quelle entspringen. Ziemlich sicher scheint zu sein, daß die Depinysche Fassung (Nr. 46) auf eine Erzählung aus dem Volke zurückgeht. Die Schmotzersche Fassung (Nr. 45) beruht auf älterer Literatur. Dies geht aus der dabei befind lichen Notiz „F. C. Schall bei Wels Haas 1857 S 1 bis S 5" hervor. Bedauerlicherweise war dieses Werk dem Verfasser nicht zugänglich. 45. „Die Welser Haide und das Tullnerfeld. Die Welser Haide war einst ein fruchtbares Eden, wie ein indischer Garten. Da blühte der Mandelbaum, um dessen schlanken Stamm die Rebe brünstig ihre Ranken schlang. Da gedieh die saftige Melone, der wohlschmeckende Spar gel und der würzige Safran in überreicher Tülle. Weithin dehnten sich buschige Maisfelder. In dem kühlen Schatten der Felder nistete die Wach tel und die Lerche, in den Uferauen spielte das Reh, der Biber richtete seinen kunstreichen Erd bau auf, Trappen, Schwäne und Störche tummel ten sich im Röhricht. Zahlreiche Rinder- und Schafherden weideten an den würzigen Triften, Gemsen übten an den Felswänden ihre gefähr lichen Sprünge. In den höchsten Gebirgen schritt der Steinbock mit seinen majestätischen Hörnern einher. Inmitten dieser herrlichen Gegend lag die freundliche Stadt Wels. Die Menschen aber gaben sich allen Lastern hin und verehrten in ihren Tempeln Götzenbilder, denen sie Tiere und Menschen opferten. Da soll nun im Trauntale der erste Apostel Maximinianus erschienen sein, um die heilige Lehre zu verbreiten. Es ward ihm aber nur Hohn und Spott zuteil und traurig verließ er die schöne Gegend. Dem gottgeweihten Seher war offenbar, daß die Verblendeten einer Strafe des Himmels nicht entgehen würden. Der heilige Apostel zog nach Osten zum heutigen Tulln, fand dort dünnes Heideland und genüg same Menschen. Die Donau schwoll an, über flutete das fruchtbare Erdreich, Tulln wurde fruchtbar, aber in Wels war nur Steingeröll übergeblieben. So wurde der Frevel der Welser bestraft^^." 46. „Wels war einst eine ungeheuer große Stadt; die Umgebung war überaus fruchtbar und reich, die Bewohner der Stadt waren aber böse und verehrten Götzen. Als Bischof Maximilian ins Trauntal kam und das Christentum verkündete, wurde er von den übermütigen Leuten verspottet und zog traurig weiter. Bald darauf vernichtete ein Unwetter die Stadt und verheerte das ganze Gebiet und seine Bewohner. Erst nach längerer Zeit kamen wieder Menschen in die Gegend und machten sie mit vielem Fleiß abermals anbaufähig. Wels wurde wieder eine große Stadt mit Mauern und Türmen^''." Hinsichtlich der Überschwemmung in Nr. 45 ist interessant, daß sich etwa zwischen 180 und 200 n. Chr. in Wels eine gigantische Über schwemmung anläßlich der sogenannten „Gerngroßgrabung" feststellen ließ. Eine diesbezüg liche Bemerkung über eine oder mehrere Hoch wasserkatastrophen, auf die in Wels auf Grund von Schotterschichten geschlossen werden kann, bringt Kurt Holter in seinem Aufsatz „Römer zeitliche Funde auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofes in Wels"®®. Zu Nr. 47 ist zu bemerken, daß die Stadt Wels während des Bauernaufstandes 1626 von den Truppen Fadingers besetzt war und daraus die nachfolgende Sage zweifelsohne entstanden ist: 47. „Aufständige Bauern plünderten 1626 ein ganz alleinstehendes Haus bei Wels. Die Haus frau wollte ein Marienbild vor ihnen in Sicher heit bringen, während die Bauern eben zechten. Archiv der Stadt Wels, Nr. 1192, Nachlaß Doktor Schmotzer Depiny, Sagenbuch, S. 147, Nr. 39 Holter, Römerzeitliche Funde, S. 42

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