OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

In diesem einzigen anonymen Grabstein unserer Reihe sind die Fransen des Vorhanges und die 13 Buchstaben des Chronogramms (1711)®® im ersten Teil der Inschrift in Gold gehalten, ebenso wie der lateinische Schlußsatz, zu deutsch: „Ich starb, während ich gebar." Das ganze Epitaph umgibt ein Vorhang mit Fransen, der an Voluten aufgehängt ist. Unter dem Spruchband ein Medaillon. Auf diesem Medaillon bläst ein Putto auf ein Rosenpaar®^. Die rechte Rose wird dadurch entblättert, wäh rend die linke weiterblüht. Unter dem Schluß satz ein Trauerkranz. Dieser Grabstein trägt weder Name noch offene Jahreszahl. Diesbezüglich sind nachfolgende Hin weise erwähnenswert: Pillwein teilt mit, daß sich u. a. in der „Pfarrkirche zu Ehren des hl. Johannes des Evangelisten" die Begräbnis stätte der „Fürstirm Katharina von Lubomirski" befand. Auch zitiert er die Inschrift: „Höre, wer du lest...®®" Der Text der Grabschrift mit dem Hinweis, daß es dieser für „Katharina Anna Klara", die Gemahlin des Fürst Theodor von Lubomirski, bestimmt sei, überliefert auch Kon rad Meindl®®. Weiter verzeichnet Meindl, daß Fürst Theodor von Lubomirski „ein Stiftungs kapital auf Wochenmessen für seine 1711 ver storbene Gemahlin pr. 1000 fl"®® gestiftet hat. Weitere Aufschlüsse dazu bietet das Stadtpfarr archiv Wels®^. Am 16. April 1711 taufte der Stadtpfarrer Martin Leopold Scherr „das Khindt vnd adeligen Prinzen Josephus Lambertus der Vatter der durchleichtigste Fürst und Herr Herr Georgius Theodorus Lubomirski die Muetter die durchleichtigiste Fürstin und Frau Frau Catherina, der Gefatter Wolff Warmbsperger Ein Garttner allhier"®®. Über das Ableben der Fürstin am 25. April 1711 wird verzeichnet: „. .. in die allhiesige pfarrkirchen in die todten-krufften begraben worden, ihres alters 38 Jahr®®." Ob Katharina Fürstin Lubomirski eine Fleisch hauerstochter war und ob die Bedrohung durch den Schwager tatsächlich erfolgte, ist nicht nach weisbar. Zu den in Nr. 43 erwähnten Sandsteinfiguren der „steinernen Frauen" nächst dem Schloß Puch berg nahe dem Puchbergerwald kann mitgeteilt werden, daß sie heute noch an Ort und Stelle befindlich sind. Ziemlich eindeutig dürfte fest stehen, daß sie von jeher zum Schloß Puchberg gehörten. Nähere Unterlagen konnten nicht er bracht werden. 43. „Im Schloß Puchherg lebte einst ein Graf mit seiner Frau und zwei Töchtern. Die Mutter hielt stets zur jüngeren Tochter und kränkte die ältere ständig so, daß diese eines Tages fortwanderte, ohne Abschied zu nehmen. Da gingen Mutter und Schwester in sich. Alle Abend hielten sie vom Waldrand Ausschau nach der Entflohenen. Eines Tages sah endlich die Schwester die Lang vermißte abgehärmt daherkommen. Zum Dank ließ der Vater zwei Statuen aus Stein hauen, die Mutter Gottes und die heilige Elisabeth dar stellend. Die steinernen Frauen stehen noch heute am Ausgange einer Obstbaumallee im Nor den des Schlosses^^." Was die Bernhardinkapelle in Nr. 44 betrifft, kann historisch nachgewiesen werden®®: Diese Stiftung war für die „Sundersiechen" bestimmt und lag an der Südseite der heutigen Bundesstraße 1 westlich von Wels. Die Kapelle stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Wahrscheinlich dürfte diese Kapelle mit dem Patrozinium des hl. Bernhardin von Siena eine der ersten des Landes ob der Lnns gewesen sein. Sie wurde vor mehreren Jahren abgerissen. Mit weiblichen Orden oder Kongregationen — gleich welcher Art — stand sie nie in Verbindung. Die 88 IDLDVLICIIIDI = 1711 8' Bezeichnenderweise ist eine kleinere und eine größere Rose dargestellt. Vom Windstoß wenden von der grö ßeren Rose Blütenblätter weggefegt. 88 Pillwein, Geschichte, S. 420 f. 88 Meindl, Wels, I, S. 122 f. 88 Ebenda, Wels, II, S. 80 8' Für die Beschaffung der Archivalien möchte der Ver fasser Herrn Archivar abs. phil. Günter Kalliauer be sonders danken 88 Stadtpfarrarchiv Wels, Taufbuch 88 Stadtpfarrarchiv Wels, Totenbuch 88 Depiny, Sagenbuch, S. 430, Nr. 432; Archiv der Stadt Wels, Nr. 1192 88 Rieß, Minoritenkloster, S. 135 f.

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