OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Unsere „Lange Nase" ist ebenfalls eine solche Geländeform, die mit einer langen Nase (= vor springender Geländeteil) vergleichbar ist. Eine Betrachtung der Römerstraße von der Mauth bis zu ihrer Einmündung in die Wallerer Straße in der Natur und auf der Karte zeigt einwandfrei die lange Nasenform, die am südlichen Straßen rand von einem immer tiefer werdenden Abfall begleitet wird. Gerade dort, wo das sagen umwobene „Schlößl" gestanden ist, befindet sich die Nasenspitze. Das Gelände innerhalb dieser Nasenlinie dürfte den Flurnamen „Lange Nase" erhalten haben. Das Schlößl, das 1920 als bau fällige Keusche abgetragen wurde und an dessen Stelle jetzt das Haus Römerstraße 77 steht, wurde — vermutlich im 17. Jahrhundert — als Absteigequartier der Herrschaft Schlüsselberg er baut. Im Grundbuch vom Jahre 1764 ist dieses Gelände „das rothe Haus bei der langen Nase, gewestes herrschaftliches Absteigequartier" ge nannt. 1783 hat Michael Pongauer, Pfleger der Herrschaft Schlüsselberg, dieses Haus samt Grund und Pferdestall an Simon Weger ver kauft. Und nun zur Sage®®: 38. „Das Volk will Unverständliches deuten und deutet es in seiner bildhaften Art. Eine lehenslustige schlüsselhergisch-herrschaftliche Dame, reiste öfters — die Einsamkeit ihres Schlosses fliehend — in die vergnügungsreichere Landeshauptstadt Linz. In Wels machte sie natürlich Tagesrast, denn die Reise nach Linz war damals mit der Kutsche nur in zwei Tagen zu bewältigen. Nun dürften die Welser Wirte die Dame bei ihren Übernachtun gen zu stark übervorteilt haben, denn sie ent schloß sich auf ihrer Reisestraße (alte Lambacher Straße) gerade gegenüber von Wels, ein geschmackvolles Absteigequartier erbauen zu las sen, das gleichsam den Welser Wirten die ,lange Nase' zeigt. Eine zweite Deutung des Volkes besagt, daß hier die Welser den abziehen den Franzosen (1810) die lange Nase gezeigt haben sollen. Auch soll hier Napoleon den Vor beimarsch seiner Truppen abgenommen haben. Von der ,langen Nase' ist jetzt nur die Gelände form und die nach ihr benannte Straße übrig geblieben." Auch Oskar Schmotzer^® berichtet von der „Lan gen Nase" in Zusammenhang mit Wels. Eine Ansicht des Gebäudes „Lange Nase" ist im Stadtmuseum Wels erhalten^'. VON SCHWERER SEUCHE UND HUNGERSNOT Zum erstenmal ist die Pest im Jahre 1585^® nach weisbar. Genauere Aufzeichnungen über ihren Verlauf sind in den Ratsprotokollen nicht ver zeichnet. In den Jahren 1616 und 1624^® be drohte diese Seuche abermals die Stadt Wels. Die Pest und verschiedene andere Seuchen gras sierten dann wiederum 1634 und 1679, doch scheint damals die Stadt Wels weniger betroffen gewesen zu sein, da 1634 die Kanzlei der ober österreichischen Stände und die Kasse, 1679 die Stände samt den Verordneten und dem Aus schuß von Linz nach Wels übersiedelten^^. Die letzte Seuchenmeldung stammt aus dem Jahre 1713; die sogenarmte Contagion raffte ein Zwanzigstel der Bevölkerung hinweg. Man zählte 217 Tote, die auf einem eigenen Pest friedhof — wohl außerhalb der Stadt gelegen — beigesetzt wurden''®. An diese Ereignisse erin nern die nachstehenden drei Überlieferungen: 39. „Die Pestsäule bei Puchberg''^. Sie erhob sich in der Allee, welche in die Stadt führt. In Wels soll einst die Pest gewütet haben. Von den Landleuten durfte daher niemand in die Stadt, auch nicht an Sonntagen zur Kirche. Um nun doch einen Gottesdienst halten zu kön nen, versammelten sich die Leute in der Allee und bauten einen Altar aus Steinen an dem Plätzchen auf, wo heute die Pestsäule steht"'''." Stumpfoll-Eibl, Illustrierter Führer, S. 116 f. Archiv der Stadt Wels, Nr. 1192 Museum Wels, Photosammlung: Römerstraße, An sichtskarte: Gasthaus zur Mauth, Abbildung: Lange Nase, Verlag: C. Stöckl, Druck: F. Caesmann, Wels Holter-Trathnigg, Wels, S. 113 " Ebenda, S. 115 Ebenda, S. 122 Ebenda, S. 134 Gasperlmayr, Sagen aus dem Bezirk Wels " Bis vor wenigen Jahren stand die Mariensäule noch bei der Abzweigung nach Schloß Puchberg an der Grieskirchner Straße. Nach Beschädigung durch einen Lastkraftwagen wurde sie abgetragen. Es ist zu be zweifeln, daß die Mariensäule mit der Pest in Zusam menhang stand. Viel eher dürfte sie zum Schloß Puchberg gehört haben

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2