Eine der bedeutendsten Zünfte in Wels waren einst die Lederer, nach denen sogar ein Vor stadtviertel, das „Viertel unter den Lederern", benannt war. Mag sein, daß die zahlreichen fremden Gesellen dazu Anlaß gegeben haben, daß ausgerechnet ein Lederergeselle in der Sage zum Teufelsbeschwörer wurde. 21. „Einem Geschäftsmann in Wels, dem es sehr schlecht ging, brachte der Teufel einen Sack voll Geld, war aber dann nicht wegzubrin gen. Dem Pfarrer Baumgartner, der herbeigeholt wurde, hielt er vor, er habe seiner Mutter ein mal einen Apfel gestohlen. Ja, gab der Pfarrer zu, aber ich habe den Apfel verkauft und für das Geld Feder und Papier gekauft, um das Wort Gottes zu schreiben. Der Teufel war nun bezwungen^^." Der Vorwurf des Teufels an einen Priester, daß er in seiner Jugend sich eines Diebstahles schul dig gemacht habe, was aber durch eine damit im Zusammenhang stehende gute Tat wieder ge sühnt ist, erscheint in der Sage relativ oft. Von Bedeutung für einen eventuellen zeitlichen Hinweis ist für uns die Erwähnung des Pfarrers Baumgartner, der sich historisch als „Kooperator Baumgarten" nachweisen läßt: „Friedrich Baumgarten, geb. zu Krummau 1817, früher Cooperator an der Stadtpfarre Wels, auch Schuldistrictsaufseher, Consistorialrath und Dechant, 1874 Domherr Kathedralkapitel zu Linz^fi." Als Welser Stadtpfarrer wirkte Baumgarten 1857 bis 1874^L 22. „Zwischen Wels und Grieskirchen hatte die Straße eine starke Steigung. Mandier schwer beladene Wagen blieb stecken. Und gab es dabei Flüche, dann trieb um Mitternacht der Teufel solange sein Wesen an dem Platze, bis ein altes Mütterlein aufmerksam wurde und den Fuhr mannssegen spracM^." Gemeint ist die Steigung bei Bad Schallerbach, die zur Zeit des Fuhrleutewesens tatsächlich ein gefürchtetes Hindernis war. Hinsichtlich der Flüche ist die Parallele zu den Flößersagen inter essant^®. 23. „Wels: Beim Köstler Bäck gegenüber dem Hause des Fitz am Vorstadtplatz erhielt man Besuche vom Teufel, der dann von einem Pfarrer von Wels ausgetrieben wurde^"." Bei dieser von Oskar Schmotzer überlieferten Teufelserzählung läßt sich zwar das „Haus des Fitz" — Kaiser-Josef-Platz 29 — feststellen, nicht aber der „Köstler Bäck." VON ORTEN UND SACHEN Die Erzählung „Die Monstranze in der Mauer" wird von drei Seiten überliefert®^. In keinem der Texte lassen sich genauere Hin weise finden. Wegen seiner Ausführlichkeit sei hier der Text von Kajetan Alois Gloning wieder gegeben: 24. „Die Monstranze in der Mauer. Vor vielen Jahren lebte in Wels ein Ehepaar, das ein ganz kleines Haus bewohnte. Als schon der Abend ziemlich vorgerückt war, kamen einmal zwei Reisende, welche um Gottes willen eine Nachtherberge erbaten. Das mensdienfreundliche Paar räumte ihnen sein eigenes Schlafzimmer ein und machte sich recht und schlecht, so gut es eben ging, in einer unbewohnten Kammer eine Schlafstätte zurecht. Als die Mitternachtsstunde gekommen war, hör ten die Eheleute von der Mauer her eine wunder bare Musik, und ihre Ohren vernehmen deutlich den Lobgesang: ,Heilig, heilig, heilig'. In der nächsten Nacht lauschten die beiden wie der der überirdischen Musik. Der Mann klopfte am nächsten Tage an die Stelle der Mauer, aus welcher der süße Gesang ertönt war, sie klang hohl. Ziegel um Ziegel wurde herausgenommen, und der erstaunten Gesellschaft zeigte sich eine Höhle, in welcher eine Monstranze mit der heili gen Hostie sich befand. Die Monstranze soll über ein Jahrhundert an dieser Stelle gestanden Ebenda, S. 247, Nr. 149 Konrad Meindl, Wels, II, S. 92 " Ebenda ^8 Depiny, S. 244, Nr. 134 Vergleiche dazu den Abschnitt „Von den armen Seelen", Nr. 7 8" Archiv der Stadt Wels, Nr. 1192 81 Archiv der Stadt Wels, Nr. 1192 (Dr. Schmotzer); Depiny, Sagenbuch, S. 345, Nr. 181; Gloning, Volks sagen, S. 27
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