VON DEN ARMEN SEELEN Daß die Flößerzunft nicht gerade die allerfrömmsten Burschen zu ihren Mitgliedern zählte, ist ebenso bekannt wie die Tatsache, daß das Flößer handwerk auf der oft unberechenbaren Traun zu den damals gefährlichsten Berufen zählte^®. Die Flüche, welche bei der Talfahrt von den Flößern und bei der Bergfahrt von den Traunreitern nach Wels herüberdrangen und die Gefahr dieses Berufes — so mancher Flößer wurde ein Opfer des nassen Elementes — bilden die Basis für das Sagenmotiv „Von den armen Seelen" in Verbindung mit Traun und Flößerei. 6. „Um Mitternacht hört man hie und da aus der Traun Klagen und Weinen. Es sind die Seelen derer, die in der Traun ertrunken sind^^." 7. Das Geisterschiff auf der Traun^'^. Bevor die Bahnen gebaut wurden, herrschte auf der Traun reges Lehen. Die Flößer hatten gute Tage, sie mußten Salz und Holz in großen Men gen befördern, und zahllose Schiffe und Flöße schwammen täglich die Traun hinab. Auf der Rückkehr hielten die Flößer in Schleißheim an, und die Wirte konnten hübsche Zechen einkas sieren. Audi viele Fischer wohnten in Schleiß heim, da der Fluß vor der Entstehung der Fabri ken durch seinen riesigen Fischreichtum aus gezeichnet war. Wenn die Traunreiter, die die Fahrzeuge strom aufwärts zu führen hatten, am Tage recht fluch ten, dann arbeitete der Teufel nächtlicherweise nach und die Leute hörten dann den Teufel näselnd „hea hea" rufen und Flüche wiederholen, die am Tage von den Schiffern ausgestoßen wor den waren. Geheimnisvolle Lichtein erschienen über der Traun. Wenn aber die Leute glaubten, es komme ein Schiff an, und zur Traun eilten, dann waren die geheimnisvollen Lichtein verschwunden. Ein mal wollte der alte Jochen in der Nacht die Netze ausnehmen, da fiel Feuer vom Himmel, ein feu riger Drache flog durch die Luft und alle rann ten vor dem Zeichen eines zornigen Gottes davon. Manchmal sahen aber die Uferbewohner um Mitternacht ein geheimnisvolles Schiff die Wel len hinabgleiten. Es bewegte sich ganz unhörbar nordwärts, kein Ruder und kein Schifferknecht ist sichtbar. Es ist das Geisterschiff, das nur von Geistern gelenkt wird. So oft das Schiff gesehen wurde, fand bald darauf jemand in der Nähe seinen Tod in der Traun. Sobald jemand das Schiff anrief, verschwand es augenblicklich. Manchmal hörten die Leute zu Mitternacht über dem Traunwasser leise wehmütige Stimmen, als ob mehrere Leute zusammen unterdrückt klagten und weinten. Es sind die Seelen jener Leute, die in der Traun ertrunken sind und sich nach Erlö sung sehnen. Auch auf dem Schloßteiche zu Ottsdorf machte sich der Teufel zu schaffen, öfters hörte man in der Nacht Eisschießen, ohne daß ein Mensch dort gesehen werden konnte. Wenn ein Gewitter herannahte, dann legten die Uferbewohner ein paar Brotschnitten unter einen Holunderstrauch. Mit diesem „Neidbrote" such ten sie die bösen Mächte zu versöhnen. Dieser Brauch war noch ein kümmerlicher Rest der Opfer, die unsere Vorfahren den vier Elementen Erde-, Feuer-, Luft- und Wassergeistern brachten. Zum „Geisterschiff auf der Traun" sollen noch einige möglicherweise recht aufschlußreiche Be merkungen erfolgen. Aus den Aufzeichnungen^® geht hervor, daß diese Erzählung noch spätestens 1930 im Volks mund lebendig war. Die Schmotzersche Aufzeichnung wird wie folgt eingeleitet: „Bevor die Bahnen gebaut wurden, herrschte auf der Traun reges Leben." Was Wels und das Eisenbahnzeitalter betrifft, so erfuhr Wels die erste Berührung mit der Pferde eisenbahn am 1. 11. 1834^®. Zweifelsohne tat der Eisenbahnverkehr der Flößerei gewaltigen Abbruch, doch erst bedeutend später. Kultur geschichtlich von Bedeutung ist der Umstand, daß der „Feind" der Flößerzunft sogar in der Sage festgehalten wurde. Auch dem Verfasser ist diese Erzählung in der Schmotzerschen Fassung aus den vierziger Jahts Vergleiche dazu: Aberle, Nahui, in Gotts Nam! S. 62—78 Depiny, Sagenbuch, S. 84, Nr. 3 " Archiv der Stadt Wels, Nr. 1192, Dr. O. Schmotzer, Materialsammlung 1927—1930 " Ebenda Riehs sen., Zugförderungsstelle; Pferdeeisenbahn
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