VON DER WILDEN JAGD Geschichten von der wilden Jagd imd vom wilden Jäger wurden in fast allen Orten Oberösterreichs erzählt und sind heute auch noch im Volksgut weitverbreitet. Für die beachtliche Verbreitung dieses Sagenmotives mögen wohl die Erscheinungen der Wit terung — Sturm, Regen, Unwetter — beigetragen haben. Literarisch lassen sich noch folgende Erzählungen nachweisen: 1. Beim Mair zu Derndorf^ in der Welser Gegend kam die wilde Jagd vorbei, das Tor sprang auf und Rappen stürmten in den Hof. Seither gedeiht auf dem Gute kein anderes Pferd als ein Rappe^. Audi wurde das Stadeltor immer wieder aufgerissen, so daß nichts übrig blieb, als das Haus niederzureißen und an einer ande ren Stelle wieder aufzubauen. Noch heute sind im Stalle nur Rappen eingestellt. 2. Bei Wels^ stand eine Mühle am Waldesrande. Eines Nachts weckte den Müller Wagengerassel, Pferdegetrappel, Katzengeschrei und verworre ner Stimmenschall. Der wachsame Haushund bellte wütend und um die eigene Angst zu unter drücken, feuerte ihn sein Herr noch an. Als sich der Lärm gelegt hatte, erschien eine dunkle Ge stalt am Fenster und rief dem Müller mit heiserer Stimme; „Komm her, Hans! Du hast uns heute mit deinem Hund jagen geholfen, da hast du dafür ein Stück Wild!" Durch das Fenstergitter wurde ein großes Stück Fleisch in die Stube ge schoben. Am Morgen sah der Müller mit Grauen das unheimliche Geschenk und warf es in den Mühlbach. Als er aber wieder in die Stube zurückkam, war es am alten Platze. Hunde und Schweine ließen es unberührt, auch das Vergra ben im Garten half nichts. Da riet ihm der Pfar rer, es im roten Moor zu vergraben. Der Müller tat es und war von dem unheimlichen Wildbret befreit^. Die von Franz Braumann® erwähnte Sage vom „Gold vom wilden Gjoad" stellt die bisher aus führlichste Fassung dar. Interessant ist der Um stand, daß bei dem Motiv mit der Belohnung durch Wildbret in Zusammenhang mit Wels immer wieder ein Moor, oder sogar ein „rotes Moor"® erwähnt wird. Obwohl in früheren Zei ten die Traun häufig aus ihrem Flußbett trat und auch ihre zahlreichen Nebenarme so manche Überschwemmimg hervorriefen, konnte in un mittelbarer Nähe der Stadt Wels von keinem Moor, weder von einem „roten" noch von einem „schwarzen" die Rede sein. Die Braumannsche Erzählimg sei in gekürzter Fassung wiedergegeben, da sie genauere Orts bezeichnungen bringt, mehrere Motive in sich vereinigt (Wilde Jagd, Verwandlung in Gold, Spuk und Zauberei) und schließlich — im Gegen satz zu den meisten Sagen von der wilden Jagd — keinen versöhnlichen Ausgang hat. 3. Die alte Traunmühle'' vor Wels steht schon längst nicht mehr. An den Traunmüller erinnern sich nur mehr ganz alte Leute und die nicht mehr ganz genau. Der Traunmüller soll einst von Ternberg an der Enns gekommen sein. Dort ver schwand zur gleichen Zeit ein Mann, als ein Fremder als Müller an der Traun auftauchte. Kei ner kannte den Müller, aber man munkelte über seinen sonderbaren Goldschatz. In der Altjahrs nacht — in der zweiten Rauhnacht — ging einst ein Mann durch den Wendbachgraben bei Rem berg. Er war von großer Stärke und kannte keine Furcht. So kümmerte er sich auch nicht um das Tosen und Lärmen in den Lüften über ihm. Plötzlich ifel eine lange Kette auf die Straße und eine Stimme befahl ihm, damit eine junge Eiche auszureißen, was ihm auch gelang. Da fei ein mit dem Hirschfänger erlegter Hirsch auf die Straße und eine Stimme befahl: „Füll Deine Stiefel mit Blut und trag sie heim!" ^ Depiny, Sagenbuch, S. 3, Nr. 8 ^ Hauptsächlich schwarze Tiere sind es, die im Gefolge der wilden Jagd mitziehen müssen. Vergleiche dazu: Depiny, Sagenbuch, Abschnitt: „Von der wilden Jagd" ' Depiny, Sagenbuch, S. 9, Nr. 53 ^ Das unter Nr. 2 angeführte Motiv wird auch von M. Rott-Schmied (Wels) fast mit dem gleichen Wort laut unter dem Titel „Die wilde Jagd" in „Sagen aus Oberösterreich" des 3. Jahrganges der „Heimatgaue" (1922) überliefert ® Braumann, Sagenreise durch Oberösterreich, S. 204 bis 213 ® Vergleiche dazu: Nr. 2 und Anmerkung 4 ' Braumann, Sagenreise durch Oberösterreich, S. 204 ff.
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