OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Des Volkes Lieb', des Volkes Dank Hat sie gepflanzt als Bäumlein schlank An jenem schönen Tage. Das Bäumlein schlank, das Bäumlein zart Entfaltet längst die Äste, Als mächt'ger Baum von starker Art Beherbergt's tausend Gäste. Dem Sturm, dem Wetter bietend Trutz, Gibst Menschen, Tieren gerne Schutz, Du alte Wolfgangs-Eiche! Des Bischofs Bild mit Fug und Recht Muß ich in dir erkennen. Den von Geschlecht wir zu Geschlecht Beschützer, Vater nennen. Noch keinem hat er Schutz versagt. Der ihm des Herzens Leid geklagt Mit kindlichem Vertrauen. — Und 's Rößlein? Niemand hat's begehrt Zu seinem Eigentume! So sei mir heute nicht verwehrt. Daß zu des Heil'gen Ruhme Die Wundermär' ich mache kund. — Sankt Wolfgang hilft zu jeder Stund', Er hilft in allen Nöten. Schon Jahrzehnte früher (1860) schrieb Joseph Viktor von SdieffeF® seine „Bergpsalmen". Der Dichter hatte sich in die Einsamkeit geflüchtet, um den Schmerz einer vergeblichen Liebe zu überwinden. Dabei machte er Bekanntschaft mit der Wolfganglegende, die ihm als Stoff für seine freien, von Reimen durchschlungenen Rhythmen diente. Der in Reimpaaren abgefaßte „Eingang" des Werkes lautet: Ein rauher Psalm rauscht durch den Tann; Ihn singt ein frommer deutscher Mann. Der jetzo vor neunhundert Jahr Zu Regensburg ein Bischof war. Aus Kaiserfehde und Fürstenstreit Floh er zur Alpeneinsamkeit, Denn wo der Haß in Waffen tost, Ist Hochgebirg des Weisen Trost. Am Abersee sein Kirchlein stand. Noch heut dem Pilger wohlbekannt. Und auch wer keinen Ablaß sucht. Denkt sein im Horst der Falkenschlucht. Den Brand der Wolfgang-Kirche zu Kirchberg am Wechsel (1918) hat Michael Pfliegler in einem balladenähnlichen Gedicht (13 Strophen) besungen^^, das mit den Versen anhebt: In Blitz und Donner ein Glockenklang Wie jammert der Ruf so bang, so bang. Rettet und rennt, St. Wolfgang brennt. Der Dichter ist jedoch voller Hoffnung, daß das Gotteshaus wieder erstehen wird: O Heiliger, komme wie dazumal. Wirf wieder die Hacke über das Tal, Laß Wunder gescheh'n Und die Kirche ersteh'n! Dann schwingt sich die Glocke wieder empor. Die Orgel rauscht jubelnd wieder vom Chor Ihre Melodein, Ja, so wird es sein. Als 1921 die Kirche tatsächlich wieder aufgebaut war, schrieb Ottokar Kernstock^®: Als einst du kamst, im Wechselgau die Finsternis zu bannen. Erstand ein schlichter Kirchenbau, umrauscht von Urwaldtannen. Sankt Wolfgang, kehre segnend ein ins schmuckerneute Münster, Denn wieder bricht die Nacht herein und wieder wird es ifnster! „Kirche" und „Beil", die Attribute des Heiligen, wurden dem gleichen Dichter zu Symbolen für das benediktinische „Ora et labora"^®: Bedroht von Dämonen, die Axt in der Hand, Zog rodend und betend St. Wolfgang durchs Michael Pfliegler (1891—1972), der bedeutende Wiener Pastoraltheologe, wirkte als Kaplan in Kirchberg am Wechsel, als 1918 die dortige Wolfgang-Kirche ab brannte. Damals hat er sein Gedicht verfaßt, das vollinhaltlich abgedruckt ist bei L. Krehs, Die St.- Wolfgang-Kirche zu Kirchberg am Wechsel in Wort und Bild, Separatdruck aus dem Jahrbuch für Landes kunde von Nö. 29 (1948), 17 f. Ottokar Kernstock (1848—1928), Chorherr des Stiftes Vorau (Stmk.), Dichter der ehemaligen österreichischen Bundeshymne („Sei gesegnet ohne Ende"), hat sich vor allem auf dem Gebiet der Lyrik einen Namen gemacht. Vgl. H. Giebisch — G. Gugitz, Bio-bibliographisches Literaturlexikon Österreichs, Wien 1964, S. 192. Text bei L. Krehs (wie Anm. 74), S. 19.

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