OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

,,Hie Wirt bedeut^® wie der heilig sant Wolfgang, de er nun verstundt den willen gotz, hebet an zumachen ain heußlein aulf dem vels, do dienet er got mit grosser andacht, mit peten und fasten, mit knien und wachen, und mit vil ander guetter Übung, und machet ain kirchlein pey dem heuß lein, als den noch heut vor der menschen äugen steet, darinnen pflag er seiner andacht, an allen zweiffei in wissen und erkennen, was got do hinnach wunderwerck wurckenn wurdt zu lob seines nams unnd auffrichtung des klosters Mensee, das er dann, wie ander pischoff zu Regenspurg het in gewale, aber durch seiner vorfordern unfleis und nachlessigkait gancz was kumen in abnemung gaystlichs und weltlich®''." Diese an sich nüchterne Beschreibung, bei der sogar versucht wird, der tatsächlichen Geschichte Rechnung zu tragen, hat in der Folge — zusam men mit den beigegebenen Holzschnitten — die Darstellungen des Heiligen in der Kunst und Literatur immer wieder befruchtet. Dies gilt ganz besonders auch von den sogenannten Mirakel büchern, die mit dem Jahre 1599 einsetzen und den Niederschlag der nach dem Tiefpunkt der Reformationszeit neu erstarkten Wallfahrt nach St. Wolfgang am Abersee darstellen. In ihnen wurden zahlreiche Wundertaten (miraculum = Wunder) berichtet, wie sie sich auf die Fürsprache des hl. Wolfgang ereignet hatten. Da die Bücher dem Bedarf der Pilger dienten, waren auch eine Lebensbeschreibung des Heiligen, eine Nach erzählung der Legende und ein umfangreicher Gebetsteil beigegeben. Der Typus dieser Bücher war eigentlich schon durch die Wolfgangvita des Otloh von St. Emmeram sowie das bei Weyssenburger gedruckte Holzschnittbuch, die jeweils am Schluß einige Wunderberichte brachten, vorgeprägt. Durch die Äbte von Mondsee wurden fünf Mira kelbücher herausgebracht, und zwar durch Johatm Christoph Wasner (1599), Simon Rebiser (1655), Maurus Oberascher (1687), Bernhard Lidl (1732 und 1753)®8. Um einen Eindruck von der Anschaulichkeit der Sprache rmd dem liebevoll erzählten Detail zu geben, sei wenigstens ein Wunderbericht (in der Fassung Wasners) mitgeteilt: „Anno etc. 1527 hat sich volgende Geschieht begeben mit Hannsen von Pirchuch bey Wels liegend. Diser / als er am Abendt des H. Märtyrers Laurentij / von dem Jahrmarckt zu G[m]tinnden nach Hauß kommen / urmd sich sampt den sednigen zu Ruhe gethan / Hat sich bald her nach an seiner Thür erhebt ein grewüches Rumppein und Wiimbßlen / Derowegen er eylend auffgestanden / seinen Stahel von der Wand gezuckt / unnd spannen wollen: Da ist ihme zuband die Sehnen zersprungen / dessen er zwar hart erschrocken / dann sie igut und nagelnew geweßt ist / Jedoch hat er eylend einen Berckhamer erwischt / die Thür mit gewalt geöffnet / Indem sieht er ein grosses grawsams unnd ungehewr schwartzes Thier vor im stehen / welches gleichwol bald geflohen / dem er den Berckhamer nachgeworffen. Darauff ihn ein solche Ohnmacht unnd Zitterung deß gantzen Leibs ankommen / daß er gählingen in tödtliche kranckheit gefallen / und lang für tod umbgezogen worden. Als ihn aber sein mitleydendes Haußvöcklein dem H. Wolffgango mit ■''® Hinweis auf das zugehörige Bild, das durch den Text sozusagen beschrieben und erläutert wird. " Nach dem Exemplar im Oö. Landesmuseum, Inv.-Nr. 706. Zu diesen Mirakelbüchern vgl. R. Zinnhobler (wie Anm. 31), 66—72.

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