Man könnte ergänzend aber auch noch auf die Milde, welche damals im Strafausmaß bei uns herrschte, ver weisen. Nachdem schon die „Pöschlaner" von Ampflwang, welche zwei in religiösem Wahn begangene Morde am Gewissen hatten, vom Stadt- und Kriminalgericht Salzburg aus „Mangel an bösem Vorsatz" von einem Kriminalverbrechen freigesprochen und dieser Freispruch vom niederösterreichischen Appellationsgericht bestätigt worden war, ist hiefür das gerade für heutige Weltverhältnisse verwunderlich niedrige Strafausmaß des Wiener Kriminalgerichtes für die Straftaten der Revo lutionstage 1848 Zeugnis. Von der Beurteilung des Vor satzes: „Wo Parteien auf Tod und Leben feindlich gegenüberstehen, handelt es sich um einen Bürgerkrieg. Die Folgen eines solchen liegen außerhalb menschlicher Wertung. Es liegt kein spezieller Entschluß, zu morden, vor. Wenn ein Offizier getötet worden wäre, so läge nur Totschlag vor" ausgehend, wurden nur in schwersten Fällen harte Strafen verhängt. Sehr viele Verfahren wurden eingestellt. Wegen bos hafter Beschädigung fremden Eigentums (§ 74 Straf gesetz 1803), in den Akten „Maschinenzerstörer — Komplizität" genannt, lauteten nur wenige Strafen auf drei Monate, in der Regel wurden Strafen von drei, acht und 14 Tagen Kerker verhängt, obwohl die Schäden von zwölf Fabrikanten mit zusammen fl 140.266.— angegeben wurden und auch Brände gelegt wurden. Sogar bei Ver halten an den Grenzen des Aufstandes, öffentlicher Gewalttätigkeit gegenüber obrigkeitlichen Personen ver hängte 1849 das Kriminalgericht Strafen nur von acht Monaten und sechs Monaten Kerker. Diese Strafen wur den vom Appellationsgericht auf sechs, fünf und sogar drei Monate gemildert, vom Kaiser aber aus Gnade erlassen. Als Milderungsgründe wurden die geringe Bildungsstufe und die Begriffsverwirrung über Eigentum und Recht und ungünstige soziale Verhältnisse an gegeben. „Erst dem klerikal-konservativen Regime des Grafen Taaffe war es freilich beschieden in sozialer Beziehung ein ,Reformwerk' zu schaffen, das Österreich auf einige Jahre wenigstens an die Spitze der vergleichbaren Länder Europas stellte" (Seite 637). Es wird insbesondere auf das Gesetz über Gewerbeinspektion (1883), Gewerbe novelle 1885 und die obligatorische Unfallversicherung (1887) und die Krankenversicherung (1888) der Arbeiter hingewiesen. Daß Kaiser Karl 1. das Sozialministerium — wohl eines der ersten der Welt — und den Mieter schutz für Arbeiter (und Soldaten) schuf, wird ebenfalls erwähnt. Zur Besprechung des Urheberrechtes (Seite 613) sei hin zugefügt, daß die 30jährige Schutzfrist jetzt seit BGBl. 492/1972 auf 70 Jahre erhöht wurde, während der Patentschutz jetzt längstens 18 (gegenüber 15) Jahre beträgt. Diese Ergänzungen gehen aber einerseits über den Zeitraum des Buches hinaus und können in der Gesetzesflut unserer Tage leicht untergehen. In Vorderösterreich, am Rhein, soll nach dem Wiener Kongreß, der dieses Stammland der Habsburger von Österreich trennte, gesagt worden sein: „Wenn sich der Blick nach Süden lenkt, mit wehmutsvoller Seele,/Die Tränen Du im Aug' zerdrückst, das Schluchzen in der Kehle, / Dann weißt Du erst wie schön es war, dort unter Österreichs Doppelaar." Weniger gefühlsbetont zitiert Wandruszka aus Heinrich Benedikt, „daß erst an der gefällten Eiche ihre Größe zu erkennen ist". Aubert Salzmann österreichischer Volkskundeatlas. Hrsg. von der Wissen schaftlichen Kommission für den Volkskundeatlas unter ihrem Vorsitzenden Richard Wolfram. Kommentar, 5. Lieferung/1. Teil, Wien 1975 (Komm.-Verlag H. Böhl aus Nachf.), 243 Seiten, 65 Bildbeilagen, 3 Karten. Die 5. Kommentarlieferung zum österreichischen Volks kundeatlas ergab ein umfangreiches Sammelwerk. Von den sechs erstellten Kommentaren gehört einer zu vier Kartenblättern der 4. Lieferung (65, 66, 67 a, 67 b), die weiteren fünf Kommentare erfassen sieben Kartenblät ter der 5. Lieferung. Franz Lipp bietet unter dem Titel „Frauentrachten I und II" eine ausgezeichnete Bestandsaufnahme über die Grundtypen des Frauenkleides als Miederröcke, Latz und Leibkittel. Die Kopftücher wiederum gliedert er in Hauben, Hüte und Kopftücher, wobei er eine Übersicht über die speziellen Formen des gesamten Bundesgebietes gibt und selbstverständlich auch der Linzer Goldhaube einen Abschnitt widmet. Zwei Dutzend Zeichnungen be gleiten den Text. Franz Zwittkovits befaßt sich mit den „Almen und der Almwirtschaft", bringt Begriffserläuterungen und einen historischen Abriß, erklärt Arbeitsgrundlagen und Arbeitsmethode, interpretiert die Kartenblätter 75, 76, 77 und schließt mit dem Wandel der Kulturlandschaft in der Almregion ab. 25 Bildbeilagen und eine historische Karte illustrieren die Untersuchung. Ingrid Kretschmer und Othmar Nestroy verweisen in „Trockengerüste für Futtergras" auf die naturräum lichen Voraussetzungen der Gerüsttrocknung, auf die Typen und landschaftliche Verbreitung der Trodcengerüste, auf traditionelle Formen und auf den Sieges zug des Schwedenreuters in den letzten 30 Jahren. 24 Bildtafeln geben einen Überblick über einzelne Formen. Werner Bauer geht den Bezeichnungen für den Sensen stil der „Grassense II" nach und belegt einzelne Namen dieser Typen der Grassense mit historisch etymologi schen Sprachwurzeln. In einer vorzüglichen Studie vermittelt Richard Wolfram einen Einblick in die Vielfalt der Volkstanzformen. Zum erstenmal wird hier ein geschichtlicher Rückblick auf die Schwert- und Reiftänze geboten und in einem weiteren Kapitel außerdem eine räumliche Gliederung der Haupt formen des Landlers als Ländlergeographie vorgenom men. Im Abschlußkapitel wendet sich der Verfasser den Volkstanzfesten zu und befaßt sich in zeitnaher Schau mit der Volkstanzbewegung der Gegenwart. Dem „Faschingsbrauchtum" widmet Franz Crieshofer einen detaillierten Kommentar, der zur Problematik der
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