Wirtschaftsgeschichte der am besten bebaute Acker im Bereich historischer Darstellungen unseres Landes (vgl. die Arbeiten von G. Otruba und R. Kropf in den „Oö. Heimatblättern"), so werden hier nunmehr syste matisch die letzten Lücken geschlossen. In seiner Gliederung geht Pisecky vorerst chronologisch vor: nach einer ausführlichen Behandlung des Jahres 1848 und der Gründung der Kammer im Jahre 1850 liegt der nächste Schwerpunkt bei der Schaffung der Gewerbe ordnung von 1859; die Kriegs- und Nachkriegsjahre bis 1866 sind, wirtschaftlich gesehen, Jahre der Stagnation, der die „Gründerzeit" und der „große Krach" folgen. Depression und schrittweise Konsolidierung führen dann zur Jahrhundertwende. Innerhalb dieses zeitlichen Rah mens und dieser Chronologie gibt Pisecky naturgemäß weitere, sachlich bedingte Zusammenfassungen, die der Entwicklung des Verkehrs oder des Gewerbes, dem im Aufbau befindlichen Kreditwesen, der Industrie oder dem Fremdenverkehr gewidmet sind. Dabei zieht der Autor erfreulicherweise keine allzu engen Grenzen und schließt insbesondere immer wieder Fragen der Landwirtschaft mit ein, so daß ein Gesamtbild der oberösterreichi schen Wirtschaft gegeben wird, naturgemäß auch unter Einbeziehung der jeweiligen Preise und Löhne und der Lebensmittelkosten. Bei Werken der Regionalgeschichte ist die Frage der Abgrenzung immer problematisch — mag diese nun eng oder weit erscheinen. Pisecky zieht Probleme der Bundes politik, der gesamtösterreichischen Wirtschaftspolitik nur insofern in den Kreis seiner Darstellung, als dies un bedingt nötig ist, beschränkt sich aber auch im Grenz bereich der Landespolitik auf relativ wenig Probleme: die Beziehungen der Statthalter zur Kammer und ihren Bestrebungen; die im wesentlichen von den gleichen Persönlichkeiten getragene Kammer-Politik und die libe rale Politik im Landtag und im Reichsrat. Naturgemäß kann Pisecky hier keine Parteiengeschichte geben, be dauerlicherweise aber auch — abgesehen von werdgen Hinweisen auf eine Schrift Ebenhochs — auf die Grund züge des Wirtschaftskonzepts der konservativen Grup pen im Lande eingehen, wenn er auch völlig richtig darauf verweist, daß der Schwerpunkt der Auseinandersetzimgen Schule und Schulgesetze und weniger Wirt schaftskonzepte waren. Relativ ausführlich befaßt sich der Band mit dem aufkommenden, ja ausgesprochen aut blühenden Vereinswesen in Oberösterreich. Mit Recht wird auch darauf verwiesen, wie sehr viele dieser Ver eine Vorläufer der Gewerkschaften, der Kranken- und Unfallversicherungen waren. Sehr gründlich wird Bevöl kerungsentwicklung und Bevölkerungsstruktur sowie die Beschäftigtenstruktur behandelt. Der Einlagenstand der im ersten Aufbau befindlichen Kreditinstitute wie die Steuerleistung der Bevölkerung sind natürlich wesent liche Indikatoren für Wirtschaftskraft oder Wirtschafts schwäche der entsprechenden Jahre und Jahrzehnte. So rundet sich ein Bild, bei dem natürlich vieles — denken wir an die aufkommende nationale Frage, der Über gang von Liberalismus zum Nationalismus, der Antisemi tismus — nur angedeutet ist, das aber sehr anschaulich. greifbar und farbig die Wirtschaft Oberösterreichs in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zeichnet. Hin zugefügt soll werden, daß das interessante Werk sehr gut lesbar und ebenso gut illustriert ist. In vernünftigen Grenzen bleibende Literaturhinweise sollen ebenso er wähnt werden wie ein gut brauchbares Register. Harry Slapnicka Christian Brandstätter (Hrg.): Oberösterreicfa. Wien - München - Zürich 1975 (Verlag Fritz Molden), 96 Text seiten, 88 Bildseiten mit 217 Färb- und 28 Sdiwarzweißabb., 29 mal 29 cm, Ln. S 980.—. In den letzten Jahren hat sich eine ganz neue Art des Landschafts-Bilderbuches entwickelt, nämlich zum Bild als Hauptteil keine neu formulierten Texte zu geben, sondern Zitate verschiedenster Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft und vor allem natürlich von alten Reiseschriftstellern des In- und Auslandes. Die Arbeit des Autors besteht dabei in einer mehr oder minder guten Auswahl, die in diesem Fall durchaus gelungen ist. Wenn alten Texten auch alte Bilder bei gegeben werden, ist von vornherein eine gewisse Einheit gegeben; in diesem Band sind es jedoch neue Photographien und Wiedergaben zeitgenössischer Künstler (Gerti Fröhlich und Ernst Balluf). Um gleich mit den vielen Farbbildern (zumeist von Franz Hubmann) zu beginnen: sie sind fast durchwegs von außergewöhnlicher Qualität, künstlerischer Aus sagekraft und drucktechnisch bestens wiedergegeben. Um den überwiegend alten Textstellen zu entsprechen, wurde jeglicher Bezug zur Gegenwart vermieden — Ausnahmen bestätigen die Regel, so ein schlechtes Bild von Landes hauptmann Dr. Wenzl mit Frau Prof. Dr. Fussenegger und ein paar wohl ungewollte Dinge wie Teile von Autodächern auf ohnehin schon stark abgeschnittenen Stadtund Marktplätzen oder ein neuer Silo als Vordergrund eines alten Vierkanters. Aber das sind, wie gesagt, wenige Ausnahmen. Ansonsten wird uns ein Bild des Landes vorgeführt, das nur mehr reliktartig vorhanden ist, und das ist eben nicht, wie es im Titel heißt, „Ober österreich"! Man sieht allerdings — und hier kann das Buch wichtige bildnerische und heimatpflegerische Auf gaben erfüllen — wie schön z. B. Fassaden sein könnten, wenn sie nicht von falsch verstandenem Modernismus verunziert wären, oder welche Wirkung einfache Stadel tore haben, wenn sie nicht von dicken Plakatschichten verdeckt sind... Es werden romantische Sehnsüchte wachgerufen, die im Widerspruch zu den harten alltäg lichen Realitäten unserer Zeit stehen. Es wird ein Para dies gezeigt, in dem der arbeitende Mensch fehlt. Die Texte — und damit auch die Bilder — sind, von einer Seite Gesamt-Oberösterreich abgesehen, nach den ein zelnen Vierteln geordnet, wobei der Landeshauptstadt Linz ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Die Zitate reichen von Dietmar von der Aist bis Gertrud Fussenegger oder Fritz Herzmanovsky-Orlando, dessen „Ihnen droht Linz I" ebenso zitiert wird wie Johann Beers Loblied auf Ober österreich (1683) oder Stelzhamer-Verse. Stifter, Pill wein, Sartori, Schultes und viele andere kommen zu
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