OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Eisbruchfischen an der Donau Mit 3 Abbildungen Walter Kunze beschrieb kürzlich in den „Ober österreichischen Heimatblättern"* das Eisflschen am Irrsee, das bis zum Beginn des Ersten Welt krieges ausgeübt wurde. Da noch vor 40, 50 Jah ren in geeigneten Buchten und Kehren der Donau „Eisbrüche gemacht" wurden, wie der fischerei liche Ausdruck lautete, erscheint es nicht uninter essant, diese Art des Fischfanges in einem Fließ wasser zu beschreiben und mit der auf einem See zu vergleichen. Die Eisfischerei am Irrsee war im Gegensatz zu der an der Donau eine nur wenige Arbeitsstun den beanspruchende, lediglich bescheidene Er folge erzielende Fangart. Wurden bei ihr etwa 100 Kilogramm Fische gefangen, so galt dies bereits als ein großer, ausgiebig gefeierter Erfolg. An der Donau erforderte ein Eisbruch eine Arbeit von meist mehreren Tagen und die Zu sammenarbeit von gut einem halben Dutzend Fischern, erzielte aber dafür auch sehr hohe Er gebnisse. Wenn im See Brachsen, Hechte, Zan der, Karpfen und Seiblinge gefangen wurden, so waren es in der Donau vor allem Schwarmfische wie Näslinge, manchmal auch Blaunasen und vereinzelt Hechte. Das Fanggerät beim Eisfischen war im See wie auch in der Donau ein Zugnetz, eine sogenannte „Segn" (siehe Abb. 1). Nach den Beschreibun gen muß allerdings das am See verwendete Netz wesentlich länger gewesen sein als das im Fließ wasser benützte. Die Segn ist ein heute noch an der Donau ver wendetes Zugnetz. In der Regel hat es eine Länge von 50 bis 70 Metern und eine von Knoten zu Knoten gemessene Maschenweite von 35 bis 40 Millimetern. Ihre Tiefe beträgt meist zwei bis zweieinhalb Meter. Benützt wird sie vor allem zum Abfischen von Tümpeln und Altwasser armen. Wie jedes Garn — ein bei den Donau fischern für das Netz üblicher Ausdruck — be steht sie aus dem eigentlichen Netzwerk, dem Innengarn — „Igarn" genannt — und aus zwei Leinen, den sogenannten „Ari", zwischen denen es befestigt ist. Eine von ihnen trägt die aus Pappelholz oder aus Föhrenrinde, seltener aus Kork hergestellten „Flossen" (siehe Abb. 2), das sind Schwimmer, die dazu dienen, daß das Netz auf der Wasseroberfläche schwimmt, das heißt „flötzt". Sie wird daher als „Flossari" bezeichnet. Zur Beschwerung des Netzes dienen Bleikugeln, „Bleie", die an der „Bleiari" befestigt sind. Durch sie wird das Garn im Wasser so gespannt, daß es sich „setzt", das heißt mit den Bleien auf dem Boden aufliegt. Ist dies nämlich nicht der Fall, so entweichen viele Fische durch die sich bildende Lücke. Um eine Segn richtig zu spannen und an den Enden niederzuschweren, dient ein Spreizstab, ein „Kehl" oder „Keil". Dieser etwa einen Meter lange Holzstab ist an einem Ende gespalten und wird durch ein eingefügtes Brett zusammengehal ten. In den Spalt ist zur Beschwerung ein Stein eingefügt. Auch hat der Kehl drei Einschnitte. An einem ist beim Einsatz des Netzes die Flossari, am mittleren eine Leine zum Ziehen des Garnes und am unteren die Bleiari befestigt. Eine Segn wird „ausgefahren", das heißt von einem Boot aus so in das Wasser gebracht, daß sie in einem Halbkreis einen Teil eines Augra bens oder eines Tümpels umschließt. Dann zieht man sie mit zwei Leinen auf das Ufer zu zusam men, das heißt, es wird „ausgenommen". Bei die ser Arbeit ist große Sorgfalt notwendig, damit die Bleiari nicht gehoben wird, da sonst ein Teil der vom Netz umschlossenen Fische durch die Lücke zwischen Garn und Gewässerboden ent weichen kann. Voraussetzung für ein erfolgreiches Eisbruch fischen in der Donau war vor allem eine scharfe Kälte, die das in Ausmündungen von Altwasser armen oder in Buchten und Kehren fast still stehende Wasser so stark gefrieren ließ, daß sich eine tragfähige Eisdecke bildete. Besonders gün stig waren die Aussichten, wenn eine Schnee schicht das Eis bedeckte, so daß es unter ihm dunkel war. Trieben dann noch große Mengen von runden Eisplatten, sogenannte „Passauer Krapfen" auf der Donau, so sammelten sich große Mengen von Schwarmfischen in dem still stehenden oder nur langsam fließenden Wasser. Vor allem waren es Näslinge, die sich unter die Eisfläche stellten, um dort die Zeit der winter lichen Kälte ohne größeren Bewegungsdrang und bei nur geringer Nahrungsaufnahme zu verbrin gen. War nun an einer solchen Stelle das Wasser * 29. lg. (1975), S. 95 f.

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