Wissen, mein erhabenster Besitz fürs ganze Le hen sind u. bleiben. Am glücklichsten war ich, als der Meister mir einmal hiebei bemerkte, dass einst ich dieses Buch als mir gehörig ansehen dürfe. Er ist später dann oft hierauf zurück gekommen u. betrachtete dabei immer das Buch als meinen künftigen Besitz. So liess ich mir denn jetzt in Bayreuth dieses Gebetbuch von Miszka übergeben. Noch auf der letzten Fahrt, die ich mit Meister machen durfte — von Weimar nach Bayreuth — las ich die ganze Fahrzeit dar aus vor. Dieses Büchlein war in der letzten Zeit ausser dem Werke von Thode: ,Franz v. Assisi'^ Seine fast einzige Leetüre. Es liegt beim Feste ,Peter u. Paul' der grüne Faden noch an der selben Stelle, an die ihn Meisters Hand mir gelegt! So ist mir dieses kleine Buch, in dem der Ver ewigte mir so Viel gezeigt und erklärt, in dem Er so oft geblättert — die kostbarste Reliquie. Euer Durchlaucht werden dieses mir wahrhaft am Herzen liegende Andenken an den unaus sprechlich Geliebten, mir sicherlich gönnen wol len und ich bitte Euer Durchlaucht hierum in ständig, — da kein anderes Gebetbuch für mich den Gefühls-Wert haben könnte, als eben nur dieses eineil, welches mir der Meister selbst ge schenkt hat. Übrigens glaube ich zu wissen, dass unter Mei sters vielen Gebetbüchern noch ein anderes mit auch deutschem Texte war — ich vermuthe, dass dieses vielleicht das von Euer Durchlaucht ge wünschte sein könnte. — Meister liess mich, da er mich beglückte, alle Seine letzten Ciavier-, Gesang- und Orchesterewerke der letzten Zeit schreiben zu dürfen und durch Bezeichnungen druckfertig zu machen, um Pläne einiger Ma nuskripte betreffend, wissen. Euer Durchlaucht kennen dieselben sicher und ich erlaube mir, diese Bemerkung nur deshalb um Euer Durch laucht hiebei zu bitten über mich gebieten zu wollen u. um die Versicherung auszudrücken, dass ich jederzeit den Befehlen Euer Durchlaucht in bereitwilligster Dankbarkeit zur Verfügung stehe. In tiefster Verehrung geharrt Euer Durchlaucht dankschuldiger Göllerich Wels, Oberösterreich, Herzengasse No. 6 Wels, 13. Sept. 1886" * Die bei der Wiedergabe dieses und des folgenden Brie fes kursiv gesetzten Textstellen sind im Original unterstrichen. Auf das Schreiben Göllerichs, wegen seines interessanten und wissenswerten Inhalts kennt nisreich, antwortete Fürstin Sayn-Wittgenstein im November des gleichen Jahres. Dieser Brief konnte bisher im Nachlaß von Göllerich nicht gefunden werden. Die wichtigste Passage aller dings — auf das Gebetbuch bezüglich —, hat Göllerich in seinem Buch „Franz Liszt, Erinne rungen", abgedruckt®. Sie lautet — als Antwort auf Göllerichs ausführliches obiges Schreiben: „Als ich Fürstin Wittgenstein die Absichten des Meisters bezüglich seines Nachlasses mitgeteilt und ersucht hatte, mir das Gebetbuch, aus dem ich ihm täglich beim Erwachen und Einschlafen vorgelesen, zu belassen, weil es sein Wunsch gewesen, dass es auf mich übergehe, antwortete sie mir am 29. November 1886: ,Ihr Brief ist so rührend, dass ich ganz bewegt wurde, als ich ihn las. — Behalten Sie das Buch mit meinem Segen Ihr Leben lang. Behalten Sie aber auch den echten Glauben, die ernste Frömmigkeit, diese wundervolle Liebe zur Kirche und ihrer Liturgie, die ich so oft bei dem Meister bewun derte und beneidete! — Diese heiligen Eigen schaften werden ihm die Türen der Ewigkeit rasch geöffnet haben! — Sagen Sie mir nur, ob sein Name auf dem Buche steht oder nicht?' " Dieser Brief stelle fügt Göllerich an: „Am 7. März 1887 hatte sie mit zitternder Hand — schwer an Herzwassersucht leidend — den 24. Band ihres Lebens-Buches: ,Des causes interieures de la faiblesse exterieure de l'Eglise' vollendet. Vierzig Jahre nach ihrem Zusammen- ' Henry Thode, Franz von Assisi und die Anfänge der Kunst der Renaissance in Italien. 1885. ® August Gölleridi, Franz Liszt, Erinnerungen. Sonder ausgabe der von Richard Strauss herausgegebenen Sammlung „Die Musik". Berlin 1908, S. 193.
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