OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

am Abend des 11. März 1938 eine bezeichnende Rolle. Er eilte ins Bundeskanzleramt, um Schuschnigg von der Hetze und den Lügen über angebliche Unruhen in Österreich durch den Reichsrundfunk zu berichten — und dies unmit telbar bevor der Bundeskanzler seine Abschieds rede ans österreichische Volk hielt. Im Vorzim mer des Kanzlers rief Hammerstein in Anwesen heit von Seyß-Inquart und Glaise-Horstenau: „Hoch Österreich — Lügen haben kurze Beine" und erklärte weiter: „Heute schäme ich mich, ein Deutscher zu sein". Dann, Glaise-Horstenau und Seyß-Inquart zugewandt, rief er noch: „Ja, das ist das Ende Österreichs, aber Du kannst gewiß sein, das ist auch das Ende Deutschlands". Der damalige österreichische Außenminister Doktor Guido Schmidt brachte Hammerstein seine Be friedigung zum Ausdruck, daß doch wenigstens ein Mann den Mut gefunden habe, noch etwas zu sagen. Es wäre für alle wie eine Befreiung gewesen^®. Nach einer Beurlaubung im März 1938 gab er auf Drängen des nunmehrigen Unterrichts ministers Dr. Menghin ein Pensionsgesuch ab. Die Pensionierung des 58jährigen erfolgte gegen die Bestimmungen der Dienstpragmatik. Aber am 27. Februar 1938 verfügte der Reichs statthalter ohne irgendein Verfahren, ohne Ein vernahme oder Rechtfertigungsmöglichkeit rmd ohne Einspruchsmöglichkeit die völlige Aberken nung des Ruhegenusses. Ab Juni 1939 erhielt er schließlich einen jederzeit widerrufbaren Unter haltsbeitrag von zwei Drittel des Ruhegehaltes. Ab Oktober 1939 wurde dieser Unterhalts beitrag „wegen inzwischen bekanntgewordener neuer Tatsachen" in einen um ein Viertel gekürz ten Ruhegehalt umgewandelt^^. Hammerstein und seine Familie wohnten nun viel bei der verheirateten Schwester seiner Frau (Christiane, geb. Zeleny), bei Baronin Brand-Kopal auf Schloß Kirchenbirk bei Falkenau in Böhmen^®. Ab 1943 hatte der nunmehr 62jährige, Kriegs einsatz in der Bauabteilung des Landratsamtes Kirchdorf abzudienen, wurde 1944 davon jedoch krankheitshalber befreit. Im Zusammenhang mit dem Hitler-Attentat wurde Hammerstein im Rahmen der Verhaftungswelle am 21. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet, blieb zunächst zu ihrer Verfügung bei der Polizeidirektion Linz, kam anschließend in das sogenannte Straferziehungslager Wegscheid und schließlich ins Kon zentrationslager Mauthausen, wo ihn die Ame rikaner am letzten Kriegstag befreiten. Seine Gesundheit war jedoch so geschwächt, daß er bereits zwei Jahre später, am 8. August 1947 starb. Mag es auch für Hans Hammerstein-Equord ein merkwürdiges Schicksal gewesen sein, in schwie rigste imd höchste Positionen des österreichi schen Staates berufen worden zu sein, die fast nie seiner Begabung und seinen Wünschen ent sprachen, so erschien es doch notwendig, neben den bisherigen Darstellungen^® auch eine Wer tung Hammersteins als Beamter und Politiker in entscheidenden Tagen zu geben. " Der Hochverratsprozeß gegen Dr. Guido Schmidt vor dem Wiener Volksgerichtshof (Wien 1947), S. 289 ff. " Schreiben Hammersteins vom 13. Juli 1945 aus dem Personalakt. " Blaas (siehe Anm. 1), S. 292. " Krackowizer-Berger, Biographisches Lexikon des Lan des Österreich ob der Enns, Passau-Linz 1931. — Kosch (siehe Anm. 2), Sp. 1320—^1321. — Wer ist wer, 1937. — Giebisdi-Pichler-Vancsa, Kleines öster reichisches Literaturlexikon, Wien 1948, S. 152. — Franz Langoth, Kampf um Österreich, Wels 1951, S. 375. — Eugen Thurnher, Katholischer Geist, Bregenz 1954, S. 87—88. — österreichisches Biographi sches Lexikon, II. Band, Wien 1959, S. 170—171. — Linzer Volksblatt 1922, Nr. 263, 268; 1934, Nr. 34; 1936, Nr. 10 A; 1947, Nr. 184; 1951, Nr. 231. — Tagespost (Linz) 1921, Nr. 274. — Oberösterreichi sche Nachrichten 1947, Nr. 185; 1951, Nr. 231. — Wiener Zeitung, 15. 8. 1947. — Die Presse (Wien), 23. 8. 1947. — Der Volksbote, Zeitschrift des oö. Volksbildungsvereins (Linz), Jg. 40 (1929), S. 65 ff. (Wilhelm Kowarz). — Jahrbuch der Innviertier Künstlergilde 1932, S. 2i9—30 (Otto Freiherr von Taube, Hans von Hammerstein zum fünfzigsten Ge burtstag). — Der Wächter (Graz), Jg. 13 (1931) (Paul Thun-Hohenstein). — Austria (Graz), Jg. 2, 1947, S. 435—436 (Rudolf List). — Der Turm, Jg. 3, 1949, S. 289 ff.

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