menschluß" geteilt zu haben. Bezeichnend hiefür ist auch sein Kapitel (S. 160 ff.) „Angleichung im Geiste wichtiger als in der Form". Sechs Jahre nach seiner Ernennung zum Bezirks hauptmann von Braunau übernahm Hans von Hammerstein einen Auftrag, der seinem inner sten Wesen wenig entsprochen haben mag — wie er auch später Aufgaben übernahm, die ihm kaum lagen. Am 1.1.1934 übertrug ihm Bun deskanzler Dr. Engelbert Dollfuß den Posten eines Sicherheitsdirektors für das Bundesland Oberösterreich®. Er wurde damit Oberösterreichs zweiter Sicherheitsdirektor, nachdem diese neue Institution durch Verordnung der Bundesregie rung vom 13. Juni 1933, und zwar auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom 24. Juli 1917 Sicher heitsdirektionen des Bundes in den Ländern er richtet worden waren. Für den Rest des Jahres 1933 hatte die Funktion eines Sicherheitsdirek tors von Oberösterreich Generalmajor Ing. Jo hann Kubena übertragen erhalten. Kubena scheint sich in dieser Funktion nicht allzuwohl gefühlt zu haben, gab sie nach einem halben Jahr wieder auf und wurde später als Organi sator der motorisierten Einheiten des österrei chischen Bundesheeres bekannter als durch sei nen Posten als oberösterreichischer Sicherheits direktor. Hammerstein übernahm den neuen Auftrag im politisch-polizeilichen Bereich, als schon finsterste Wolken den Horizont verdeckten: eben war in Oberösterreich der Klerus — und zwar zwei Mit glieder der Landesregierung — aus der Politik abgezogen worden; die nationalsozialistischen Aktionen wurden immer bedrohlicher, die Posi tion von Landeshauptmann Dr. Schlegel war bereits gefährdet — es war etwa die Zeit, da er Dollfuß und Mihlas erstmals seinen Rücktritt anbot — und die Heimwehr schlug wenige Tage nach der Übernahme der Sicherheitsdirektion durch Hammerstein die revolutionäre Umgestal tung der Landesregierung vor, aber auch die Stellung eines Verbindungsoffiziers von der Heimwehr zur Sicherheitsdirektion^®. Viel geschickter als der Aufruf seines Vorgängers Kubena ist der Hammersteins bei der Über nahme seines Amtes: „Ich rufe die Vernunft, ich rufe die Anständigen, Männer und Frauen ohne Unterschied der Parteirichtung, aber ganz beson ders auch die noch Idealen zugängliche Jugend auf, sich in diesem Kampf entschieden an die Seite des Gesetzes, der Kultur und des ober österreichischen Vaterlandes zu stellen^^." Ein leitend hatte Hammerstein darauf verwiesen, daß ihn einige Bezirke als Verwaltungsbeamten, andere als Sprecher in Fragen der Kultur kennen. Die Diskrepanz zwischen seiner musischen Bega bung und seiner politisch-polizeilichen Aufgabe spürte Hammerstein auch noch später, sie drang auch in seinem bedeutsamen, auch gedruckt vor liegendem Vortrag vor dem Wiener Kulturbund vom 21. Oktober 1935 mehrmals durch: „Und die schwierigste dieser Schwierigkeiten ist es" — sagte hier Hammerstein u. a. —, „daß der Öster reicher zwar heroisch im Dulden, aber als der früher geschilderte Stimmungsmensch eben nicht leicht zum Tatmenschen, den die Zeit, in der wir leben, in unserer Lage fordert, zu erziehen ist. ... Heute ist es notwendig, daß der Österreicher aufstehe und sich wehre." Dann erscheint es uns wie eine Rechtfertigung Hammersteins, daß er, der Dichter, Politiker wurde: „Nichts von Politik, meine Damen und Herren. Die Zeit bringt es mit sich, daß alles, was sie anfaßt und, weil man Zeitgenosse ist, alles was man anfaßt, politisch zu werden droht. Nie hat die Welt ein so garstig Lied noch dazu im Massenchor gesungen." Aber Hammerstein wird immer deutlicher: „Das alte Österreich hat viele Beispiele für die Möglichkei ten einer Verbindung von Autorität und Freiheit gegeben. . . . Gewiß, diese Zeit ist eine sehr stachelige Frucht. Und wer angegriffen wird, muß sich wehren. Auch das neue Österreich wäre friedlich seinen Weg gegangen, hätte die alte Tradition der Toleranz weiter geübt — sie ist zeitweise viel zu weit geübt worden —, wenn man es seinen Weg hätte ungeschoren gehen lassen. Aber man wollte es auf Wege zwingen, die kulturwidrig und darum ihm naturwidrig " Verordnung der Bundesregierung vom 22. Dezember 1953, BGBl. Nr. 582. Harry Slapnicka, Oberösterreich — Zwischen Bürger krieg und „Anschluß", Linz 1975; vor allem die Kapitel „Sicherheitsdirektionen werfen Schatten vor aus" (S. 101—105) und „Außerparlamentarische Ak tion als Vorspiel" (S. 122—^126). " Linzer Volksblatt 1934, Nr. 4.
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