interessanten Mitbewerber, der schon längst den Titel eines Bezirkshauptmannes trug: Odo Neu städter-Stürmer, der spätere Heimwehrexponent und Bundesminister. Der damals 38jährige Neu städter-Stürmer hob in seiner Bewerbung an das Präsidium der Landesregierung® mehrfach seine Erfahrung zur Führung eines selbständigen, lei tenden Postens hervor, während von Hammer stein keinerlei Bewerbungsschreiben vorliegt oder erhalten geblieben ist. In die zwanzig Jahre, etwa zwischen 1912 und 1932, fällt Hammersteins reichstes dichterisches Schaffen, nachdem er schon als Student in MariaSchein in Nordböhmen sowie in Brixen in Süd tirol zu dichten begonnen hatte®. Als Bezirks hauptmann von Braunau wurde er auch eifriger Förderer und Ehrenobmann der „Innviertier" Künstlergilde". Aus der Zeit unmittelbar vor seiner Ernennung zum Bezirkshauptmann besitzen wir einen um fassenden Bericht Hammersteins über den öster reichisch-preußischen Beamtenaustausch des Jah res 1928^, eine Aktion, für die eine Teilnahme Hammersteins schon auf Grund seiner Abstam mung, aber auch seiner verwandtschaftlichen Be ziehungen besonders geeignet erschien. In der Zeit nach dem Friedensvertrag und dem An schlußverbot versuchte man durch verschiedene Maßnahmen, etwa eine Rechtsangleichung, zwei fellos aber auch durch einen Beamtenaustausch® einen möglichen späteren „Anschluß" vorzu bereiten. Dieser Erfahrungsbericht Hammersteins ist naturgemäß ein reiner Fachbericht über die preu ßische Verwaltung — übrigens auch durchaus preußenfreundlich — eine Reihe politischer Rand bemerkungen werden jedoch angesichts der Tat sache von Interesse, daß Hammerstein bereits sechs Jahre später das politische Parkett Öster reichs betreten sollte. So verweist er etwa (auf den Seiten 109 ff.) darauf, daß „die Politisierung der Beamtenschaft sehr viel weiter fortgeschrit ten ist als in Österreich". „Es ist doch jetzt in Preußen die Regel, daß man von einem Beamten weiß, welcher politischen Parteirichtung er an gehört. Alle Beamten in leitender Stellung waren schließlich genötigt, mindestens gelegentlich in irgendeiner Form zu erklären, welcher Partei sie angehören oder welcher sie, wie der Ausdruck lautet, nahestehen." Insgesamt ersieht man aus diesem Bericht, daß Hammerstein nicht nur ein guter, sondern auch ein deutlich interessierter und ambitionierter Verwaltungsbeamter war — dabei stammt dieses Dokument aus der Zeit des Höhepunktes seines dichterischen Schaffens. Aus den in Preußen gewonnenen Erfahrungen schlägt er etwa zur Entlastung des Verwaltungsgerichts hofes und zum Ausbau der Rechtsstaatlichkeit die Errichtung einer Verwaltungsgerichtsinstanz bei den Landesregierungen vor. Er charakterisiert in diesem Bericht auch die verschiedenen politi schen Parteien, verweist darauf, daß die deut schen Sozialdemokraten viel bürgerlicher als die österreichischen seien, erwähnt aber merkwürdi gerweise 1929 die deutschen Nationalsozialisten nicht. Nicht ohne Stolz berichtet der österreichi sche Beamte aus altdeutscher Adelsfamilie (auf Seite 134): „Von der österreichischen Verwal tung, ihrer großen historischen Tradition, ihrer einfachen Organisation und ihren Leistungen wurde stets mit Anerkennung gesprochen." Hauptessenz seiner Erfahrungen bei der preußi schen Verwaltung war „ausgedehnte kommunale Selbstverwaltung bei starker Staatsverwaltung" (S. 160). Zum „Anschluß" selbst nahm Hammer stein hier naturgemäß nicht Stellung, war doch ein geplanter künftiger „Anschluß" Grund des Beamtenaustausches schlechthin gewesen. Im merhin schien er diesbezüglich die Meinung von Landeshauptmann Hauser von einem „Zusam- ' Schreiben Neustädter-Stürmers vom 22. 1. 1923 im Personalakt Hammersteins. ' Hans Freiherr von Hammerstein, Aus dem Bilder buche meines Lebens. Woher ddi kam und wie ich wurde (bis etwa 1900). In: Jahrbuch der Innviertier Künstlergilde 1927. ' österreichisch-preußischer Beamtenaustausch 192fi. Bericht des Bezirkshauptmannes Hans HammersteinEquord in Braunau a. I. 182 Seiten, Schreibmaschine. OÖLA/Bibliothek. ' So erwähnt etwa der spätere deutsche Vizepräsident des böhmischen Landesaussdmsses im „Protektorat Böhmen und Mähren" und vormalige Landrat von Quedlinburg Horst Naude in dem Werk „Erlebnisse und Erkenntnisse — Als politischer Beamter im Pro tektorat Böhmen und Mähren 1939—1945" (Mün chen 1975), daß er einst im Rahmen eines Beamten austausches die österreichische Verwaltung kennen gelernt habe.
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