OÖ. Heimatblätter 1976, 30. Jahrgang, Heft 1/2

Hans von Hammerstein — als Beamter und Politiker Von Harry Slapnicka Mit 1 Abbildung Als ein der Romantik verhafteter Dichter, als Erzähler von starker Eigenart und schöpferischer Sprachgewalt, als durchaus selbständiger Lyriker und Epiker ist Hans von Hammerstein (eigent lich: Hans Baptist August Franz Seraph Placidus Maria, Freiherr von Hammerstein-Equord) wie derholt gewürdigt worden^. Es war auch ebenso reizvoll wie zielführend, diese musische Bega bung auf Grund seiner Abstammung einzu ordnen und zu werten. War er doch mütterlicher seits Urenkel der Brüder Christian und Friedrich Stolberg; ein Vorfahre väterlicherseits beteiligte sich am Sammeleifer der Brüder Grimm und Großvater Hans Georg von Hammerstein machte die Mythen der Edda erstmals aus den Kopen hagener Urtexten in deutscher Sprache bekannt. Das musische Erbe ist übrigens nicht nur bei Hans von Hammerstein, sondern auch bei seinem Bruder Joseph sichtbar, der Bildhauer wurde und ein Schüler des bekannten Bildhauers Professor Bleeker war®. Nicht ganz so einfach ist es, Hans von Hammer steins Beamten- und Politikerlaufbahn zu wer ten; Zufälligkeiten scheinen hier mehr beteiligt zu sein als gewisse abstammungsbedingte Ver anlagungen. Zweifellos finden wir auch hier — im weltanschaulichen und politischen Bereich — Parallelen mit einem anderen Vetter, dem Bischof und Kardinal von Galen, Veranlagungen und Anschauungen, die sich übrigens mit einem weiteren Vetter, Kurt Freiherr von Hammerstein, decken, der zuletzt (bis 1934) als deutscher Gene ral der Infanterie Chef der deutschen Heeres leitung war®. Das „österreichische" an Hans Hammerstein, das unübersehbar vor allem im März 1938 sicht bar wurde, ist übrigens jungen Ursprungs, denn erst in den Napoleonischen Kriegen hatte es einen Hammerstein-Equord nach Österreich ver schlagen; als dieser Wilhelm Equord kinderlos blieb, holte er sich einen der vier Söhne seines toten Bruders, jenes Generals und Sagenfor schers Hans Georg von Hammerstein, Helge von Hammerstein, nach Österreich auf sein Schloß Sitzenthal bei Melk. Und dieser Helge war Hans von Hammersteins Vater. Aber auch seine Mut ter, Sophie Gräfin Stolberg-Stolberg, stammt aus rein deutschem Geschlecht. Demnach war Hans von Hammerstein neben sei nen Brüdern der erste des Geschlechts, der in Österreich geboren war. Nachdem Mutter Sophie Schloß Sitzenthal bei Melk, Geburtsstätte von Haus Hammerstein nach dem Tode ihres Mannes und noch während des Studiums ihres Sohnes verkauft hatte, wurde das kleine Besitztum Pernlehen, ein Landgut in der Pfarre Heiligenkreuz bei Kirchdorf in Oberösterreich, das er sich in den späten zwanziger Jahren, ursprünglich als Sommersitz, erworben hatte, sein eigentlicher Wohnsitz. Wenn auch in Niederösterreich geboren, war Hans von Hammerstein beruflich von Anbeginn an mit Oberösterreich verbunden, das ihm auch die eigentliche Heimat wurde. Nach dem Ab schluß seines juridischen Studiums war Hammer stein 1905 in die Dienste der Statthalterei Öster reichs ob der Enns gekommen, zwischen 1907 und 1908 war er der Bezirkshauptmannschaft Wels, anschließend der Bezirkshauptmannschaft Eferding zugeteilt und wirkte schließlich zwischen 1908 und 1910 im Statthalterei-Präsidium in Linz. 1910 kam er als Statthaltereikonzipient nach Kirchdorf, wo er, mit Kriegsunterbrechun gen, 13 Jahre verblieb. Es wurde seine eigent liche, engere Heimat. Im ersten Weltkrieg kämpfte Hammerstein als österreichischer Offi zier in einem Dragonerregiment in Polen, Ruß land und an der italienischen Front. Zurückge kehrt, wurde er 1918 in Kirchdorf Bezirkskom missar, anschließend Landesregierungssekretär bzw. Statthaltereisekretär (ab 1919) und kam 1923 als Landesregierungsrat nach Braunau, wo er provisorischer Amtsleiter und später Bezirks hauptmann wurde*. Um den Posten eines Bezirkshauptmannes hatte der 42jährige einen > Vor allem Erna Blaas, Hans von Hammerstein — Ein Dichter der Natur. In: Oö. Heimatblätter (Linz), Jg. 3 (1949), Heft 4, S. 289—296. — Nagl-ZeidlerCastle, Deutsch-österreichische Literaturgeschidite, Band 4, S. 1177 ff. — Wilhelm Kosch, Literaturlexikon (1969), S. 819, 820. ^ Wilhelm Kosdi, Das Katholische Deutschland, 1. Band, Augsburg 1933, Sp. 1321. ' Bosl-Franz-Hofmann, Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte, München 1975, Sp. 1016. ^ Personalakt Hans Hammerstein-Equord, Amt der oö. Landesregierung/Zentralregistratur.

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