OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

Ein Brief eines Protestanten vom 9. Juni 1626 vermittelt einen interessanten Einblick in das damalige religiöse Klima der Stadt®". Als Schrei ber nennt sich Kilian Kholl, Bürger und Seiler. Es scheint, daß es sich bei ihm um einen Welser Bürger handelt, der die Stadt verlassen hatte und seine Glaubensgenossen brieflich ermuntern wollte, ihrer Überzeugung treu zu bleiben. Be achtung verdienen die Hinweise darauf, daß die „Papisten" gegenüber den „Prädikanten" relativ milder waren als die evangelischen Bauern gegen über dem katholischen Klerus. Zwar meint der Schreiber, es sei „lauter Glück", daß „man die Pfaffen also hernimmt" (er spielt dabei auf die Pfarrhofplünderung vom 24. Mai an), er gibt jedoch zu, daß den „Prädikanten von Papi sten dergleichen nit widerfahren" sei. Zugleich befürchtet er, man könnte „den Bogen zu hoch spannen". Aus diesem Grund will ihm auch die Einstellung der katholischen Gottesdienste in der Stadt nicht recht gefallen. Das Schreiben gibt die ganze Unruhe und Unsicherheit der Zeit trefflich wieder. Meister Kilian rechnet schon fast mit einem Sieg der Kaiserlichen, weil er „nie gehört, daß [es] mit den Bauern ein guten Ausgang genommen". Er fragt sich, wie es zu gehen würde, „wenn die Papisten gewinnen sollen" und hegt für diesen Fall schlimme Erwar tungen. Noch behielten jedoch die Bauern die Oberhand, ja die „löbliche(n) Ständt diß landts" billigten ihnen sogar einen „ordentlichen Evangelischen Prediger zu", um sie auf diese Weise „desto ehe zu Ruhe zu bringen"®^ Die Bauern hatten sich Andreas Geyer für dieses Amt ausgesucht, „so vor dißem zu Ottenßheimb Pfarrherr geweßen"®^. Dieser predigte „anfenglich etlich Wo chen in der Statt Steyr in einem Hauß auf einem Saal", wurde aber später, „zumall weil auch die meisten Evangelischen landständt der Zeit zu Weiß versamblet waren®", den 8. Augusto dahin bracht"®^. Am 9. August hält er seine „erste Predigt in der bürgerlichen Spital Kirchen" zu Wels und feierte „den reinen Gottesdienst teglich biß auf den 26. diß monaths alda". Fast täglich spendete er 1000 und mehr Personen die Kommunion „sub utraque". Damals sind „vil gueter leut, die vor kurzer Zeit sich zu der Römischen Relligion begeben müssen", „wieder umb khert"®®. Am 20. August®" wurde auf öffentlichem Platz ein schreckliches Blutgericht an sechs gefangenen kaiserlichen Soldaten vollzogen®^: „. . . dießen Tag (19. August) kamen auß dem Leger Weiberau in 2000 Bauern nach Weiß, die triben underwegs alles auf, waß manbar war, deren Hauptman, ein Jäger®", ließ den 20. diß die 6 kayserlichen Soldaten, so den 9. diß gefangen dahin bracht worden, ohne andern Proceß, Urtheil undt Recht auf dem Plaz vor seinem Quar tier in einen Ring, durch andere gefangene bayrische Soldaten mit Schlachtschwerdten un menschlicherweiß darnidter hawen undt erstöchen, dergleichen Proceß in der Statt Weiß nie erhört worden, Gott behüette ein jedten darfür nur zu sehen." In dieser Form hat das Ereignis seinen Nieder schlag in der Berichterstattung eines Protestanten gefunden®". Tobias Lambacher®" hat die Vor gänge wie folgt geschildert: „Dazumal ist den 21. August ain scharffe Ordinanz von den Haubtman Huetter"' aus dem obern Leger dem Haubtman Jäger hieher auf Welss geschickt wor den, wie und was gestalt er mit den armen Burgern procediern solle, nemblich das er sen gen, prennen und was nit folgen will alles niderhauen, todtschlagen. Summa, er solle niemandts trauen, sondern hausen wie der Teuffl etc., alls hiebey auss derselben Abschriften mit mehrerm zu vernemben. Zinnhobler (wie Anm. 8). " Hormayr, Taschenbuch Bd. 42, S. 37. Zu ihm vgl. vor allem Stieve I, 110, 232; II, 103 f. u. ö. Der Ständeausschuß war am 13. Juli von Steyr nach Wels übersiedelt. Vgl. Gurtner, a. a. O., 186. Hormayr, Taschenbuch Bd. 42, 5. 37 f. 5= Ebd., 38, Nach T. Lambacher war es frühestens am 21. August. Vgl. Wirmsherger, Aistersheim, 97. " Vgl. auch Strnadt, Bauernkrieg, 77. Sein richtiger Name war Georg Kietopler. Vgl. Stieve II, 309 (Register). Hormayr, Taschenbuch Bd. 42, S. 35. Zu ihm vgl. Anm. 7. Richtiger Name Alexander Treiber. Vgl. Stieve II, 324 (Register).

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