OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

Heute wird Heinrich Wilhelm Herr von Sternherg / wieder nach Passau zun Herrn Commissarien abgefertigt / ihnen den fernem verlauff, wie es im Landt beschaffen / wieder zu berichten. Die Käyserl. Commissarien haben Gestern / wegen ihrer beschwerlichen auffhaltung / an die anwesende Stände und Herrn verordnete / ein Schreiben abgegeben / und sie dargegen wieder schrifftlich beantworten lassen. Die Auffruhr im Lande erzeigt sich je lenger je gefehrlicher / wo nicht bald der Religion halber mittel gemacht / und der rigor, welcher allein diesen Auffruhr erweckt / mitigirt wird / ist zu besorgen ! es möchte seltzam zugehen. Wir sind allhier in der Stadt allerseits belagert / haben nichts / weil die Bauren alles Vieh biß an die Vorstadt hinweg genommen / begehren den Stadthalter mit gewalt zu haben / Er ver bauet sich gewaltiglich / ist auch resolvirt, ehe zu sterben / alß das Schloß auffzugeben / Ent gegen meinen die Bauren / sie wollen ihn wol uberweltigen / es erwindet allein an einer guten Käyserl. resolution, kömpt solche nicht, so hat man sich wol für zu sehen / Die Herrn Commis sarien sind zu Steyer in der Burg / gleichsamb verarrestiret / unnd verioacht / In summa t es ist eine weit außsehende Sache / so man für gering achten wil / aber die Erfahrung wirds geben / Die Käyserl. Herrn Commissarien haben nicht lust ins Landt / weil sie sehen / das die Käyserl. so schlecht tractirt werden / Man ver meint / wenn nur ein par Regiment Knechte / oder 500 Pferde im lande weren / so sey alles wol zu stillen / Es ist aber das wiederspiel zu besorgen / denn eine große mänge Volcks in unterschiedlichen Lägern beysammen / und wird das Läger vor Lintz und Eberßberg über 50 tausent Mann geschätzt / das Läger umb Weibern und an den Bäyerischen Cräntzen / ist auffs wenigste 20 tausent starck / So ligen im Ufer zu Lintz über die Donau / mehr alß 12 tausent Mann / unnd ist dennoch dan (= das) gantze Landt voll / so alle auff einen Clockenstreich warten / und ein jeder schon auff sein gewiß Ort besteh ist / haben Munition und Proviant gnug / muß ein jeder auff 8 Tage sich selbst Proviantieren / und wenn ers verzehret / die Proviant wieder zu Hause holen. Die Schreiben seyn nunmehr gefehrlich über Landt zu bringen / werden alle eröffnet / unnd ist schon etlichen grosse gefahr darauff gestan den / derowegen mit Schreiben wol behütsam umbzugehen. Offiziell mußten die Ausschußmitglieder von Wien einen positiven Bericht heimsenden, ein geheimes Schreiben aber machte den Aufständi schen klar, welches Spiel von Verzögerung und falschen Versprechungen hier getrieben wurde. Und als am 24. Juni 1626 diese Nachricht nach Ebelsberg kam, da waren die Massen nicht mehr zu halten: ein Teil des Ebelsberger Lagers unter Bauernhauptmann Wolf Wurm rückte vor Enns, die Hauptmacht unter Fadinger zog gegen Linz. Das Schloß — vom Statthalter ebenso wie die Stadtbefestigung in Verteidigungsbereitschaft gesetzt — war das Ziel. Die Scharen lagerten daher auf den Höhen der Umgebung und hatten ihr Hauptquartier im Judenbauernhof. Am Nach mittag des 24. Juni 1626 war von der Linzer Seite der Aufmarsch erfolgt und damit war die Belagerung in ihr Endstadium getreten. Linz war von den aufständischen Bauern eingeschlossen. Die eingeschlossene Stadt Noch immer wurde verhandelt. Die Stände ver suchten es mit Abmahnungspatenten an die Bauern, der Statthalter erklärte, er wolle lieber sich und die Verteidiger mit dem Schloß in die Luft sprengen, als sich ergeben. Gegen die her anziehenden Bauern ließ er die Blutfahne®® und andere Fahnen schwingen, was diese noch mehr reizte. Die Bauern teilten am 25. Juni 1626 den Ständen in Linz mit, daß ihr Aufzug vor Linz keine Belei digung des Kaisers oder anderer, die es ehrlich mit ihnen meinen, darstellen sollte. Die Haupt ursache wäre, daß „Adam von Herberstorff" sie schon viele Jahre lang in ihrem Gewissen durch die Abschaffung evangelischer Prediger und andere Veränderungen besonders bedränge; sie '8 über die Bedeutung der Fahnen bei den Bauern unruhen (speziell 1632) vgl. jetzt Ernst Burgstaller, Martin Laimbauer und seine machländische Bauern bewegung, Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1973, S. 21 ff.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2