Die Belagerung von Linz 1626 im Spiegelder Zeitungsmeldungen VonGeorg Wacha Mit 3 Abbildungen und 3 Textbildern Einleitung — Die Vorgeschichte — Der Anfang des Bau ernaufstandes — Das Vorgehen gegen Linz — Die ein geschlossene Stadt — Der tragische Ausgang — Anhang. Im Fachgebiet Zeitungswissenschaft ist es üblich, Arbeiten über verschiedene Themen des 19. Jahr hunderts „im Spiegel der Presse" zu vergeben'. Der Historiker fragt sich beim Titel dieses Auf satzes, ob dabei wohl auch die späteren An sichten über den Bauernkrieg und die Belagerung von Linz 1626 geschildert werden sollen. Mit nichten. Es ist viel zuwenig bekannt, daß schon im 17. Jahrhundert das Zeitungswesen derart entwickelt war, daß damit eine wichtige Quelle, eine oft aus unmittelbarer Anschauung schöp fende Nachricht für manches Ereignis zu gewin nen ist. Vor einiger Zeit habe ich dies an Hand der ältesten erhaltenen österreichischen Zeitun gen zu zeigen versucht^, hier sei der Versuch unternommen, die zeitgenössischen Meldungen über die Ereignisse des Jahres 1626 zusammen zustellen und daraus ein Bild der Vorkommnisse, vielleicht sogar eine tiefer gehende Analyse der Volksstimmung, der Absichten des Aufstandes, der Hoffnungen und Enttäuschungen zu geben. Mit der „Neuen Zeytung von Orient und auff gange" erscheint 1502 zum ersten Mal nachweis bar das Wort „Zeitung" im Titel einer ge druckten Nachricht. Der unbekannte Verfasser konnte nicht ahnen, daß er eine symbolhafte Formulierung gefunden hatte. Sie bezeichnete buchstäblich einen „Aufgang": die Geschichte einer neuen Zeit verband sich von nun an untrennbar mit der Entwicklung der „Zeitung"®. Damals bedeutete Zeitung allerdings nur soviel wie Nachricht, und es dauerte lange, bis das Wort in unserem Sinne gebraucht wurde. Der Beginn des Zeitungswesens fällt daher nicht mit dem ersten Auftreten des Wortes Zeitung zu sammen. Zahlreiche Flugblätter und Einzel drucke, oft auch mit primitiven Holzschnitten illustriert, wurden als „Neue Zeitung" bezeich net, die Geburtsstunde der periodisch erscheinen den aktuell berichtenden und thematisch unbegrenzten Nachrichtenblätter — der eigent lichen Zeitungen also — liegt im Dunkeln. Man vermutet, daß sie an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert liegt*. Von einer Monatszeitung, die der Augsburger Samuel Dilbaum zusammen stellte und der Buchdrucker Leonhard Straub in Rorschach am Bodensee herausbrachte, ist der Jahrgang 1597 erhalten geblieben. Die ältesten bisher bekannten Wochenblätter erschienen 1609: die „Relation" des Straßburger Verlegers Johann Carolus und der von Julius Adolph von Söhne in Wolfenbüttel gedruckte „Aviso"®. Es ist hier nicht der Ort, auf die Anfänge des Zeitungswesens ausführlicher einzugehen. Fest gehalten sei aber, daß sich — gefördert durch die territoriale Zersplitterung und durch die konfes sionelle Zerrissenheit — die periodische Presse Deutschlands am reichsten und am buntesten entwickelte. Die ältesten bisher bekannten und erhalten gebliebenen periodischen Zeitungen außerhalb Deutschlands erschienen in den Nie derlanden 1618, in den Spanischen Niederlanden (Belgien) 1620, in England 1621, in der Schweiz 1622, in Frankreich 1631, in Italien 1643, in schwedischer Sprache 1645, in Spanien und Polen 1661, in dänischer Sprache 1672®. In unse rem Zusammenhang ist es aber wichtig, darauf hinzuweisen, daß die Erscheinungsorte der Zei tungsnummern, die über die Ereignisse in Ober österreich im Jahre 1626 berichten (Berlin, Ham burg oder Lüneburg, Stuttgart), meist in evan gelischem Gebiet lagen und daher die Sympa thien eher den aufständischen Bauern und damit ' Georg Wacha, Berichte über Dissertationen seit 1945 (betreffend Wien und Niederösterreich). A. Zeitungs wissenschaft, Unsere Heimat 21, 1950, S. 133 ff. 2 Georg Wacha, II Corriere Ordinario, eine vergessene Quelle zur Kulturgeschichte des späten 17. Jahrhun derts, Oö. Heimatblätter 19,1965, S. 27—35. ' Elger Blühm, Vorwort in: Die deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts. Ein Bestandsverzeichnis mit histori schen und bibliographischen Angaben, zusammenge stellt von Else Bogel und Elger Blühm, Studien zur Publizistik, Bremer Reihe, Deutsche Presse-Forschung, hg. von Elger Blühm, Band 17, Textband, Bremen 1971, S. VII. * Blühm, ebenda. Über Flugblätter noch immer unent behrlich: Karl Schottenloher, Flugblatt und Zeitung, Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler 21, Berlin 1922. Im Kapitel „Flugblätter vom Dreißigjähri gen Kriege" (S. 262 ff.) behandelt er speziell die Ereig nisse des Jahres 1620 in Böhmen. ® Walter Schöne, Die Relation des Jahres 1609, Schriften reihe; Die deutsche Zeitung im ersten Jahrhundert ihres Bestehens (1609—1700), Band II, Leipzig 1940. ® Blühm, Vorwort, S. VIII.
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