OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

Einnahmen an einer völligen Entrechtung ihrer Untertanen interessiert gewesen wären. Sie wußten vielmehr sehr wohl, daß ein weitgehend selbständiger und auf eigenes Risiko und eigene Kosten produzierender Bauer auch für sie von Vorteil war. Schließlich darf auch nicht über sehen werden, daß sich die Bauern durch den ansteigenden Lebensmittelbedarf, die oftmaligen Geldentwertungen und Kriege trotz der vielfäl tigen Beschränkungen und Belastungen von sel ten der Grundherren als Nahrungsmittelprodu zenten in einer relativ günstigen Lage befanden. Es gab um 1600 durchaus wohlhabende Bauern in Oberösterreich, die es verstanden, sich erfolg reich am Zwischenhandel und Transportwesen zu beteiligen. Dafür spricht auch die Tatsache, daß die Bauern im Jahre 1626 nach vielen voran gegangenen Kriegen noch über solche Geldmittel verfügten, daß sie sich bereit erklären konnten, dem Kaiser das an Bayern verpfändete Ober österreich zurückzukaufen. Ihr wachsendes Selbstbewußtsein drückte sich in Kleidung und Essensgewohnheiten aus, worin sie ihre Herren nachahmten-®. Noch schwerwiegender ist sicher lich die Tatsache der anwachsenden bäuerlichen Wehrbereitschaft, waren doch die Bauern in die sen unruhigen Zeiten durchwegs bewaffnet und wiederholt von ihren Herren zum Kriegsdienst einberufen und als Landsknechte ausgebildet worden. Reformation und Gegenreformation hatten schließlich auch nicht unbeträchtlich zum Wider stand der Bauern beigetragen. Im Gedankengut der Reformation sahen viele Unterdrückte die Möglichkeit ihrer Befreiung, was Luther mit der Bemerkung „Das heißt christliche Freiheit ganz fleischlich machen" aufs schärfste verurteilte. Das Land ob der Enns war im 16. und 17. Jahr hundert größtenteils protestantisch geworden und setzte der Gegenreformation des Hauses Habsburg hinhaltenden Widerstand entgegen. Die protestantischen oberösterreichischen Stände schlössen zur Verteidigung ihrer Interessen mit den böhmischen Ständen ein Bündnis ab. Nach dem böhmischen Krieg von 1620 mußten jedoch auch sie sich dem Kaiser unterwerfen. Ober österreich wurde in der Folge als Gegenleistung für die Kriegshilfe an Bayern verpfändet. Die Bevölkerung hatte die ungeheuren Belastungen der Besatzungsmacht zu tragen. Plünderungen und Gewalttätigkeiten der Soldaten waren so verbreitet, daß der Statthalter den Ständen und Bauern zugestehen mußte, vagabundierende Sol daten festzunehmen oder zu töten^^. In der folgenden Zeit spitzte sich die Lage zu: Die Jahre 1622 und 1623 brachten Mißernten und das Jahr 1624 einen sehr strengen Winter^^. Die allgemeine Unruhe wuchs. Die Vertreibung evangelischer Priester im Rahmen der Gegen reformation sowie Auseinandersetzungen der Bauern mit den bayrischen Besatzungssoldaten gaben dann 1626 den Anstoß zum Aufstand. Der Krieg wurde von breiten Bevölkerungs schichten getragen: Alle Bauern taten sich trotz ihrer unterschiedlichen Lage zusammen. Ihnen schlössen sich das ländliche Proletariat, die Eisen arbeiter und Holzknechte an. Ebenso am Auf stand beteiligt waren die Bürger vieler Märkte und die städtischen Unterschichten. Auf die Seite der Bauern stellten sich sogar städtische Ober schichten, wie die reichen Bürger von Steyr und Wels^®, während sich die Herren und Ritter zu meist hinhaltend und abwartend verhielten. Wurde der Krieg schon mit äußerster Härte geführt, so brachte sein Ende den Besiegten Blutgericht, fremde Besatzung, erhöhte Steuern und Abgaben. Weite Landstriche verödeten, Städte und Märkte wurden großteils zerstört und Bauernhöfe verwaisten. Viele evangelische Untertanen wurden gezwungen, das Land zu verlassen. Lange Zeit hindurch blieb der Bauer weitgehend entrechtet und brachte verständ licherweise den anderen Ständen großes Miß trauen entgegen. Seine Rechtsstellung blieb bis ins 19. Jahrhundert großteils unverändert. Als Sieger gingen aus dieser Auseinandersetzung die Fürsten und oberen Stände hervor, die in der Folge das System des Absolutismus ausbildeten. Nach Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 96. Vgl. Jahn, Josef, Der oberösterreichische Bauernkrieg im Jahre 1626, Budweis, o. J., S. 20. Vgl. Jahn, Josef, a. a. O., S. 20. ^ Vgl. Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 98.

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