OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

neben auch einen Teil des Landes selbst bewirt schaften und den Meierhof nach Art eines Musterbetriebes führen. Die Grundherrschaft war aber nicht bloß auf wirtschaftliche Abhän gigkeit aufgebaut, sondern umfaßte auch das Recht, die gesamte untere Verwaltung und Gerichtsbarkeit für oder über die Untertanen auszuüben®. Die Grundherren hatten damit alle Funktionen auf sich vereinigt, welche heute von Gerichten, Finanzämtern, Polizei, Gemeinde ämtern und Bezirkshauptmannschaften wahr genommen wurden^®. Es ist klar, daß diese viel fältigen Funktionen nicht von den Herren allein ausgeübt werden konnten. Vielmehr wurden de ren Interessen von Pflegern, Richtern und Amts leuten wahrgenommen, denen in den Gemeinden die Vierer, Achter und Zechpröpste unterstellt waren. Die Vierer hatten die Aufgabe der Feld-, Wald-, Wasser- und Feuerpolizei, die Achter bil deten mit ihnen den Gemeinderat, und die Zech pröpste waren die Verwalter des Kirchenvermögens'^. Diese Schicht, die wir heute als Angestellte bezeichnen würden, stand zwischen dem Grundherrn und den bäuerlichen Unter tanen. Sie war verantwortlich für die Verwaltung und das Gerichtswesen der Gemeinde wie auch des herrschaftlichen Hofes. Die Landesfürsten hatten auf diesem weitgehend autonomen Bereich nur insofern Einfluß, als sie die zweite gerichtliche Instanz darstellten und bei Natur katastrophen, Kriegen oder Aufständen ein schritten. Die Besitzer der Grundherrschaften waren welt liche oder geistliche Herren mit sehr unterschied lichem sozialen Status. Als die wichtigsten Grup pen bildeten sich seit dem 13. Jahrhundert die Landesfürsten heraus, deren unmittelbaren Herr schaftsbereich das Kammergut darstellte. Ihnen folgten die sogenannten drei oberen Stände, die Prälaten, Herren und Ritter, und schließlich als vierter Stand die Bürger. Um 1620 bis 1625 zeigt die Verteilung der Grundmacht in Oberösterreich folgendes Bild: Insgesamt bestanden damals 44.189 Häuser der Untertanen, was nach dem Umrechnungsschlüs sel 1 : 6 auf ungefähr 260.000 Einwohner schlie ßen läßt. Von den Häusern waren dem Prälaten stand 10.377, dem Herrenstand 12.861 und dem Ritterstand 7093 Untertan. Die übrigen Obrig keiten der Priesterschaft besaßen 535 Häuser, die landesfürstlichen Pfandherrschaften 10.754 und die sieben landesfürstlichen Städte kamen zusammen auf einen Besitz von 2609 Häusern^®. In seiner Organisation war der Bauernhof dem Gut der Grundherrschaft recht ähnlich. Wie die ses bildete er eine wirtschaftliche und soziale Einheit. Der grundlegende Unterschied bestand lediglich darin, daß der bäuerliche Besitzer und seine Familie selbst im Betrieb mitarbeiteten. Je nach der Größe des Hofes und der vorherrschen den Produktionsart bildete der Bauernhof ein mehr oder weniger differenziertes Gebilde von Rollen und entsprechenden Positionen für Knechte und Mägde, in das die Familie des Bauern mit eingegliedert war. Die einzelnen Bauern waren auf die Hilfe ihrer Nachbarn stark angewiesen, da die zu einem Hof gehörigen Grundstücke oft weit zerstreut lagen und außer dem häufig ein gemeinsames Eigentum an Wald oder Wiesen vorhanden war. Wie stark diese nachbarschaftlichen Bindungen waren, läßt sich daran ersehen, daß sich die Bauern fast immer geschlossen zum Aufstand erhoben. Was nun den sozialen Status der bäuerlichen Untertanen betrifft, war dieser unterschiedlich ausgeprägt und konnte von gänzlicher Leibeigen schaft bis hin zur vollen persönlichen Freiheit reichen. Als die wichtigsten Ausformungen von Abhängigkeitsverhältnissen bildeten sich seit dem 13. Jahrhundert folgende heraus: „1. Die freie Erbleihe oder das Landsiedelrecht, welches in den bürgerlichen Siedlungen meist als Burgrecht bezeichnet wird. 2. Die Leihe auf Lebenszeit oder das Leibgeding. 3. Die Zeitleihe auf Widerruf, Freistift genannt^®." ° Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 27. Vgl. Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 27. " Vgl. Jahn, Josef, Der oberösterreichische Bauernkrieg im Jahre 1626, Budweis, 3. Aufl., o. J., S. 7. Landesarchiv Linz, Herrschaftsarchiv Seisenberg, Hand schrift 77, in: Grüll, Georg, Der Bauer im Lande ob der Enns am Ausgang des 16. Jahrhunderts, Wien - Köln - Graz 1969, S. 60. Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 28 (Freistift im Original kursiv).

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