OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

Die soziale Lage der Bauern zur Zeit der Bauernkriege VonArmin Po1ivka Der Bauernkrieg, der in Oberösterreich vor 350 Jahren seinen Höhepunkt erreichte, war der größte Bürgerkrieg, der Österreich je erschüttert hat. Vielfältig sind die Faktoren, welche zur Massenbewegung gegen die bestehende Gesell schaftsordnung geführt haben, und es wird dar auf ankommen, aus der damaligen Sozialstruktur diejenigen Kräfte abzuleiten und gegeneinander abzuwägen, welche die soziale Lage der Bauern derartig verändert haben, daß sie zum bewaff neten Widerstand schritten. Um das 15. Jahrhundert setzte ein tiefgreifen der sozialer Wandel ein, der unter den Begriff Frühkapitalismus zusammengefaßt werden kann und der die Sozialstruktur nachhaltig veränderte. Neben die alten Oberschichten des hohen Klerus und der weltlichen Fürsten treten die ersten Großkapitalisten, wie die Fugger und die Welser. Nicht so günstig entwickelte sich dagegen die Lage der oberen und mittleren Schichten in den Städten, welche zunehmend in Auseinanderset zungen mit den Handwerkern und dem sich langsam herausbildenden städtischen Proletariat verwickelt wurden. Auf dem Land bewirkten die wachsende städtische Güternachfrage und die Kapitalisierung der Grundherrschaften die Ver minderung bäuerlicher Rechte und verschärften den Robot- und Gelddruck seitens der vom Ab stieg bedrohten Grundherrn. Seit den Kreuzzügen hatte sich die Geldwirtschaft immer mehr gegenüber der Naturalwirtschaft durchgesetzt und die Herausbildung einer neuen Führungsschicht begünstigt. Großkaufleute und Bankiers wurden die Geldgeber für die Politik der Päpste und Habsburger und gelangten zu ungeheurer Macht. Unterstützt durch deren Pri vilegien, organisierten sie den damals risiko reichen, aber sehr gewinnbringenden Fernhandel mit Edelmetallen, Seide, Tuchen, Waffen und Orientwaren. Sie führten das Verlagssystem ein, das auf einer zunehmenden Arbeitsteilung be ruhte und darin bestand, daß die Verleger bezahlten Handwerkern Rohstoffe und Geräte zur Verfügung stellten und selbst den Vertrieb der Waren übernahmen. Zu ihren Lieferanten zählten dabei nicht nur die städtischen Export gewerbe, sondern auch die über den örtlichen Bedarf hinaus produzierenden Handwerker auf dem Lande. Die Fürsten, welche seit dem 12. Jahrhundert die Reichsgewalt übernommen hatten, vergrößer ten ihre Einnahmen dadurch, daß sie gegen Be zahlung Privilegien vergaben. Sie übernahmen damit ein System, das ursprünglich von der Kirche zur Umgehung des mittelalterlichen Wucherverbotes eingeführt und in der Folge von den Großkaufleuten ausgebaut worden war. In diesen Zeitraum fällt auch der Zusammen schluß des Landes ob der Enns zur selbständigen politischen Einheit^. Die Einteilung Oberöster reichs in die vier Viertel Mühlviertel (nördlich der Donau und westlich des Haselgrabens), Machlandviertel (östlich des Haselgrabens), Hausruckviertel und Traunviertel wird erstmals 1478 urkundlich erwähnt^. Noch nicht zu Ober österreich gehörte damals das sehr fruchtbare Innviertel, welches erst 1779 erworben wurde. Um sich gesicherte Einnahmequellen zu erschlie ßen, versuchten die Landesherren in den Besitz der größten und ertragreichsten Ländereien zu kommen. Daneben begünstigten sie die Städte durch die Vergabe von Vorrechten, wie dem Münzrecht, dem Meilenrecht, dem Straßen- oder dem Niederlagszwang®. Im System städtischer Privilegien, das im wesentlichen auf die Errich tung von Monopolstellungen abzielte, hatte der Bund der sieben landesfürstlichen Städte Steyr, Enns, Linz, Wels, Freistadt, Gmunden und Vöcklabruck^ eine besonders bevorzugte Stel lung, da dessen Bürger sogar Angehörige der Landstände waren. Allgemein besaßen die Bür ger der Städte im Unterschied zur Mehrzahl der auf dem Land lebenden Untertanen die Garantie der persönlichen Freiheit ebenso wie das Recht, über ihren gesamten Besitz frei verfügen zu können. Dazu kam noch, daß die Bürger zwar Untertanen eines Herren blieben, die Städte aber einen selbständigen Gerichtskreis bildeten. Jeder, * Hoffmann, Alfred, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, Band 1, Salzburg 1952, S. 60. ^ Klein, Kurt, Die Bevölkerung Österreichs vom Beginn des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, in; Helczmanovski. Heimhold, Beiträge zur Bevölkerungs- und Sozialgeschichte Österreichs, Wien 1973, S. 70. ' Vgl. Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 69. Vgl. Hoffmann, Alfred, a. a. O., S. 48.

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