OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

kompositorisch tätig. Wohl wurde vieles an zeit genössischer Literatur, wie sie damals vor allem in Venedig, aber auch in München, Nürnberg, Innsbruck usw. verlegt wurde, für das Stift angeschafft®. Diese Druckwerke enthielten jedoch vieles nicht, was speziell für die kirchen musikalischen Bedürfnisse Kremsmünsters erfor derlich war. Für alle diese im Stift besonders zu begehenden und daher auch musikalisch auszu gestaltenden Anlässe (Heiligenfeste des Ordens, des Hauses etc.) schrieb nun P. Benedikt Lechler Kompositionen für Ämter und Offizien, um auch diese an Stelle der sonstigen choraliter-Praxis mit figurierter bzw. konzertanter Musik versehen zu können. Diese seine Kompositionen hat er in fünf Sammelbänden — die sogenannten „LechlerCodices" — in Partitur geschrieben. In seine Sammelbände hat Lechler aber auch eine Reihe von fremden Kompositionen aufgenommen, die mit wenigen Ausnahmen Werke von Zeitgenos sen sind. Lechler war also durchaus modern ein gestellt und pflegte besonders den konzertanten Stil, wie durch die Anschaffungen von Musika lien, aber auch aus den Rechnungen für kirchen musikalische Belange (Bezahlung von Sängern und Instrumentalisten, Reparaturen und An käufe von Instrumenten) hervorgeht. Für grö ßere Aufführungen wurde sogar Unterstützung von auswärts geholt. Es fehlt nicht an Hinweisen und Belegen, daß im Stift auch die weltliche Musik gepflegt wurde. Einige von P. Benedikt Lechler aufgezeichnete Instrumentalkanzonen, zwei sogar von ihm selbst komponiert, mochten als Festmusiken für besondere Anlässe (hoher Besuch im Stift o. ä.) gedient haben. Und schließlich waren schon seit dem vor vergangenen Jahrhundert Schulkomö dien aufgeführt worden, die alle musikalische Einlagen enthielten. Auch hierzu hat Lechler eigene Kompositionen beigesteuert. Noch bis weit ins 18. Jahrhundert hinein er reichte die Pflege der Musik in Kremsmünster nicht mehr jenen hohen Stand, den sie unter Lechlers Wirken erlebte. Musikpflege durch die protestantischen Schulen Als zweiter Schwerpunkt des Musiklebens in Oberösterreich ist die Musikpflege anzusehen. die mit dem Schulwesen in engstem Zusammen hang steht. Es sind vor allem die protestantischen Volksschulen (Deutsche Schulen) und Latein schulen in den Städten, Märkten und Dörfern. Waren schon vor dem Einzug des Protestantis mus in Oberösterreich, etwa vom 14. Jahr hundert an, in Pfarrorten Schulen gegründet worden, so breitete sich nunmehr das Schul wesen unter dem Einfluß humanistischen Bil dungsstrebens beträchtlich aus^. Bald nach 1517 war das ganze Land von der Lehre Martin Luthers ergriffen. Dies ging um so rascher, als vor allem der oberösterreichische Adel sich mehr heitlich dem Protestantismus zuwandte. So konnte die lutherische Reformation den weitaus größten Teil der Bevölkerung erfassen, ein schließlich des Weltklerus, ja sogar in die Klöster gelangte die neue Lehre, wie verschiedene Visita tionsprotokolle des 16. Jahrhunderts berichten. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts war der Protestantismus praktisch Landeskirche®. Dazu kam, daß viele Österreicher zum Studium deutsche Universitäten bezogen, während von dort her — vornehmlich aus dem Kernlande der Reformation — Prädikanten, Schulmeister und Kantoren einwanderten und hier die entspre chenden Stellen besetzten. Entsprechend der For derung Luthers kam dem Musikunterricht in der Erziehung der Jugend nunmehr erhöhte Bedeu tung zu. Die Folge war, daß die bürgerliche Musikpflege einen gewaltigen Aufschwung nahm. Die Schulmeister und die ihnen beigege benen Kantoren und Succentoren hatten die Kin der im Singen und Instrumentalspiel zu unter weisen, und diese wurden ihrerseits für die Mit wirkung in der Kirchenmusik herangezogen. Sol cherart konnte sich vielfach der Figuralgesang im protestantischen Gottesdienst entfalten. Aus ' Erich Posch, Das Messenrepertoire des Stiftes Krems münster in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Separatum aus Jahresbericht 1965/66 des BrucknerKonservatoriums des Landes Oberösterreich, Linz 1966. ' K. Schiffmann, a. a. O. ' Othmar Wessely, Musik in Oberösterreich, Linz 1951. — Ders., Linz und die Musik, in: Jahrbuch der Stadt Linz 1950, Linz 1951. — Ders. in MGG X, Art. Öster reich (Oberösterreich), Kassel 1962, und MGG VIII, Art. Linz, Kassel 1960. — Hans Joachim Moser, Die Musik im frühevangelischen Österreich, Kassel 1954.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2