OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

Seite; aber auch Tanzsätze oder Intraden in vier-, fünf- und sechsstimmiger Besetzung kommen in Gebrauch, und schließlich beginnt die Entwick lung der Orchestersuite in jener Zeit. Gleichfalls in einer entscheidenden Phase befindet sich hier die Lauten- und Tastenmusik, besonders die Orgelmusik, sowohl von Norden (England, Hol land, Nord- und Mitteldeutschland) als auch von Italien her. Wichtigste musikalische Erscheinungen jener Zeit im evangelischen Deutschland sind das von Mar tin Luther ausgehende Kirchenlied, das auch in der mehrstimmigen Musik als Cantus firmus zu neuen Entwicklungen im Cantionalsatz, in der Choralmotette und als Choralbearbeitung in der Orgelmusik geführt hat, sowie die aus der Mo tettenkunst des 16. Jahrhunderts abgeleitete und unter dem Einfluß des italienischen Madrigal stils ausgebildete Gattung der Spruchmotette. Dies sind nun die wesentlichen Einflußsphären, aus denen damals das Musikleben in Oberöster reich schöpft. Die klösterliche Musikpflege Als wichtigste Träger des Musiklebens in Ober österreich sind wohl die Stifte anzusprechen. In den Ordenshäusern der Augustiner-Chorherren in St. Florian, Reichersberg, Ranshofen, Wald hausen, der Zisterzienser in Wilhering, Baum gartenberg, (Schlierbach), oder der Prämonstratenser in Schlägl, vor allem aber der Benediktiner in Mondsee, Kremsmünster, Lambach, Garsten und Gleink, wurde der Choralgesang gepflegt. In den Klosterkirchen waren bereits kleinere oder größere Orgelwerke erbaut, und mehrere Klöster verfügten über einen Apparat von Sängern und Instrumentalisten, der sich dem mehrstimmigen Musizieren widmen konnte. Dazu trugen auch die allenthalben bestehenden Klosterschulen, vor allem der Gymnasien (Mondsee, Kremsmünster, Ranshofen)^, bei, an denen der Magister oder der ihm beigegebene Kantor den Schülern Musik unterricht erteilte. In den Händen des Kantors lag auch die Leitung der Kirchenmusik. Weitaus den bedeutendsten Rang unter den oberösterreichischen Klöstern nahm Kremsmün ster ein®. Demgemäß erfuhr dort auch die Musik pflege die stärkste Entfaltung, zumal gerade die in diesem Stift damals regierenden Äbte (Erhard Voit, Johann III. Spindler, Alexander a Lacu, Anton Wolfradt) besonderen Wert auf das Bildungs-, Kunst- und Musikwesen legten, ja sogar selbst ausübende Musiker waren. Entscheidend gefördert wurde das Musikwesen von da an, als seit dem Jahre 1603 (unter Abt Alexander a Lacu) die Leitung der Stiftsmusik in die Hände eines Konventualen als Regens chori gelegt wurde, wenngleich das aus Inventarien oder noch vorhandenen Musikalien ersichtliche Reper toire schon vorher einen beachtlichen Stand des mehrstimmigen Musizierens ausweist. Krems münster bewahrt ja überhaupt den weitaus reich sten Schatz an Musikwerken der früheren Jahr hunderte. Durch diese wie auch durch reichlich vorhandenes Archivmaterial sind wir über das Musikleben gerade dort so gründlich informiert wie kaum sonstwo*. Der erste Regens chori, der 1603 sein Amt an trat, ist namentlich nicht bekannt, hingegen ist uns der Name seines Nachfolgers überliefert: Wolfgang Christan wirkte bis 1625. Auf ihn folgte P. Benno Schweikhart (1625 bis 1628). Der bedeutendste Musiker des Stiftes im 17. Jahrhundert aber ist P. Benedikt (Johannes) Lechler, der von 1629 bis 1651 Regens chori war®. Johannes Lechler wurde 1594, dem Todes jahre Lassos und Palestrinas, zu Füssen am Lech geboren. Er studierte in Wien und übernahm 1616 als Magister die Leitung der Klosterschule und der Stiftsmusik in Admont. Schon 1617 aber zog er nach Kremsmünster als Beamter und Lautenist. 1626 entschloß er sich, in den Benedik tinerorden einzutreten und legte 1628 die Profeß ab. 1629 übernahm er als Regens chori die Lei tung der Stiftsmusik, die er zu bis dahin nicht dagewesener Höhe führte. Er war auch selbst ® Siehe Konrad Schiffmann, Das Schulwesen im Lande ob der Enns bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, Linz 1901. ' Siehe P. Altmann Kellner, Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster, Kassel 1956. * F. Altman Kellner, a. a. O. ' P. Altman Kellner, P. Benedikt Lechler, ein Meister der Musik aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, Kremsmünster 1933. — Ders., Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster, S. 193 ff.

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