Musikleben in Oberösterreich zur Zeit des Bauernkrieges Von Erich Posch Mit 4 Textabbildungen Oberösterreich als Musiklandschaft kann bis in das 19. Jahrhundert hinein, bis zum Auftreten Anton Bruckners, im Vergleich zu benachbarten Gebieten oder Ländern kaum herausragende oder gar epochemachende musikgeschichtliche Leistungen aufweisen, die ihm auch nur zeitweise eine führende Rolle einräumten. Die Haupt ursache hiefür ist wahrscheinlich im Fehlen eines bedeutenden weltlichen oder geistlichen Mäzena tentums, wie es andernorts etwa eine reiche fürstliche Hofhaltung dank besonderer politi scher Stellung oder wirtschaftlicher Fundierung bildeten, aber auch eines geistigen Zentrums, wie etwa einer Universität, zu suchen. Oberösterreich selbst hat in früheren Jahrhunderten kaum eine schöpferische Musikerpersönlichkeit hervor gebracht; es beherbergte lediglich zeitweilig be deutendere Männer, die, von auswärts kom mend, hier tätig waren und im Rahmen der all gemeinen Musikgeschichte wichtig geworden sind (Paul Peuerl, Johannes Kepler). Gleichwohl entbehrte es in diesen früheren Zei ten nicht einer mehr oder weniger blühenden Musikpflege. Diese soll nun einer Betrachtung unterzogen werden in jenem Zeitraum, da unser Land von einem der folgenschwersten Ereignisse seiner Geschichte erschüttert und verwüstet wurde, dem Bauernkrieg des Jahres 1626. Wohl kaum ein anderer Bereich kulturellen Lebens konnte vom Bauernkrieg so schwer betroffen, ja gelähmt werden wie jener der Musik. Unter dem Druck der furchtbaren Ereignisse dieses Jahres mußte wohl im allgemeinen Leben jegliche Musikübung, Instrumentalspiel und Gesang, ihre Bedeutung verlieren, es sei denn der Gesang der zum Kampfe um ihren Glauben mit einem geist lichen Liede sich rüstenderi Protestanten. So kann die Musik in Oberösterreich im Bauern kriegsjahr selbst nicht der zentrale Gegenstand dieser Betrachtung sein. Vielmehr bildet es eine Achse in einem Gesamtbild der oberösterreichi schen Musiklandschaft jener Epoche. Eine Achse deshalb, weil hier mit der Niederwerfung und Zerschlagung des Protestantismus eine im Ge folge der Einführung der Reformation in unse rem Lande hervorgebrachte Blüte kirchlicher, bür gerlicher und adeliger Musikpflege zu Ende geht, während nachher gegenreformatorische Bestre bungen sich um eine Wiederbelebung der Musik bemühten. Es geht also hier im wesentlichen darum, das Musikleben in Oberösterreich im ausgehenden 16. und im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts darzustellen sowie seine Fortsetzung unmittelbar nach dem Einschnitt des Jahres 1626 zu ver folgen. Zur allgemeinen musikgeschichtlichen Situation Der zu behandelnde Zeitraum fällt in den Beginn des musikalischen Barock. In der Kirchenmusik vollzieht sich der Stilwandel von den Spätnieder ländern (Orlando di Lasso und seine Schüler) zur führenden Venezianischen Schule (Gabrieli, Monteverdi), die auch auf unseren Raum beherr schenden Einfluß gewinnt. Ihr Hauptmerkmal, die Doppel- und Mehrchörigkeit in Verbindung mit zunehmender Einbeziehung und Verselbstän digung des Instrumentalkörpers, wird von öster reichischen Komponisten (Johann Stadlmayr, Christoph Straus, Vinzenz Fux, Giovanni Valentini)^ übernommen. Der von der Entwicklung der Oper und der Erfindung des Generalbasses, welcher der ganzen folgenden nach ihm benann ten Epoche das Gepräge gegeben hat, ausgehende konzertierende Stil, die „Concerten-Manier", durchdringt die geistliche Musik (Messen, Hym nen, Psalmen). Die Instrumentalmusik gewinnt an eigenständiger Bedeutung; hier werden neue Formen großer und kleiner Besetzungen aus gebildet in Parallelität zu vokalen Mustern des konzertierenden wie auch des mehrchörigen Prin zips, etwa die Canzonen Gabrielischer Prägung auf der einen Seite oder die Anfänge der Triound Solosonaten mit einem oder zwei Instrumen ten über einem Basso continuo auf der anderen Johann Stadlmayr, geb. wahrscheinlich in Freising, gest. 1648 in Innsbruck; seit 1607 Hofkapellmeister in Innsbruck. Christoph Straus, geb. um 1575, gest. 1631 in Wien; von 1617 bis 1619 Hofkapellmeister Kaiser Mathias', von 1626 bis zu seinem Tode Kapellmeister an St. Ste phan in Wien. Vinzenz Fux, geb. 1606; um 1660 im Dienste der Kaiserin-Witwe Eleonora. Giovanni Valentini, gest. 1649 in Wien, seit 1617 in kaiserlichen Hofdiensten als Organis't, von 1637 bis zu seinem Tode als Hofkapellmeister.
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