OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 3/4

wir schon als Verfasser eines ,,Frankenburger Würfelspiels" begegneten, hat unter dem Titel „Es muß sein!" (1936) einen Fadinger-Roman geschrieben, der den Mittelteil einer Romantrilogie bildet (Erster Teil: Das Gericht am Haushamerfeld, 1934, Dritter Teil: Ums Letzte, 1937). Doch nicht auf diese breitangelegten Romane, in deren Diktion immer wieder Nachlässigkeiten stören, wollen wir eingehen, sondern als Beispiel für die erzählende Darstellung des oberöster reichischen Bauernführers Carl Hans Watzinger (geb. 1908) mit seinem Buche „Die Pfandherr schaft" (1938) nennen. Der Titel wird gleich im ersten Satz der Erzählung erläutert: „Stöffel Fadinger, so hieß der obriste Hauptmann der Bauern Oberösterreichs im Jahre 1626, da sie wider den Pfandherrn ihres Heimatlandes, den Kurfürsten Maximilian I. von Bayern, standen, denn sie wollten frei sein vom Zwang an Leib und Seele; und sie trugen das Recht dazu in ihren Herzen®^." Die Ereignisse beginnen in der Heimat Fadingers im Dorfe Parz nächst St. Agatha und enden nach den wechselnden Kämpfen mit der tödlichen Verwundung des Bauernführers in Linz. Der Autor ist bemüht, bei der Zeichnung der beiden Hauptgestalten, Fadinger und Herbersdorf, keiner groben Schwarzweißtechnik zu verfallen, sondern bei den ein ausgeglichenes menschliches Profil zu geben. Fadinger wird erst nach längerer über legender Zurückhaltung zum vorzeitigen Los schlagen bewogen, er bleibt das besonnen retardierende Element im ungestümen Drängen der Bauernscharen. Bis zum Durchbruch seines Sendungsbewußtseins hat er manchen inneren Zwist und Zweifel zu bestehen. Sein Gegner erscheint ihm durchaus nicht bloß als Bösewicht, er fühlt in manchen Augenblicken, „daß der Statthalter ein aufrechter Mensch war, es däm merte ihm, daß Herbersdorf aus einer Seele lebte, die groß war vor aller Kreatur"®®. Und auch ^der Statthalter achtet innerlich den Mann, der die Bauern führt, er erkennt in ihm einen gleichwertigen Christen der anderen Seite, wenn er in den Schicksalsstunden dieses Kampfes meditiert: „Du bist wie ich, und darum gehet unser Kampf, und er wird nit still, eh einer von uns zwo ausschnaufet®®." Fadinger betrachtet sich nicht als Rebellen, er bestraft immer wieder streng die Übergriffe disziplinloser Haufen, und er ist trotz seiner evangelischen Gesinnung tolerant gegenüber Andersgläubigen: „Deut licher trat ihm vor den Geist, daß in diesem Land nunmehr zwei christliche Bekenntnisse ohne kleinen geheimen Haß nebeneinander wirken müßten, damit Friede werde''®." Den noch gelingt ihm dieser Friede nicht, seine Abge sandten werden vom Kaiser in Wien nicht emp fangen. Da wird Fadinger schmerzlich bewußt, daß der Statthalter mit falschen Karten spiele und die Bauern nur hinhalten wolle, um auf Hilfe von außen warten zu können. Das spornt den Bauernführer zum letzten Kampf an, der tragisch für ihn endet. Damit muß unser Überblick beendet sein. Denn die vielfältigen lyrischen und balladenhaften Zeugnisse über Gestalten und Geschehnisse, über Mentalität und Ethos dieser bewegten Epoche würden eine eigene Untersuchung erfor dern. Für das reichverzweigte Kapitel Bauern krieg gilt wie für jedes geschichtliche Phänomen eine Erkenntnis, wie sie Reinhold Schneider in die Worte gefaßt hat: „Das Gewesene und der politische Raum, die ihre Träger und Besitzer der Wiederholung alten Schicksals entgegentrei ben, machen doch nur einen Faktor aus; sie erzeugen gleichsam die Bereitschaft oder sie brin gen die Verdichtung explosiver Kräfte zustande; das Feuer der Idee erst versetzt die Erden mächte in die gewaltige Bewegung, die wir Geschichte nennen'L" Das tragische Grund motiv geschichtlichen Daseins aber ist die ewige Polarität von Macht und Recht. Der äußere und innere Kampf zwischen ihnen hört nicht auf. Nach dem vorletzten Weltkrieg hatten die Dich ter des Expressionismus mit ihren leidenschaft lichen Nie-wieder-Krieg-Rufen eine allgemeine Carl Hans Watzinger: Die Pfandherrschaft. Erzählung. Jena 1938, S. 7. Ebenda, S. 151. Ebenda, S. 128. Ebenda, 5. 181. " Reinhold Schneider: Der Geistige in der Geschichte. In: Die Literatur, Jahrgang XXXVI (1933—1934), S. 555.

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