Aus der Reihe der Dichtungen um diese Per sönlichkeit können im Rahmen dieser Übersicht nur einige herausgegriffen werden. Franz Keim (1840—1918) schrieb schon 1885 seinen „Stefan Fadinger", den er im Untertitel „Ein deutsches Bauernlied auf fliegenden Blättern" nennt. Vier undzwanzig Blätter umfaßt diese Zwitterdich tung aus epischen und lyrischen Elementen. Mit einem „Grüßgott des Spielmanns" beginnt, mit einem „Segen des Spielmanns" endet das unein heitliche kleine Werk, von dem schon Keims Landsmann Edward Samhaber meinte, es sei im Milieu nicht getroffen®®. Die einzelnen „Blät ter" stehen in keinem unmittelbaren Zusammen hang, Balladenhaftes wechselt mit Liedhaftem und mit rein erzählenden Abschnitten. Blank verse, spanische Trochäen und vierzeilige ge reimte Strophen lösen einander ab. Schon die Überschriften der einzelnen Blätter lassen die Vielfalt der Themen und Episoden erkennen: „Der armen Leut' Gebet Anno 1626", „Das Reformationspatent", „Der Exulant", „Das Fran kenburger Würfelspiel", „Weckruf der schwar zen Bauern", „Der Fadingerhof", „Steff und Christoph", „Die Einquartierung", „Beim Mini wirt", „Der Schwur", „Die Hochzeit von St. Agatha", „Die Passauerkunst", „Der Schrekken von Aschach", „Der Bauerntanz von Efferding", „Die Feuertaufe", „Held Panstingl", „Krakowitz, der Archivar", „Achaz Willinger von der Au", „Der Todesritt", „Die letzte Ehre", „Der Bauernhügel", „Herberstorfs Ende". Die einzel nen Teile stehen im Ausmaß und in der Akzent setzung in keiner glücklichen Relation zum Ganzen. Gemäßer verfährt in dieser Hinsicht die drama tische Gestaltung. Edward Samhaber (1846— 1927) hat ein Fadinger-Drama zu schreiben be gonnen, von Schillers Bühnendichtungen inspiriert. Er bezeichnete es später selber als einen Irrweg®^ und gab den Plan schließlich auf. Erhalten sind der Eingang zum ersten und zweiten Akt sowie einige in ungereimten fünf füßigen Jamben geschriebene Verse aus dem dritten und fünften Akt®®. Den Titelhelden Fadinger läßt der Autor im fünften Akt sprechen®®: Das Land ist schön, und gut sind, die drin wohnen. Doch wehe denen, die dem Land gebieten! Nicht ehrlich meinen sie's und gut; Wir sind nur da, zu zehnten und zu frohnen, O Heimatland! Dir bluten diese Wunden, Und war ich auch ein Mensch mit manchen Schwächen, Doch hab ich dich geliebt und meinen Glauben, Der uns die Freiheit des Gedankens gab. Gott schütze dich vor Ketten, die noch schwerer Als des Gefangnen Eisenketten sind! Auch der im Ersten Weltkrieg gefallene Alfred Grohmann (geb. 1882) hat ein nach klassizisti schen Vorbildern entworfenes, in jambischen Quinaren geschriebenes Drama „Stoffel Fadin ger" (1904) verfaßt, das er im Vorwort selbst „eine Art oberösterreichischer Teil" nennt®®. Er beabsichtigt kein historisches Gemälde, sondern will Analogien zur „völkischen Bewegung" seiner Zeit herstellen, die er als „zweite Refor mation" bezeichnet®^. In den einzelnen Akten ist er auf pathetische Schlußszenen bedacht und läßt Fadinger, den Fahnenspruch seiner Kämpfer auf den Lippen, sterben. In der zweiten Szene des vierten Aufzugs hat er das Spottlied auf Herbersdorf („Jatzt wölln mä ön Grafen oans singa") aus Norbert Hanrieders Epos „Der ober österreichische Bauernkriag" aufgenommen®®. Dagegen scheint sich Gustav Streicher (1873— 1915), ein Jugendfreund Georg Trakls, mit der naturalistischen Prosa seines „Stephan Fadinger" (1903) sichtlich an Gerhart Hauptmanns „Florian Geyer" orientiert zu haben. Er ist um geschichtliche Treue bemüht und nennt als histoEdward Samhaber: Gesammelte Werke, Band V, Mo saiken, Münctien u. Leipzig 1909, S. 257. " Edward Samhaber, a. a. O., V, S. 257 f. Abgedruckt in Band V der Gesammelten Werke, a. a. O., S. 258—270. Ebenda, S. 269. Alfred Grohmann: Stöfifel Fadinger. Ein Drama in fünf Aufzügen, Linz o. J. [1904], im Verlag des Verfassers. Die zitierte Stelle steht auf der Anfangseite des unpaginierten Vorwortes. Ebenda, nächste Seite. Ebenda, S. 151 f.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2