hat sich Wolfs Dichtung entwickelt, in deren Mittelpunkt der Bauernhauptmann Konz steht, ein Kämpfer für die gerechte Sache, der seine Mitkämpfer vor unbedachten Übergriffen warnt: „Geselln, bedenkt, nit um Rachsucht und Raub gier, nit ums Fressen und breiter Lager, nit weil unsere Zahl die größre, han wir den Kampf angenommen, nein, weil feiges Ünrecht geschah und zum Himmel schrie. Der Tropfen Blut aber, Geselln, der feig am Gegner vergossen, er wird Gift sein im Schicksalsbecher unserer großen Sache, daran wir alle trinken müssen®®." In zehn bewegten Bildern werden Spiel und Gegen spiel dargestellt und in wirksamen Dialogen dramatisch entfaltet. Eine Überbrückung der Gegensätze ist nicht möglich; Herzog Ulrich spricht es bündig aus: „Es ist gegen die Natur; Adel und Bauern gehn nimmer zusammen®®!" So folgt der Erhebung die Niederlage der Bauern. Doch der Endsieg ist nur hinausgeschoben. Der sterbende Konz erhebt sich noch einmal mit letzter Kraft und gibt den Zurückbleibenden Mut und Zuversicht für das Kommende: „Der Fahn bewegt sich .. . die Qual ist aus . . . Geselln, nit alle Körner tragen sichtbar Frucht, seid nit be trübt; es war doch eine große Sach, die wir taten... sie ward nit widerrufen, Geselln, sie ward nit widerrufen . .. einmal wird sie wieder kommen®^ !" Die gleiche Thematik des tragischen Ausgangs einer revolutionären Bewegung im Zeitalter der Reformation zeigt Friedrich Wolfs Drama „Thomas Münzer. Der Mann mit der Regen bogenfahne" (1953). In Thomas Münzer (1488—1525), dem Pfarrer von Ahstedt in Thüringen, vereinigten sich religiöse und politi sche Tendenzen. So wie der Regenbogen vom Himmel hinabführt, soll neben dem Himm lischen auch das Irdische zu seinem Recht kom men — das will die Fahne seines Bundes aus drücken. Der Autor läßt seinen Titelhelden zu dem lutheranischen Pfarrer Haferitz sagen: „Wir wollen nit irruner dulden und ans Marterholz genagelt sein, wir wollen selbst Hand anlegen an diese Welt, daß sie besser und schöner werd! Und wenn's muß, wollen wir Gott dabei helfen." Und als sein Gesprächspartner fragt, ob solche Hilfe auch mit dem Schwerte gemeint sei, ant wortet Münzer: „Auch mit dem Schwert. Die Bösewichter finden nichts bequemer, als wenn sie Unbewaffnete zu Gegnern haben®®." Dabei muß dieser religiöse Prophet und politische Revolutionär mit Luther in Konflikt geraten, der die Willensfreiheit leugnet und damit auch das Streben des Menschen, sich sein Recht selbst zu erkämpfen. So gewinnt Münzer die unteren Stände für sich, vor allem die Bauern, die über Luthers Traktat „Wider die mörderischen und räuberischen Bauern" empört sind. Gegen Luther zu wettern, wird dieser Theologe und Bauern führer nicht müde. Er nennt ihn „Doktor Leise tritt"®®, „Doktor Lügner"^® und „Fürsten schmeichler von Wittenberg"^^ und verurteilt dessen Haltung gegenüber der Obrigkeit als Ver rat am gemeinen Mann; „Seinen guten Kampf gegen Papst und Ablaßbettel hat er reichlich wettgemacht durch seine Abwendung vom ge meinen Mann^®." Im Kampfe um das Recht der Unterdrückten aber kommt Münzer nach der Katastrophe von Frankenhausen selbst ums Le ben, nachdem Zweifel, Widerpart und Verrat aus den eigenen Reihen sein Wollen erschüttert und ihn dem Henker ausgeliefert haben. Wie in dem Stück „Der Arme Konrad" läßt Wolf auch hier seinen Helden und Märtyrer der Freiheit kurz vor dem Tode zuversichtlich in die Zukunft Ebenda, S. 43. Ebenda, S. 53. Ebenda, 5. 75. Friedrich Wolf: Dramen, Bd. 6, a. a. O., S. 340. Ebenda, S. 316. Ebenda, S. 326. " Ebenda, S. 386. Ebenda, S. 332. — Diese Gegensätzlichkeit von Münzer und Luther wird scharf herausgestellt in dem Bühnen stück von Dieter Porte (geb. 1935): „Martin Luther und Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung" (Berlin 1971, Reihe Quarthefte), das in der Zeit von 1514 bis 1525 spielt. Es will nicht den theologischen Aspekt der Reformation, sondern die gesellschaftlichen Auswirkungen aufzeigen, deren materielle Komponente in der Figur Fuggers dargestellt wird (daher der kauf männische zweite Titel: „Die Einführung der Buch haltung"). Der Autor hat Originaltexte aus Schriften und Briefen der Hauptpersonen eingearbeitet. Gestalten der Bauernkriege selbst stehen nur am Rande des Geschehens. Das Stück wurde am 4. Dezember 1970 im Basler Theater uraufgeführt.
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